Ganz oder Kowalski
ein paar Tagen abreiste. Aber eigentlich ging ihn das nichts an. „Ich sollte mir die Stiefel anziehen. Wenn ich nicht vor Emma fertig bin, um loszufahren, könnte sie sich die Autoschlüssel schnappen.“
Einen Moment lang berührte Cat seine Schulter, als sie sich vorbeugte, um seinen leeren Teller zu nehmen, und er verspürte einen Stich … Vielleicht waren es Schuldgefühle. Doch vielleicht auch Zuneigung und Trauer, weil sie schon bald aus seinem Leben verschwinden würde und weil sie nicht wusste, dass sie sich nicht wiedersehen würden.
Auf seinem Weg in den Flur blieb er kurz bei ihr stehen und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Grüßen Sie Russell von mir.“
„Lassen Sie sich von Emma heute nicht in den Wahnsinn treiben.“
„Wohl kaum“, erwiderte er grinsend. Dann ging er los, um Emmas Wagenschlüssel zu holen, ehe sie mit dem Telefonat fertig war.
Die Glocke läutete, als Cat Haushaltswaren Walker betrat. Sie schmunzelte, weil sie sich vorstellte, wie Russell aufblicken, sie sehen und ein warmherziges Lächeln auf seinem Gesicht erstrahlen würde.
Er enttäuschte sie nicht. „Cat, ich habe gerade an dich gedacht.“
„Hoffentlich nur etwas Schönes.“
„Natürlich. Ich habe mit mir gerungen, ob ich dich anrufen und zum Mittagessen einladen soll, aber ich war mir nicht sicher, ob du vielleicht etwas mit Emma unternehmen möchtest, da du … bald abreist.“
Möglicherweise bildete sie es sich nur ein, doch sie hatte den Eindruck, sein Lächeln wäre etwas schwächer geworden, als er ihre Abreise erwähnt hatte. „Sie müssen heute arbeiten und haben sich morgen und Freitag freigenommen. Ich bin eigentlich gekommen, um dich zum Essen einzuladen.“
Sie ging mit ihm in ihr übliches Café im Ort, wo sie sich einen Salat bestellte und er sagte, er würde gegrilltes und kein frittiertes Hühnchen nehmen. „Es wäre doch ein Jammer, wenn ich jetzt den Bach runtergehen würde.“
Sie unterhielten sich über den Laden und den Ausverkauf. Es lief nicht so gut, wie er es sich erhofft hatte, denn die Leute waren zu gutherzig, um die niedrigen Preise auszunutzen. „Eine meiner Stammkundinnen hat gesagt, sie hätte das Gefühl, Leichenfledderei zu betreiben.“
Cat lachte. „Das ist ein grauenvolles Bild, aber ich glaube, ich kann sie verstehen. Es ist doch nett, dass die Leute sich Gedanken darüber machen, wie du dich bei der Sache fühlst.“
„Einer der vielen Gründe, warum ich diese Stadt liebe.“ Er lächelte ihr zu und nippte an seinem Wasser.
Sie erwiderte sein Lächeln, obwohl sie tief in ihrem Inneren einen Stich verspürte. Russell liebte diesen Ort. Und seine Familie und seine Freunde lebten hier. Sie hatte mit dem dummen Gedanken gespielt, ihn zu bitten, mit ihr nach Florida zu kommen. Vielleicht nur für einen Besuch. Vielleicht aber auch für mehr.
„Hast du dir schon überlegt, was du wegen Emma unternimmst?“
Cat seufzte. „Nein. Wenn ich allerdings nichts unternehme, werden wir uns trennen, und diese Dummheit steht noch immer zwischen uns. Das möchte ich nicht.“
„Willst du ihr noch immer das Haus schenken?“
„Auf jeden Fall. John und ich haben uns beide gewünscht, dass sie das Haus bekommt – und das schon, bevor sie erwachsen geworden ist und es zu ihrem Zuhause gemacht hat.“ Sie nahm einen Bissen von ihrem Salat, weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte.
„Du hast erzählt, dass sie beim Grillen am vierten Juli sehr aufgewühlt war, als du erwähnt hast, ihr das Haus zur Hochzeit zu schenken. Hast du je wieder davon gesprochen?“
„Nein. An dem Tag dachte ich, sie würde kurz davorstehen, alles zu beichten, und das war nicht in unserem Sinne. Wir – das sind Mary Kowalski und ich. Wir wollten, dass Sean und Emma sich noch ein bisschen näher kennenlernen.“
Er nickte, als würde das alles in seinen Augen Sinn ergeben. „Doch jetzt läuft euch die Zeit davon.“
„Vielleicht werde ich sie morgen noch einmal darauf ansprechen. Ich muss mich sowieso mit dem Notar treffen, also kann ich mit dem Verfahren auch schon beginnen, ehe ich nach Hause fahre.“
„Und du glaubst, sie wird alles gestehen?“
„Ich denke nicht, dass sie das Haus als Hochzeitsgeschenk annehmen wird, wenn sie weiß, dass es eine Lüge ist.“
Er spielte mit dem Kartoffelpüree auf seinem Teller und malte mit der Gabel Muster hinein. „Und was soll deiner Meinung nach dann zwischen ihr und Sean passieren? Was erhoffst du dir?“
Das war keine leichte
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