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Gefährliche Begierde

Gefährliche Begierde

Titel: Gefährliche Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Nebelschleier. Von der Straße bog sie in einen Pfad ein, dem sie bis zu einer Reihe von Granitstufen folgte, die vom Nebel glitschig geworden waren. Am steinigen Strand am Ende der Stufen stand eine hölzerne Bank, die sie insgeheim als ihre betrachtete. Da setzte sie sich hin, zog die Beine an die Brust und starrte aufs Meer. Irgendwo in der Bucht erklangen die Töne einer Heulboje. Durch den Nebel konnte sie das schwache, grünliche Licht einer auf den Wellen tanzenden Fahrwassertonne ausmachen.
    Inzwischen würde er ihr Haus wohl erreicht haben. Sie fragte sich, wie lange er an die Tür klopfen, ob er solange dagegen pochen würde, bis ihr Nachbar, Herr Lanzo, sich darüber beschwerte. Oder ob er aufgeben und nach Hause fahren würde; zu seiner Frau, seiner Tochter und seinem Sohn.
    Sie lehnte sich mit dem Gesicht gegen die Knie und versuchte, das Bild der glücklichen, kleinen Tremain-Familie aus ihren Gedanken zu verbannen. Er hatte seine Ehe nicht als glücklich bezeichnet, eher als an der Grenze der Belastbarkeit. Doch es war die Liebe zu seinen Kindern, Phillip und Cassie, die ihn davon abgehalten hatte, sich schon vor Jahren von Evelyn zu trennen. Inzwischen waren die Zwillinge alt genug, um die Wahrheit über die Ehe ihrer Eltern zu verkraften. Nun war es die Sorge um seine Frau, die ihn daran hinderte, sich von Evelyn scheiden zu lassen. Sie brauche Zeit, sich an die Situation zu gewöhnen und, wenn Miranda nur geduldig genug wäre, ihn nur genügend liebte, so wie er sie liebte, dann würde alles gut werden …
    Oh, ja. Lief nicht alles wunderbar?
    Miranda stieß ein Lachen aus. Sie hob den Kopf, sah aufs Meer hinaus und lachte noch einmal. Es klang nicht hysterisch, sondern erleichtert. Sie fühlte sich, als sei sie von einer langen Krankheit genesen und stellte fest, dass ihr Verstand wieder scharf und klar war. Der Nebel tat gut auf ihrer Haut. Die kühle Berührung reinigte ihre Seele. Wie sehr sie diese Reinigung gebraucht hatte! Ihr schlechtes Gewissen hatte sich monatelang wie Schichten aus Dreck auf ihre Seele gelegt, bis sie ihr wirkliches Ich unter all dem Unrat kaum selbst mehr hatte erkennen können. Nun war es vorbei. Diesmal war es wirklich und wahrhaftig vorbei. Sie lächelte dem Meer zu. Meine Seele gehört wieder mir, dachte sie, von Ruhe und Gelassenheit durch strömt, einem Gefühl, dass sie seit Monaten nicht mehr gespürt hatte. Sie erhob sich und machte sich auf den Heimweg.
    Zwei Wohnblocks von ihrem Haus entfernt, entdeckte sie den blauen Peugeot, der in der Nähe der Kreuzung Willow und Spring Street parkte. Er wartete also immer noch auf sie. Sie blieb bei dem Wagen stehen und blickte auf die ihr nur allzu bekannten schwarzen Lederpolster mit den Sitzbezügen aus Schaffell. Der Schauplatz des Verbrechens, dachte sie. Der erste Kuss. Ich habe schmerzhaft dafür büßen müssen. Jetzt ist er an der Reihe.
    Miranda entfernte sich von dem Wagen und steuerte entschlossen auf ihr Haus zu. Sie stieg die Stufen der Verandatreppe hinauf und fand die Tür unverschlossen, so wie sie sie verlassen hatte. Drinnen brannten noch immer die Lichter. Er war nicht im Wohnzimmer.
    »Richard?« rief sie. Keine Antwort.
    Der Geruch frisch aufgesetzten Kaffees lockte sie in die Küche. Auf dem Herd stand ein Topf und auf dem Küchenregal sah sie einen halbvollen Kaffeebecher. Eine der Türen des Küchenschranks stand offen. Sie knallte sie zu.
    Gut. Du bist also rein gekommen und hast es dir gemütlich gemacht, was? Sie griff nach dem Becher und schüttete den Inhalt in die Spüle. Der Kaffee, der ihr dabei auf die Hand spritzte, war kaum noch lauwarm. Dann ging sie in die Diele, am Badezimmer vorbei, wo Licht brannte und ein Rinnsal Wasser aus dem Hahn lief. Sie drehte es ab.
    »Du hast kein Recht, hier einfach rein zu kommen!« brüllte sie. »Das ist mein Haus. Ich könnte die Polizei rufen und dich wegen Hausfriedensbruch festnehmen lassen.« Dann wandte sie sich dem Schlafzimmer zu. Noch bevor sie die Tür erreichte, wusste sie, was sie erwartete. Er würde ausgestreckt auf ihrem Bett liegen, nackt, und mit einem Grinsen im Gesicht. So hatte er sie das letzte Mal begrüßt. Diesmal würde sie ihn hinauswerfen, ob mit Klamotten oder ohne. Diesmal würde sie ihn überraschen.
    Im Schlafzimmer war es dunkel. Sie machte das Licht an. Er lag ausgestreckt auf ihrem Bett, wie sie es vorhergesehen hatte. Seine Arme waren ausgebreitet, seine Beine im Betttuch verheddert und er war nackt. Doch da lag kein

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