Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Namenstag.
     
     
Was mir gefällt
    Du fragst: ob mir in dieser Welt
    Überhaupt noch was gefällt?
    Du fragst es und lächelst spöttisch dabei.
     
    »Lieber Freund, mir gefällt noch allerlei:
    Jedes Frühjahr das erste Tiergartengrün,
    Oder wenn in Werder die Kirschen blühn,
    Zu Pfingsten Kalmus und Birkenreiser,
    Der alte Moltke, der alte Kaiser,
    Und dann zu Pferd, eine Stunde später,
    Mit dem gelben Streifen der ›Halberstädter‹;
    Kuckucksrufen, im Wald ein Reh,
    Ein Spaziergang durch die Läster-Allee,
    Paraden, der Schapersche Goethekopf
    Und ein Backfisch mit einem Mozartzopf.«
     
     
Afrikareisender
    » ... Meine Herren, was soll dieser ganze Zwist,
    Ob der Kongo gesund oder ungesund ist?
    Ich habe drei Jahre, von Krankheit verschont,
    Am grünen und schwarzen Graben gewohnt,
    Ich habe das Prachtstück unsrer Gossen,
    Die Panke, dicht an der Mündung genossen
    Und wohne nun schon im fünften Quartal
    Noch immer lebendig am Kanal.
    Hier oder da, nah oder fern
    Macht keinen Unterschied, meine Herrn,
    Und ob
Sie's
lassen oder tun,
    Ich
gehe morgen nach Kamerun.«
     
     
Der echte Dichter
    (Wie man sich früher ihn dachte)
     
    Ein Dichter, ein echter, der Lyrik betreibt,
    Mit einer Köchin ist er beweibt,
    Seine Kinder sind schmuddlig und unerzogen,
    Kommt der Mietszettelmann, so wird tüchtig gelogen,
    Gelogen, gemogelt wird überhaupt viel,
    »Fabulieren« ist ja Zweck und Ziel.
     
    Und ist er gekämmt und gewaschen zuzeiten,
    So schafft das nur Verlegenheiten,
    Und ist er gar ohne Wechsel und Schulden
    Und empfängt er pro Zeile 'nen halben Gulden
    Oder pendeln ihm Orden am Frack hin und her,
    So ist er gar kein Dichter mehr,
    Eines echten Dichters eigenste Welt
    Ist der Himmel und – ein Zigeunerzelt.
     
     
Unsre »deutsche Frau«
    Hierlandes ist unsre »deutsche Frau«
    Noch immer aus Friesack oder Bernau,
    Nur dem Kleinen gilt ihre Respektbezeigung,
    Aus Not nicht, nein, aus purer Neigung,
    Uralte Themen uralter Epochen
    Werden am liebsten durchgesprochen:
    Die Küche, die Wäsche, die Wohnung – und dann
    (Unerschöpfliches Thema) »mein Mann, mein Mann«.
     
    »Mein Mann ist eigentlich viel zu gut,
    Und kommt er mal gegen mich in Wut,
    Ist es immer bloß wegen der dummen Dinger,
    Denen sieht er alles durch die Finger;
    Eine Vierzehnjährige nennt er ›Sie‹,
    Mittwochs hat er Skatpartie.
    Da würd' ich nun gern ins Theater gehn,
    Aber, am Ende, was soll man sehn?
    ›Sodoms Ende‹ gilt ja für unmoralisch,
    Schiller ist mir zu theatralisch
    Und macht immer schöne Worte nur –
    Das Beste bleibt doch freie Natur:
    Am Großen Stern auf den Kaiser warten,
    Konzert im Zoologischen Garten,
    Flamingo, Büffel, Pelikan,
    Und Abends (zum Spargel) kommt ›mein Mann‹
    Und Rudolf auch, und die Zeit vergeht,
    Und der liebe Mond am Himmel steht.«
     
     
Brunnenpromenade
    Als ich ankam, Johannistag war grade,
    Gleich ging ich auf die Brunnenpromnade.
    Kaum wollt' ich meinen Augen traun,
    So viel des Herrlichen war da zu schaun,
    Eine lange Reihe der schönsten Damen,
    Wer zählt die Völker, wer nennt die Namen!
     
    Eine ganz Teint und Taille war,
    Aschblond das schlicht gescheitelte Haar,
    Blendende Zähne, feines Kinn,
    Typus einer Engländerin,
    Aber solcher, die palankin-überdacht
    Weit draußen ihre Tage verbracht,
    In Hongkong oder Singapor
    (Ihr Diener Malaie halb, halb Mohr),
    Und neben ihr plaudert ein junger Lord
    Von Lachsfang im Stavanger-Fjord,
    Alles albionmäßig abgestempelt,
    Die Beinkleider unten umgekrempelt.
     
    Es plätschert der Springbrunn, es duften die Blumen,
    Fremd blicken die Bonnen und Kindermuhmen,
    Noch fremder die Ammen; die Badekapelle
    Spielt eben eine Wagnerstelle,
    Lohengrin-Arie, jetzt laut, jetzt leis,
    Die Damen schließen einen Kreis,
    Und in den Kreis, auf den Schlag des Gong,
    Tritt jetzt die Schönheit der Saison.
    Ihr Aug' ist wie getaucht in Glut,
    Rot ist ihr Kleid und rot ihr Hut,
    Ein Hut, wie die Kirchenfürsten ihn tragen,
    Breitkrempig, ein Schleier umgeschlagen,
    Der Schleier
auch
rot – am Arme Korall'n,
    Rot alles, worauf die Blicke fall'n,
    Eine Römerin (flüstert man) soll es sein,
    Andre sagen: aus Frankfurt am Main.
     
    Und herwärts wogt es und wieder zurück,
    Auf Wagner folgt ein ungrisch Stück,
    Ein Czardas, und auf dem bewässerten Rasen
    Blitzt es wie von Goldtopasen;
    Überirdisch, ein paradiesisch Revier,
    Und die Frage kommt mir: »Was willst
du
hier?«
    Eine Freiin grüßt mich ... doch, wer sie nicht kennte,
    Die

Weitere Kostenlose Bücher