Gaelen Foley - Knight 02
sich vor ihn hin.
„Wie geht es Ihrer Schulter?“ brummte er und starrte sie an.
„Viel besser. Lucien?“
„Ja, Alice?“ erwiderte er müde.
„Warum haben Sie mir den Schlüssel gegeben?“
„Soll ich ihn wieder an mich nehmen?“ erkundigte er sich, senkte dann den Blick und rieb sich die Stirn. „Weil ich nicht möchte, dass Sie Angst haben. Vor mir.“
„Ich habe keine Angst“, erwiderte sie.
Er hob den Kopf. „Ich weiß, dass Sie über den Tunnel Be- scheid wissen. Und den Schlüssel haben Sie jetzt auch. Wenn Sie fliehen möchten, werde ich Sie nicht aufhalten.“
Sie dachte kurz nach. „Habe ich Sie verärgert?“
„Was meinen Sie damit?“
„Meine Unbeholfenheit heute. Weil ich gestolpert bin wie ein schwerfälliges Ding. Ich komme mir so töricht vor ...“
„Ich bin es, der hier töricht war, Alice. Bitte machen Sie sich keine Gedanken. Es ist alles meine Schuld“, flüsterte er und richtete sich auf.
„Wie das?“
„Ich hätte dafür sorgen müssen, dass wir den Sturm in Whitbys Cottage abwarten. Ich hätte Sie festhalten müssen. Ich hätte Sie nie zwingen dürfen, hier bei mir zu bleiben“, verkündete er schließlich, kaum hörbar. „Aber ich konnte
einfach nicht anders.“
Alice machte einen Schritt auf ihn zu. „Ich weiß. Sie haben genug davon, immer allein zu sein. Sie haben es mir gesagt.“
„Sie haben keine Ahnung“, entgegnete er fast feindselig und schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Ahnung, was ich mit Ihnen eigentlich will. Sie sind ganz anders als alle ande- ren, die ich jemals ...“ Abrupt hielt er inne. „Haben Sie je zu viel Wein getrunken, Alice?“ Er hielt das Glas hoch und ließ den rubinroten Wein darin kreisen.
„Ich neige nicht dazu, es zu übertreiben.“
„Nein, natürlich nicht“, antwortete er trocken. „Dann las- sen Sie mich erklären, dass man umso durstiger wird, je mehr man trinkt. Aller Wein der Welt kann den Durst nach Wasser nicht stillen. Wasser. Wein macht einen fröhlich, aber zum Leben braucht man Wasser. Reines, sauberes, süßes Wasser.“ Er seufzte und schwieg einen Moment. Fast bitter starrte er ins Feuer. „Ich bin ausgedörrt, vertrocknet wie ödes Land. Ich brenne wie eine verdammte Seele. Ich habe solchen Durst.“
„Ich weiß“, flüsterte sie. Langsam kniete sie vor seinem Stuhl nieder, nahm seine Hand und sah in jugendlicher Ernsthaftigkeit zu ihm auf.
Er beobachtete jede Bewegung mit streng kontrollierter Begierde. „Es ist schon in Ordnung, wenn Sie weglaufen wollen. Ich könnte es Ihnen nicht zum Vorwurf machen.“ „Ich habe keine Angst.“
„Sollten Sie aber“, erwiderte er, umso schärfer, als ihm sein Zynismus abhanden zu kommen drohte. „Das Leben mit mir steckt voller Gefahren. Sie sollten lieber zusehen, dass Sie verschwinden, solange es noch geht ...“
„Pssst, Lucien. Ich möchte Ihnen etwas sagen.“ Sie ver- schloss seine Lippen mit den Fingerspitzen, bis er sich wie- der beruhigt hatte und nun bereit war, ihr zuzuhören. „Ich muss mich wegen gestern bei Ihnen entschuldigen, als Sie mir Ihr Herz geöffnet haben und ich es ... mit Füßen trat.“
Er zog eine Augenbraue hoch.
Sie ließ die Hand von seinem Mund gleiten. „Ich habe schon den ganzen Tag nach den richtigen Worten gesucht, um Ihnen mitzuteilen, wie schrecklich Leid mir meine Be- merkung von gestern tut – dass es mich nicht überrascht, wenn Sie allein sind. In Wahrheit kann ich mir überhaupt
nicht erklären, warum Sie nicht schon längst von einer Frau geschnappt wurden. Um ganz ehrlich zu sein, Lucien sie senkte das Kinn und wurde rot, „... ich bin auch allein.“ Sie spürte, wie er sie anstarrte. Sie nahm allen Mut zusammen und schaute ihn unsicher an. „Hassen Sie mich? Ich wollte doch gar nicht so ...“
Er beugte sich abrupt vor, hob sanft ihr Kinn und schnitt ihr alle weiteren Worte mit einem Kuss ab.
Als sich ihre Lippen trafen, entrang sich ihr ein kleiner atemloser Seufzer. Sie schloss die Augen. Er schob die Hand unter ihren Nacken und drängte ihre Lippen auseinander. Ihr Herz begann zu rasen. Sie musste nicht weiter ange- spornt werden, empfing eifrig seinen Kuss, streichelte sein Gesicht mit den Fingerspitzen. Er schmeckte nach Portwein. Sie kostete davon, nahm seine Zunge noch tiefer in sich auf. Ihre Hände zitterten, als sie ihm übers Kinn strich und die Finger durch sein seidiges Haar gleiten ließ. Mit einem leisen Stöhnen des Begehrens nahm er sie in die Arme, ertastete die
Weitere Kostenlose Bücher