Gabriel - Duell der Engel
auszustrecken und das Leben zu retten â würdest du es dann nicht tun?
Ich glaube und hoffe nicht, dass ich ein Held bin. Ich bin einfach nur ein Mensch wie du. Mit einem kleinen Zusatz. Ãber den ich in der folgenden Nacht viel nachgedacht habe.
12. Juni 2010, 02:13 Uhr
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Ich lag in meinem Bett, die Decke bis zum Kinn hochgezogen, und konnte nicht schlafen. Wollte nicht schlafen. Starrte an die andere Decke, die über mir. Sah, wie eine groÃe Spinne langsam zwei kleinere fraÃ. Ein ekelhafter, kalter Schauer kroch über meinen Rücken, stagnierte in meinem Nacken und ich wandte den Blick ab.
Ich war also ein Engel. Der Traum im Krankenhaus hatte mir die Wahrheit offenbart. Deshalb hatte ich keinen Puls. Aber ein Herz. Gut. Schön. Aber wie war das möglich? Es gab keine genmanipulierte Spinne, die mich gebissen, keinen Zaubertrank, den ich getrunken hatte, nichts. Warum ich? Warum ausgerechnet jetzt? Was hatte sich verändert?
Ich war doch ein ganz normaler Mensch. Ich hatte Eltern, wie jeder ⦠Meine Eltern. Ich war adoptiert. Wer waren meine leiblichen Eltern? Und warum hatten sie mir den Namen Gabriel gegeben?
Moment ⦠Engel sind doch tot, oder?!
Und plötzlich wusste ich es. Ich konnte nicht sagen, woher ich es wusste, es war einfach so da. Das Wissen um die Wahrheit. Und die Gewissheit, dass diese auch wirklich wahr war. So sicher, wie sich die Erde um die Sonne dreht. Oder wie die Welt ohne Liebe trostlos wäre. Oder wie der Papst an Gott glaubt. Oder wie ich Sonjas Küsse am liebsten mag, wenn sie nach Zitrone schmecken. Ich wusste es einfach.
Ich wusste jetzt, dass ich tot war. Irgendwann einmal musste ich gestorben sein. War ein Engel geworden. Und dann kam ich zurück auf die Erde. In der Gestalt eines Menschen. Wurde sozusagen wiedergeboren. Ohne Gedächtnis. Doch meine Fähigkeiten behielt ich bei. Vielleicht waren sie jetzt ausgebrochen, weil ich ursprünglich mit fünfzehn gestorben war. Vielleicht auch nur einfach so. Weil die Zeit reif war. Weil ein bestimmter Moment sie ausgelöst hatte. Letztendlich ist es egal. Wichtig ist, dass ich diese Fähigkeiten habe. Und darum weiÃ.
Heute Nachmittag auf dem Dach war ich wahrscheinlich, als ich fiel, unwillkürlich zurückgeflogen. Zu irritiert, um es zu merken. Einfach nach Instinkt. Klingt bescheuert, ich weiÃ, aber wie soll es sonst gewesen sein?
Die Frage ist: Wenn ich schon tot bin â kann ich noch mal sterben? Den Unfall im Dezember hatte ich unbeschadet überlebt. Den Sturz vom Dach ebenso. Ich wollte Gewissheit. Ich brauchte sie. Bevor ich wusste, wie mir geschah, stand ich erneut auf dem Dach und sprang. Im Schlafanzug. Kontrollierte meinen Körper, um nicht wieder automatisch meinen Sturz abzufangen. Ich sagte ja, dass ich feige bin. Ich weià auch nicht, woher ich plötzlich den Mut nahm. Vielleicht bekam ich ihn gratis zu meinen Flügeln. Vielleicht war ich auch einfach nur wahnsinnig.
Ich kam auf dem Boden an und wurde ohnmächtig, noch bevor ich den Schmerz wahrnehmen konnte. Diesmal begleitete kein Traum meine Besinnungslosigkeit.
Der Schmerz holte mich ins Leben zurück. Er war überall. Meine Beine, meine Hände, mein gesamter Körper. Alles war ein einziger, brennender â Fleck. Ein Fleck namens Körper. ScheiÃe, was hatte ich mir nur dabei gedacht? Nichts. Warum dachte ich neuerdings nicht mehr? Ich versuchte, meine Beine zu bewegen. Es ging nicht. Ging einfach nicht. ScheiÃe, wahrscheinlich waren beide gebrochen. Der Schmerz war überwältigend. Ich hob die Hand vor meine Augen und erschrak. Sie war vollkommen mit Blut bedeckt. Ãber und über. Mir wurde schlecht und ich verlor endlich wieder die Besinnung.
Als ich erneut zu mir kam, sah ich den Sternenhimmel. Er war wunderschön. Ich lag auf dem Rücken und betrachtete einen Moment lang die Sterne, die Welt um mich herum vergessend, einfach nur so daliegend und den Augenblick genieÃend. Glaubte den Nordstern zu erkennen. Den groÃen Wagen. Aber vielleicht war es auch etwas vollkommen anderes. Kann man nicht alle Sterne irgendwie zu einer Art Wagen verbinden, wenn man unbedingt will?
Moment â was war passiert? War ich tot? Ich musste unwillkürlich lächeln. Natürlich war ich tot. Erst jetzt fiel mir auf, dass etwas fehlte. Der Schmerz fehlte. Ruckartig richtete ich mich auf, blickte an mir herab. Alles heil. Ein paar Kratzer und blaue Flecken
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