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Gabriel - Duell der Engel

Gabriel - Duell der Engel

Titel: Gabriel - Duell der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Bergmann
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herausgerissen.« Zeitlupenmodus. Es war so erschreckend leicht. Ich spürte, wie sich die Klinge durch sein weiches Fleisch bohrte. Kein Widerstand. Hatte er sie extra geschärft? Spürte, wie sie sein Herz traf. Es durchstach. Er schrie nicht. Gab keinen Laut von sich. Sackte einfach in sich zusammen. Das Blut breitete sich unheimlich schnell aus. Sah fast schwarz aus in der Nacht. Seraphin nahm seine zitternde Hand und umfasste den Griff des Dolches. Erst dachte ich, er wolle ihn herausziehen, doch er wischte mit seinem Ärmel nur ein paar Mal drüber. Fasste ihn dann selbst an. Ließ seine Hand starr und verkrampft auf ihm ruhen. »Mitten ins Herz. Direkt beim ersten Mal.« Seine Stimme war schwach, kaum hörbar, ein kleiner, unsichtbarer Nebelschleier in der schwarzen Nacht. »Respekt.« Er fing an zu röcheln. Spuckte Blut. Atmete heftiger. Spuckte mehr. Schloss die grauen Augen. Flüsterte leise: »Danke«. Öffnete sie wieder. Sie waren schwarz. »Jetzt bist du doch noch der Held dieser Geschichte.« Ich verstand ihn kaum. »Du hast das Böse besiegt. Herzlichen Glückwunsch.« Er grinste spöttisch. Versuchte zu lachen. Spuckte nur Blut. Hörte auf mit den sinnlosen Versuchen. Das Blut strömte trotzdem weiter, unaufhaltsam quoll es aus seinem Mund. Färbte sein Lächeln rot. Mumifizierte es. Ich konnte hören, wie sich sein Herzschlag verlangsamte. Konnte nicht mehr denken. Meine Gedanken gefroren wie das Lächeln auf seinem Gesicht. Alles ruhig, alles still, alles friedlich in dieser Nacht. Alles schwarz. Alles tot. Sein Herz schwieg jetzt. Schwieg für immer.

29. Mai 2012, 05:08 Uhr
    Â 
    Wusste nicht, wo ich war. Wusste nicht, wer ich war. Meine Gedanken tot.
    Vor mir Frankfurt. Die Hochhäuser. Die Straßen. Erwachten langsam. An meinen Händen Blut. Wie war ich hierhergekommen?
    Etwas fehlte. Seraphin fehlte. Seine Leiche fort. Lag irgendwo vor einem bedrohlichen, großen, weißen Haus. Ein kleiner, schwarzer, verbluteter Fleck im grauen Meer des langsam erwachenden Morgens. Erschreckte Nachbarn, die gerade ihre Zeitung holen wollten.
    Weit weg. Ganz weit weg von mir. Von allen. An irgendeinem weit entfernten Ort. An den wir alle kommen werden. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon.
    Sonja sicher. Seraphin tot. Ich ein Mörder.
    Die Welt grau und merkwürdig. Gut? Schlecht? Egal?
    Wusste nicht, was ich denken sollte. Ob ich denken sollte. Beschloss, zu schweigen.

Notizen
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1. Juni 2012, 14:00 Uhr
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    Die Menschen sahen wie Krähen aus in ihrer schwarzen Kleidung. Und es waren wenige. So schrecklich wenige. Udoriwitsch. Finn. Ein paar andere Schüler aus unserem Mathekurs. Ein älterer hagerer Mann, dessen Borsalino einen langen Schatten auf sein Gesicht warf. Finn hatte erzählt, der Mann sei Seraphins Onkel, seine Eltern waren wohl bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als er noch klein war. Der Pfarrer, die Bestatter, Sonja und ich. Sonst niemand. Keine anderen Verwandten, keine Freunde. Nur der Onkel, der es irgendwie eilig zu haben schien; ständig kramte er eine vergoldete Taschenuhr hervor und tippte danach unruhig mit den Schuhspitzen auf den Boden. Ob er überhaupt Zeit hatte, um Seraphin zu trauern? Ob er Zeit hatte, Blumen auf sein Grab zu legen? Ob er verdammt noch mal Zeit hatte, wenigstens ein paar Mal an ihn zu denken? Ich beschloss, all das zu übernehmen. Irgendwie hatte Seraphin das verdient. Irgendwie.
    Wir standen alle dicht um sein Grab zusammengedrängt, eine kleine, missmutige Gruppe. Es regnete nicht. Ich fand das falsch. In Filmen regnete es immer bei Beerdigungen. Aber das hier war die Realität und in der schien die Sonne. Sie schien und trotzdem war es kühl. Ich stand am Rand der Gruppe, die Arme fest um den Körper geschlungen und zitterte. Selbst das Wetter schien sich nicht um Seraphins Schicksal zu scheren.
    Sonjas Hand lag schwer und kalt auf meiner Schulter. Sie war blass. Ihre Wangen komplett entfärbt. Es war ein Schock für sie gewesen, als man seine Leiche nahezu direkt vor ihrem Haus gefunden hatte. Die Polizei war da gewesen. Hatte sie befragt. Sie war wohl völlig verstört gewesen, nicht fähig zu antworten. Man hatte sich auf einen Selbstmord geeinigt. Das Erbrochene neben ihm wurde nicht einmal untersucht. Hatte man es überhaupt gesehen? Sein Dolch, seine Hand am Griff, seine Fingerabdrücke. Nur seine

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