Galaxis Ahoi
fünf Minuten über die Zeit verspätet, muß leider zurückbleiben, denn wir können nicht warten.“
Sie begannen unruhig zu werden. „Da ist ferner“, fuhr ich fort, „das dringende Erfordernis, daß Sie sich während der nächsten vierzehn Tage streng an die Anweisungen der Reiseleitung halten. Bedenken Sie bitte, daß Ihr Pilot, Mr. Zacharias Polk, und ich, die Verantwortung für Ihr Wohlergehen tragen. Sehen Sie deshalb davon ab, auf eigene Faust auf Erkundungsexpeditionen zu gehen, und stützen Sie sich auf die größeren Erfahrungen der Reiseleitung.“
Jetzt hatte ich sie, wo ich sie wollte. Ich erkannte es daran, daß alle eifrig nickten.
Ohne länger zu zögern, stürzte ich mich jetzt kopfvoran in den Hauptteil meiner Predigt. Zach schnalzte schon ungeduldig mit den Fingern.
„Meine Damen und Herren, unser Pilot wird also nun die Atomaggregate abstellen und dafür den S-Y-Antrieb in Betrieb nehmen. Sie alle kennen ja vermutlich das Funktionsprinzip dieser Anlage“ – allgemeines Nicken – „und werden daher auch wissen, daß wir bereits in einer Viertelstunde an unserem ersten Ziel anlangen werden. Was erwartet uns nun dort, und wie wird sich unser Programm einteilen?
Wie Sie zweifellos schon gehört oder gelesen haben, ist die Venus …“ Ich fuhr fort, ihnen zu erklären, wie die Venus ist, und was sie dort erwarten würde.
Während ich meinen üblichen Sermon herunterleierte, ließ ich meinen Blick langsam und unauffällig von einem zum anderen gleiten.
Ganz vorne zur Rechten, auf dem Einzelsessel thronte ein junger, blonder Mann von vielleicht fünfundzwanzig Jährchen. An seiner linken Schulter baumelte eine Schmalfilmkamera, an der rechten eine Leica mit Normalobjektiv, und um den Hals trug er an einer Strippe eine weitere Kleinbildkamera mit langer Teleobjektiv-Kanone. Ich brauchte weder diese diversen Gerätschaften, noch das Notizbuch, das aus seiner Brusttasche hervorlugte, anzusehen, um zu erraten, wes Geistes Kind er war. Der Reporter Hans Jenner. Ich kannte seinen Typ. Zweifellos berappte seine Zeitschrift die Zeche. Er klapperte in ihrem Auftrag unsere Reiseroute ab, um Artikel und Photos mit nach Hause zu bringen.
Hinter ihm saßen zwei Leutchen, – ein untersetzter, vierschrötiger Mann mit einem gemütlichen, braunen Gesicht, und eine schmale, dunkelgekleidete Frau, die einen albernen Hut und ein verlegenes Grinsen zur Schau trug. Ich konnte nichts dafür: die beiden waren mir auf den ersten Blick sympathisch.
Ich kannte auch ihren Typ. Er war Ingenieur, – besser gesagt: Werkmeister aus der Schwerindustrie. Auf Anhieb tippte ich auf Stahlwerk, denn er besaß jene harte, lederartige Gesichtshaut, die man stets bei Gießereileuten findet und die auf die hohen Temperaturen ihres Handwerks zurückzuführen ist.
Das verlegene Mütterchen war seine Frau. Es kam nicht häufig vor, daß ich Leute aus ihren Kreisen in meinen Reisegruppen vorfand, – dafür waren die Reisekosten zu hoch. Aber ich konnte mir denken, wie sie es geschafft hatten. Es waren gutherzige, einfache Leutchen, die ihr ganzes Leben lang für diese eine Reise gespart hatten. Und trotzdem war es unmöglich, daß sie die erforderliche Million Kredite auf diese Weise zusammengekratzt haben konnten. Dafür verdienten sie zu wenig. Aber ich wußte des Rätsels Lösung: – Ein Totogewinn.
Hinter den Schmidts spreizte sich eine füllige, ältere Dame, die mich mit ihrem Kopfputz, ihrem überlangen Habitus, ihrem aufdringlichen Schmuck und ihrem ganzen Gebaren lebhaft an einen Pfau erinnerte. Das mußte Mrs. Underwood sein. Und das junge Milchgesicht neben ihr, das vielleicht vierzehn Jahre zählte und ein Science-Fiction-Buch auf dem Schoß hielt, bei dessen Lektüre ich ihn offenbar störte, war zweifellos ihr Sohn, – Henry F.
Ich befaßte mich in wohlgesetzten Worten mit den Vergnügungsstätten der Venus, die wir im Laufe unseres Programms abklappern würden, und wandte mich dabei unauffällig der linken Seite des Zwischenganges zu.
Den vordersten Einzelsitz, genau gegenüber dem Reporter, nahm ein etwa einundzwanzigjähriges Personellen ein. Blond, langbeinig, stupsnasig, vollbusig, – – na, Sie wissen schon. Da sie sich nicht in Begleitung befand, fiel es mir nicht schwer, zu erraten, wer es war.
Miss Betty Van’t Hoff, aus Vancouver. Ich hatte schon von den Van’t Hoffs aus Vancouver gehört. Steinreiche Textilkönige, die aber nicht nur in Wolle und Proion machten, sondern auch in
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