Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
werden. Das schaut albern aus, aber wer will, kann das natürlich machen, und nach dem Tanzen können Mensch und Tier wieder ganz leicht voneinander getrennt werden.
Das ist nicht immer so, wenn Mensch und Tier zu einer Einheit verschmelzen, und ist oft auch gar nicht gewünscht. Während die Evolution des Menschen zum Roboter vermutlich noch eine Zeit lang in erster Linie ein wissenschaftliches Avantgardeprojekt darstellen dürfte, bei dem möglicherweise schon der Weg das Ziel ist, weil auf dem Weg zum Cyborg viele neue Ideen verwirklicht und technische Lösungen gefunden werden, ist die Evolution des Menschen zum Tier, beziehungsweise umgekehrt, längst medizinischer Alltag.
Begonnen hat es möglicherweise bereits 1927, als der sowjetische Biologe und Tierzüchter Ilja Iwanowitsch Iwanow versuchte, im westafrikanischen Guinea Schimpansenweibchen mit Menschensperma zu befruchten. Ziel der Unternehmung war, die Evolutionstheorie zu untermauern im Kulturkampf gegen den christlichen Westen, um einen lebendigen Urmenschen zu erzeugen als Missing Link zwischen Affen und Menschen. 52 Das Unternehmen scheiterte auf der ganzen Linie, unter Menschenaffen verstehen wir heute etwas anderes. Heute weiß man besser, wie man so etwas anstellt, und muss sich nicht mehr die Mühe machen, über die Keimbahn von ausgewachsenen Exemplaren zu kreuzen, heute werden Zellkerne miteinander verschmolzen. Daraus entstehen dann Schimären, und auf diesem Gebiet ist bereits sehr viel möglich. Wenn man in Entenembryos Zellen von Wachtelschnäbeln in den Schnabel spritzt, dann wachsen den Enten Wachtelschnäbel. Umgekehrt funktioniert es genauso gut. Man nennt diese Tiere dann nach Verquickungen der beiden englischen Namen ducks (Enten) und quails (Wachteln) duails und qucks . 53 Ob sich dadurch kulinarische Effekte ergeben, wurde noch nicht überprüft, Ente am Wachtelschnabelmousse wäre aber ein interessanter Serviervorschlag.
Will man kontrollieren, ob und wo ein Gen, das man in eine Tier-DNA eingebaut hat, aktiv ist, dann gibt man ihm ein grün fluoreszierendes Protein mit auf den Weg, und wenn das Gen, beispielsweise in einem Schwein, aktiv wird, dann leuchtet das Tier grün. Man kann es allerdings nicht als mobile Stehlampe verwenden, das Leuchten ist nur unter UV-Licht als Fluoreszieren zu sehen.
Wer sich das Wortspiel Schweinwerfer nicht verkneifen möchte, ist herzlich dazu eingeladen. Wofür macht man so etwas, wer braucht leuchtende Säugetiere? Das wird grundsätzlich gemacht, um mehr Wissen über Gene zu bekommen, und im Speziellen, um zu schauen, welche Zellen in Schweinen wie wachsen. Denn Schweineherzen besitzen die passende Größe und passende Leistungsfähigkeit, um etwa als Ersatzherzen für Menschen zu dienen. Allein in Deutschland warten 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan, und ihre Mitmenschen, die welche hätten, geben sie, nicht nur, solange sie leben, ungern her.
Xenotransplantation nennt man das, wenn Zellen von Lebewesen verschiedener Spezies in einem Organismus Platz genommen haben. Natürlich können Sie jetzt einwenden, das sei nichts Besonderes, jedes Mal, wenn Sie eine Leberkässemmel essen, kommt es zur Xenotransplantation. Das wäre aber nur dann richtig, wenn die Leberkässemmel in Ihnen weiterleben würde, was eine noch größere Sensation wäre als die erste Transplantation eines Schweineherzens in einen Menschen. Dass man die Semmel manchmal noch riechen kann, wenn Sie nach dem Verzehr aufstoßen, gilt nicht als Lebenszeichen.
Der Transfer von Zellen funktioniert übrigens in beide Richtungen. ACHM – animals containing human material – nennt man etwa eine Maus, die ein ganzes menschliches Chromosom in sich trägt und deshalb an Downsyndrom erkrankt. Es gibt sogar die Möglichkeit und auch entsprechende Begehrlichkeiten, nicht nur wenige menschliche Körperzellen in Mäuse einzubauen, sondern Mäuse herzustellen, deren gesamtes Gehirn aus menschlichen Gehirnzellen besteht. Könnte die dann die „Sendung mit der Maus“ verstehen? Weiß man nicht, aber eher nicht. Noch wurde das nicht gemacht und man geht davon aus, dass trotzdem nur ein Mäusegehirn und kein sehr kleines Menschengehirn in einer Maus entstehen würde. Allerdings wurde Mäusen schon ein menschliches „Sprachgen“ eingebaut und sie fiepsten danach anders als ihre Artgenossen.
Auch Hühnerküken, denen als Embryo Teile eines Wachtelgehirns eingebaut wurden, riefen wie Wachteln und nicht wie Hühner. Im Jahr 2005 soll bei der
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