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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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Lügen, alles Trügen.
Noäh Berg sei wonnumzweiget,
Der uns spendet
Dein Vergnügen
Laß das goldne Wort nun fliegen,
Das mich frei macht aller Sorgen!
Also fehl' es nie an Wein süß,
Rotem, weißem Deinem Kelche!
Heilge Flasche
Die verborgen
Hegt Geheimnis,
Du, auf welche,
Ich mit Einem Ohr muß horchen,
Sprich ohn Säumnis!
     
    Nachdem dies Lied gesungen war, warf Bakbuk, ich weiß selbst nicht was, in den Brunnen; da fing das Wasser auf einmal zu sieden und zu schäumen an, recht wie der große Klosterkessel in Bourgueil wenn dort Kirchweih ist. Panurg horchte still mit einem Ohre; Bakbuk kniete neben ihm, als plötzlich der unsterblichen Flasche ein Laut entfuhr, wie Bienensummen, oder wie ein Pfeil, wenn die Sehne abschnappt; oder wie ein starker Sommerregen. Dann ward gehört das Wörtlein:
    TRINK
    »Bei Gottes Wunder!« rief Panurg, »die ist geborsten, oder geplatzt, daß ich nicht lüg'; denn die Sprach' führen die Glasflaschen bei uns auch, wenn sie am Feuer springen.«
    Jetzt erhob sich Bakbuk, nahm Panurg sanft untern Arm und sprach zu ihm: »Freund, dankt dem Himmel; denn es ist nicht mehr als billig; das Orakel der göttlichen Flasche ist Euch sehr bald geworden, und zwar das allerlustigste, untrüglichste, göttlichste von allen, die ich noch in der ganzen Zeit, daß ich in ihrem Heiligtum hie ministriere, von ihr gehört habe. Stehet auf und laßt uns zum Kapitel gehn, in dessen Glossarium dies güldne Wörtlein erläutert wird.« – »Kommt«, sprach Panurg, »in Gottes Namen! Ich bin so klug als wie vorm Jahr. Na, leucht mal her, wo ist dies Buch? Wend um, wo stehet dies Kapitel? Laßt uns dies werte Glößlein sehn!«

Einundvierzigstes Kapitel
Wie Bakbuk das Flaschenwort interpretiert
    Hierauf warf Bakbuk wieder in den Brunnentrog ich weiß nicht was, wovon des Wassers Wallen schnell sich legte, und führt' Panurg in den mittleren Raum des großen Tempels, wo der Brunnen des Lebens stand. Nahm da ein dickes silbernes Buch in Figur eines guten Schoppens, schöpfte ihm damit aus dem Brunnen und sprach zu ihm: »Die Philosophen, Doktoren und Prediger Euerer Welt speisen Euch mit schönen Wörtlein durch die Ohren. Wir hier zu Land einverleiben uns unsre Lehren leibhaftig durch den Mund; drum sag ich nicht zu Euch: lest dies Kapitel, merkt diese Glosse; ich sag Euch: schmecket dies Kapitel; schluckt diese Glosse! Vor Zeiten aß ein alter Seher der jüdischen Nation ein Buch und ward zum Doktor bis an die Zähne. Ihr sollt mir eins trinken und bis in die Leber zum Doktor werden. So kommt und tut die Kiefern auf!« Wie nun Panurg den Schlund weit aufriß, nahm sie ihr silbern Buch; wir sahen's auch wirklich für ein Buch an, denn nach der Figur war es gestaltet wie ein Brevier, war aber nichts als in der Tat ein ganz natürliches Feldfläschlein voll Falernerweins, das sie Panurgen bis auf den Boden ausschlucken ließ.
    »Seht«, sprach Panurg, »dies Kraftkapitel, seht diese höchst authentische Glosse! Und ist dies alles, was das Wort der heiligen Flasche mir rät? Da komm' ich wahrlich schön an!« – »Nichts weiter«, sprach die Priesterin, »denn ›Trink‹ ist ein bei allen Völkern verehrtes und verstandenes Wort; es bedeutet: du sollst zechen! Ihr in Eurer Welt sagt, das Wort Sack sei allen Sprachen gleich gemein, mit Fug und Recht von allen Völkern angenommen, weil jeder Mensch mit einem Sack am Hals zur Welt kommt als ein geborener Hungerleider, und einer beim andern betteln muß. Es ist kein König unter der Sonnen so mächtig, daß er andrer Leut entbehren könnt', kein armer Mann so bettelstolz, daß er der Reichen entraten möchte. Immer kann man noch leichter einen Sack entbehren als Trinken; und behaupten wir: nicht Lachen, sondern Trinken ist des Menschen Vorrecht; nicht das Trinken schlechthin an sich, denn auch das Vieh trinkt, sondern Wein trinken, alten, guten und kühlen Wein. Merkt, lieben Freunde! Alle Weissagung ist Wein-Sag' aus Weinsaugung entquollen. Nichts, kein Argument, kein Schluß ist so unfehlbar, keine Seherweisheit auf Erden minder trüglich. Eure Akademiker wußten's wohl, wenn sie die Herkunft des Weins gleichsam von vis , Kraft, Macht ableiten; denn die Macht hat er, mit aller Wahrheit, aller Weisheit und Wissenschaft, die Seelen zu erfüllen. Wenn Ihr über unsrer Tempeltür die ionische Schrift beherziget, habt Ihr daraus ersehen können, daß im Wein Wahrheit verborgen ist. Die göttliche Flasche verweiset Euch hierauf: seid Ihr selber nun Eures

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