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143 - Rulfan von Coellen

143 - Rulfan von Coellen

Titel: 143 - Rulfan von Coellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Calundula hörte es rascheln. Sie drehte sich um. Zuerst ergriff sie die verwegene Hoffnung, PXL könnte ihr gefolgt sein, und ihr Herz stolperte vor Erregung. Doch PXL war ein schwergewichtiger Hüne, und dieser da, sechs Schritte vor ihr im Ufergras, war hager und kleiner als sie selbst, Calundula griff unter ihren Fellmantel.
    »Lass dein Gewehr, wo es ist«, sagte eine Männerstimme.
    Sie war nicht laut, und dennoch hallte sie durch Calundulas Kopf, als wäre der eine Höhle oder ein Dom.
    Sie ließ den Kolben ihrer Waffe los. Der Mann trat näher.
    Im ersten Morgenlicht sah sie sein kantiges junges Gesicht und den rötlichen Schimmer in seinem langen Haar. Er trug einen Mantel aus grobem, braunen Stoff, darunter Kniehosen und eine Weste aus schwarzem Leder. An seiner rechten Schulter erkannte Calundula die Konturen eines Gewehrlaufs, und hinter seiner linken ragte der Knauf eines Schwertes hervor.
    Heißer Schreck durchzuckte sie. Nicht wegen des Fremden, sondern wegen des Sterns! Es musste geschehen, solange der Mond noch schien!
    Blitzschnell drehte Calundula sich wieder um, griff erneut unter ihren Mantel und fasste nach dem Fläschchen, das sie zwischen ihren üppigen Brüsten trug. Sie holte aus, um es in den Strom zu werfen. Von hinten packte der Fremde ihr Handgelenk und riss sie an sich. »Was ist das?« Er nahm ihr das Fläschchen ab.
    Sie aber hatte nur Augen für die Himmelslichter: Strahlend hell stand der Liebesstern unter der Neumondsichel. »Jetzt muss es geschehen! Jetzt!« Sie versuchte das Fläschchen aus seiner Hand zu erhaschen. »Bitte, gib es mir! Bitte…!« Er war kleiner als sie, wie gesagt, und so war es nicht schwer, das Glasfläschchen in seiner Faust zu erwischen. Nur – er gab es nicht frei. »O bitte, Herr, lass mir die Flasche! Ich muss sie dem Strom übergeben, jetzt…!«
    »Warum?« Sein rechter Arm drückte die größere und schwerere Calundula an seinen Leib und hielt sie fest; als wäre sie ein wehrloses Kind. Ihr blieb die Luft weg. »Erkläre mir, was es mit der Flasche und mit deiner Eile auf sich hat, und du bekommst sie zurück.«
    Seine sanfte Stimme vibrierte schmerzhaft in ihrem Schädel.
    Sein Körper strahlte eine Hitze aus, als läge ein langer Gewaltmarsch hinter ihm, sein Arm und seine Faust, die ihre Flasche hielten, fühlten sich an wie eine warme Steinsäule.
    »Ein Liebeszauber, Herr…« Calundula schnappte nach Luft, er ließ ein weniger locker. »Du musst… du schreibst den Namen dessen, den du liebst, auf geleimtes Papier, mit deinem Blut… Du steckst das Papier in eine leere Lavendelölflasche und wirfst sie in den Strom, wenn der Liebesstern unter der Neumondsichel steht… Das geschieht nur zwei Mal in einem Jahr… und nur für wenige Minuten…«
    »Liebesstern?« Der Fremde blickte zum Himmel. Sein Griff um die Flasche und um die Hüfte der massigen Frau lockerte sich.
    »Der unter der Mondsichel!« Calundula entwand ihm die Flasche und sich selbst, holte aus und schleuderte die Liebesbotschaft weit in die Flussmitte. Einen Augenblick standen sie und lauschten, bis die Flasche ins Gemurmel des Stromes klatschte. »Wir nennen ihn Venus, Sharan nennt ihn S333Z.«
    »Sharan, deine Herrin.« Der Fremde fragte das nicht, er stellte es fest.
    »Wie heißt du?« Calundula wich einen Schritt zurück. Ihre Stimme zitterte.
    »Nenn mich Guur.« Er wandte ihr den Rücken zu, stapfte Richtung Waldrand und winkte sie hinter sich her. »Wessen Namen hast du mit deinem Blut auf das Papier geschrieben?«
    PXLs breites Kindergesicht tauchte vor Calundulas innerem Auge auf. Seine wulstigen Lippen, seine buschigen Goldbrauen, seine hellblauen Augen, sein lustiges Lächeln…
    »Das darf ich nicht sagen…« Ankela hatte ihr das eingeschärft, Ankela, die hässlichste Frau Dysdoors, und zugleich die mit den meisten Verehrern. Von ihr hatte Calundula den Liebeszauber. »… sonst wirkt der Zauber nicht und eine andere bekommt…« Sie biss sich auf die Unterlippe, fast wäre ihr PXLs Name entschlüpft.
    Der Mann, der sich Guur nannte, blieb stehen und sah sich nach ihr um. Ihr war, als würde sein Blick sie durchbohren.
    »Bitte, Herr«, jammerte Calundula. »Bitte erlaube mir, den Namen für mich zu behalten… bitte, bitte…«
    Er antwortete nicht, fixierte sie noch ein paar Atemzüge lang, drehte sich dann wieder um und winkte sie hinter sich her. »Geh voran, Calundula, mach schon. Führe mich in den Bunker zu Sharan…«
    ***
    Er hieß Leonard Gabriel, und wer

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