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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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murmelte Danielle, doch sie klang nicht entsetzt. Im Gegenteil, ihre Mundwinkel zuckten, als wollte sie unkontrolliert loslachen. Dann, als der Schrei verklang, lachte sie tatsächlich und fiel Alex um den Hals. »Er ist tot.«
    »Was?«
    »Tot! Er ist tot!«
    Ungläubig starrte Alex sie an, doch dann bemerkte er, dass der Boden vollkommen ruhig war. Nicht das leiseste Vibrieren war mehr zu spüren. Auch in der abgestandenen Tunnelluft hatte er plötzlich das Gefühl, im Freien zu stehen, irgendwo weit draußen, ein Frühlingsabend nach einem reinigenden Gewitter. Er lachte los. »Das gibt’s doch nicht. Meinst du, unser Feuer hat sich doch bis in seine Eingeweide gefressen?«
    Danielle zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Eigentlich dürfte das nicht funktioniert haben, aber wir haben ein ziemlich fettes Teil von ihm erwischt.«
    »Wer soll es denn sonst getan haben? Meinst du, irgendwer sonst hat was von alldem mitbekommen?«
    »Selbst wenn, es ist unwahrscheinlich, dass ein Mensch das allein schafft.« Danielle schüttelte den Kopf. »Aber vielleicht ist doch noch ein Nephilim in der Stadt, von dem ich nichts weiß. Sonst waren es wirklich wir.«
    Sie liefen weiter. Wie viel Anspannung auch von Alex abgefallen war, noch immer trieb ihn die Angst um Lisa voran. Sie spürten, dass der Blutvater tot war, doch was sonst geschehen war, wussten sie nicht. Sie erreichten die im Bau befindliche Haltestelle unter dem Reichstag, und da entdeckte Alex einen Körper, der auf den untersten Stufen zum Ausgang lag. Ein toter Körper, dessen war er sich sogar auf mehrere Meter Distanz sicher.
    Als er näher kam, erkannte er den Spinner mit den jetzt gebrochenen Haiaugen. Irgendwas war ihm aus dem Mundwinkel gelaufen, über die Wange auf den Boden hinabgetropft, und hatte ihm dabei die Haut verätzt. Doch viel schlimmer sah sein Brustkorb aus. Er schien von innen aufgebrochen zu sein, unter dem zerrissenen Hemd war das offen liegende Fleisch schwarz wie Graberde, wie verkohlt. Die wenigen Hautreste waren von Blasen übersät, sein Hals verdreht, als hätte er sich beim Sturz das Genick gebrochen.
    Ohne Mitleid zu verspüren, eilte Alex die Treppe hinauf. Er bedauerte nur, dass der tote Vampir ihm nicht mehr sagen konnte, wo sie Lisa festhielten.
    Weiter oben lag Andi auf den Stufen, ebenso zugerichtet wie der Tote eben. Der Schlagzeug spielende Andi, der nach Köln hatte ziehen wollen und für ein ominöses Projekt in Berlin geblieben war. Jetzt wusste Alex, was für ein Projekt das gewesen war. Jemanden so zu sehen, den er gekannt hatte, wenn auch nicht gut, drehte ihm den Magen um. Doch er konnte kein Mitleid empfinden, zu sehr sah er in ihm den Vampir.
    Er lief an drei weiteren dahingerafften Vampiren vorbei, bis er schließlich mit Danielle im Freien stand. Auch hier wirkte die Stadt frisch, wie von einer unsichtbaren Last befreit. Es war tiefste Nacht, und doch brannte in vielen Fenstern Licht.
    »Sie sind alle von dem Schrei aus dem Schlaf gerissen worden«, sagte Danielle.
    »Sie haben ihn alle gehört?«, fragte Alex und atmete tief ein. Die Luft war so herrlich klar.
    »Sie haben ihn geträumt. Sie alle sind aus Alpträumen aufgeschreckt.«
    »Alle?« Alex blickte sich um, sah, wie viele Fenster erhellt waren, und dachte, dass nicht jeder Licht machte, wenn er aus dem Schlaf gerissen wurde. War am Ende ganz Berlin aufgeschreckt? »Hauptsache, es ist vorbei.«
    Der Tod des Blutvaters hatte offenbar auch alle Vampire dahingerafft. Alex wusste nicht, warum er den Tod seines Blutvaters überlebt hatte, wahrscheinlich war er damals noch gar kein richtiger Vampir gewesen. Falls er es jetzt war.
    Er hoffte, dass auch Lisa kein Vampir geworden war und noch lebte. Wenn wirklich alle Vampire tot waren, konnte ihr nun nichts mehr geschehen, wo sie auch steckte. Sie würde irgendwann nach Hause kommen, hoffte er. Dort hätte er die größten Chancen.
    »Ich muss nach ihr sehen«, sagte er. »Kommst du mit?«
    »Was soll ich da?«, fragte Danielle. »Sie verführen?«
    Alex lächelte misstrauisch. Er bezweifelte nicht, dass sie das konnte. »Mir Gesellschaft leisten. Ich will sie nicht ansprechen, sie wird mich nicht sehen wollen. Ich will nur wissen, ob es ihr gutgeht, ob sie noch lebt.«
    »Na, wenn du sie nicht willst, dann sollte ich vielleicht doch mein Glück versuchen.« Danielle grinste.
    »Halt die Klappe und komm mit«, sagte Alex.
    Sie saßen auf der Kante des Dachs, das Alex bereits kannte, und ließen die Beine

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