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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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geschworen.
     
    Ich haßte Schranzen und Fürstenschmeichler,
    Glaubte beinah an Held und Eichler,
    Und Herwegh, Karl Beck und Dingelsteten
    Erhob ich zu meinen Leibpoeten.
     
    » ... Auf dem offenen Meere der Freiheit schwimmen ...
    Ein Volk muß immer sich selbst bestimmen,
    Ein Volk geht immer die rechten Wege,
    Nieder die Polizeigehege,
    Nieder die possidentes beati –«
    So dacht' auch ich. Oh, tempi passati!
     
    Freiheit freilich. Aber zum Schlimmen
    Führt der Masse sich selbst Bestimmen,
    Und das Klügste, das Beste, Bequemste,
    Das auch
freien
Seelen weitaus Genehmste
    Heißt doch schließlich, ich hab's nicht Hehl:
    Festes Gesetz und fester Befehl.
     
     
Aus der Gesellschaft
1. Hoffest
    Erst kommt der Zar, der Herr aller Reußen,
    Dann kommt das offizielle Preußen.
     
    Im Weißen Saal, unter der Gittervergildung,
    Eben beginnt die Gruppenbildung:
    Geheimräte, nach Regel und Normen,
    In Fracks, in Orden, in Staatsuniformen.
     
    Deinem besten Freunde, so rat' ich dir gern,
    An
solchem
Tage bleib' ihm fern,
    Er kennt dich, ach, und kennt dich nicht,
    Ein eignes Lächeln umschwebt sein Gesicht,
    Seren und ernst und verlegen zugleich,
    Heut
ist er Preußen, heut ist er das Reich.
     
    Deinem besten Freunde, so rat' ich dir gern,
    An
solchem
Tage bleib ihm fern,
    Er stellt dich vor, doch du wirst's nicht froh,
    Alles spöttisch und nur so so:
    »Sie kennen ja unsren berühmten Sänger«,
    Alle Gesichter werden länger.
     
    So geht es dir weiter, dir wenig nach Wunsch,
    Bis er endlich kommt – der Fastnachtspunsch,
    Pfannkuchen und Punsch, und sieh, im Gemüte,
    Blüht wieder auf die Menschenblüte,
    Gemeinschaftlich und fidel und munter
    Geht's schließlich die Wendeltreppe hinunter,
    Und unten heißt's wie vor dreißig Jahren:
    »Willst du nicht mit mir nach Hause fahren?«
2. Der Subalterne
     
    »Immer Achselzucken (es ist zum Lachen),
    Und doch sind
wir
es, die es machen.
     
    Das Bißchen Deutschland zusammenzuschweißen,
    Das lag in der Zeit, das will nicht viel heißen –
    Und Sedan? Nach links und rechts zu schwenken,
    Ist auch nichts Gefährlichs auszudenken.
     
    Ich bin nicht für Ruhm, ich bin nicht für Ehr',
    Es ist mit alledem nicht weit her,
    Und es wär' mir ein Leichtes, mich drin zu finden,
    Wär' nicht die Frau –
die
kann's nicht verwinden.«
     
    So hieß es um Weihnacht. Am Ordensfest
    Sprang um der Wind von Ost nach West,
    Der Glauben an Gottes Gnad' und Güte
    Schlug wieder Wurzel in seinem Gemüte.
    Wie's blinkt, wie's schillert! Er strahlt, er bebt.
    »Ich habe nicht umsonst gelebt.«
3. Der Sommer- und Winter-Geheimrat
     
    Um die Sommerszeit sind sie wie andre Menschen
    Aus Schwiebus, Reppen oder Bentschen.
     
    Zumal in Bädern, in Ostseefrischen
    Sitzt man mit ihnen an selben Tischen,
    Und sind auch verschieden der Menschheit Lose,
    Gleichmacherisch wirkt die Badehose,
    Der alte Adam mit seinen Gebrechen
    Läßt manches schweigen und manches sprechen.
    Am Spill wurde gestern ein Seehund geschossen,
    Zu drängen sich alle Strandgenossen;
    Man will ein Kinderhospiz errichten,
    »Sie könnten einen Prolog uns dichten.«
    Allgemeines heitres sich Anbequemen,
    Ein Unterschied ist nicht wahrzunehmen.
     
    So der Sommer; er hat sein Bestes getan,
    Aber nun bricht der Winter an.
     
    Beim Botschafter S. ist Gala-Fete,
    Dein Spill-Freund ist mit an der Tete,
    Noch schützt dich die bergende Fensternische,
    Jetzt aber gilt es, jetzt geht es zu Tische,
    Du sitzt vis-à-vis ihm, es trifft dich sein Gruß,
    Davor dein Herz ersteinen muß.
    Es wundert sein Chef sich, sein Kollege,
    Die Badebekanntschaft ist plötzlich im Wege,
    Von dem, mit dem du den Seehund umstanden,
    Von dem »sommerlichen« ist nichts mehr vorhanden,
    Statt seiner der »winterliche« ... Du frierst.
    Suche, daß du dich rasch verlierst.
4. Auf dem Mattäikirchhof
     
    Alltags mit den Offiziellen
    Weiß ich mich immer gut zu stellen,
    Aber feiertags was Fremdes sie haben,
    Besonders, wenn sie wen begraben,
    Dann treten sie (drüber ist kaum zu streiten)
    Mit einem Mal in die Feierlichkeiten.
     
    Man ist nicht Null, nicht geradezu Luft,
    Aber es gähnt doch eine Kluft,
    Und das ist die Kunst, die Meisterschaft eben,
    Dieser Kluft das rechte Maß zu geben.
    Nicht zu breit und nicht zu schmal,
    Sich flüchtig begegnen, ein-, zwei-, dreimal,
    Und verbietet sich solch Vorüberschieben,
    Dann ist der Gesprächsgang vorgeschrieben:
    »Anheimelnder Kirchhof ... beinah ein Garten ...
    Der Prediger läßt heute lange

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