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Gefährliche Begierde

Gefährliche Begierde

Titel: Gefährliche Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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gut.«
    »Sie ist nur eine Angestellte, Phillip. Der Herald braucht einen echten Kapitän.«
    Cassie beugte sich nach vorne, ihre Augen blitzten. »Es gibt auch noch andere, die den Job übernehmen könnten«, sagte sie. »Warum muss es ausgerechnet Phil sein?«
    »Dein Vater wollte Phillip. Und Richard wusste immer, was für den Herald am Besten war.«
    In der Pause, die darauf entstand, war nur noch das Ticken der Uhr auf dem Kaminsims zu hören.
    Evelyn stieß einen kleinen Seufzer aus und stützte den Kopf in ihre Hände. »O Gott, es wirkt so kaltschnäuzig. Ich kann nicht glauben, dass wir darüber sprechen, wer seinen Platz einnehmen wird …«
    »Früher oder später müssen wir sowieso darüber sprechen«, erklärte Cassie, »wir müssen über viele Dinge sprechen.«
    Evelyn nickte und wandte ihren Blick ab. Im Nebenzimmer läutete das Telefon.
    »Ich geh ran«, sagte Phillip und verließ den Raum.
    »Ich kann einfach nicht klar denken«, klagte Evelyn, während sie die Hände gegen ihre Schläfen presste. »Wenn doch nur mein Verstand wieder richtig arbeiten würde …«
    »Es ist erst gestern passiert«, versuchte Chase sie zu beruhigen. »Es braucht Zeit, um diesen Schock zu überwinden.«
    »Und dann muss ich auch noch an die Beerdigung denken. Sie wollten mir nicht einmal sagen, wann sie ihn …« Sie zuckte zusammen. »Ich weiß nicht, weshalb das so lange dauert. Wieso müssen sie ihn überhaupt so gründlich untersuchen? Ich meine, können sie denn nicht auch so sehen, was passiert ist? Ist es denn nicht offensichtlich?«
    »Das Offensichtliche entspricht nicht immer der Wahrheit«, sagte Cassie.
    Evelyn blickte auf ihre Tochter. »Was soll das heißen?« Da kam Phillip ins Wohnzimmer zurück. »Mama, das war Lorne Tibbetts.«
    Evelyn erhob sich unsicher. »Und?«
    »Er will dich sehen.«
    Sie erstarrte. »Jetzt sofort? Hat das nicht Zeit?«
    »Du könntest es hinter dich bringen, Mama. Früher oder später wird er sowieso mit dir sprechen wollen.«
    Evelyn sah sich hilfesuchend nach Chase um. »Ich kann das nicht alleine. Willst du nicht mitkommen?«
    Chase hatte keine Ahnung, um was es hier ging, noch wusste er, wer Lorne Tibbetts war. Zudem sehnte er sich ohnehin nur noch nach einer heißen Dusche und einem Bett, auf das er sich hätte legen können. Aber beides musste offenbar warten.
    »Aber natürlich, Evelyn«, antwortete er, wobei er sich widerstrebend erhob und seine von der langen Fahrt von Greenwich steif gewordenen Beine schüttelte.
    Evelyn griff bereits nach ihrer Handtasche. Sie holte die Autoschlüssel heraus und gab sie Chase. »I… Ich bin zu nervös zum Fahren. Würdest du …?«
    Er nahm die Schlüssel. »Wo müssen wir hin?«
    Evelyn setzte sich mit zittrigen Händen die Sonnenbrille auf, um ihre vom Weinen verquollenen Augen hinter den dunklen Gläsern zu verstecken. »Zur Polizei«, sagte sie.

2. KAPITEL
    Die Polizeistation von Shephard’s Island befand sich in einem umgebauten ehemaligen Kaufhaus, das im Laufe der Jahre in eine Reihe von Räumen und Büros in der Größe von Kaninchenställen verwandelt worden war. In Chase Erinnerung erschien das Gebäude früher einmal imposanter, aber es war schließlich Jahre her, seitdem er es das letzte Mal von Innen gesehen hatte. Doch damals hatte die Polizeistation für ihn, den wilden Jungen, den Schlingel, eine schlichte Bedrohung bedeutet. An dem Tag, an dem sie ihn damals hierher geschleppt hatten, weil er – völlig unabsichtlich – Mrs. Gordimers Rosenbeete zertrampelt hatte, wirkten die Decken höher, die Räume größer und jede Tür wie das Tor zu einer unbekannten Hölle.
    Jetzt sah er es so, wie es war – ein müdes altes Gebäude, das dringend einen neuen Anstrich benötigte.
    Lorne Tibbetts, der neue Polizeichef, war für diese klaustrophobischen Hasenställe genau richtig gebaut. Falls eine Mindestgröße für den Polizeidienst vorgeschrieben war, dann hatte Tibbetts sie irgendwie knapp unterlaufen. Er war ein Gnom, der in einem ordentlichen, seiner Position angemessenen Sommerkhakianzug steckte, einem Aufzug, den eine gestärkte Kappe vervollständigte, unter der Chase eine kahle Stelle vermutete. Er erinnerte Chase an einen kleinen Napoleon in voller Montur.
    Obwohl er äußerlich etwas zu kurz geraten war, verfügte er dafür über großartige Manieren. Er bahnte sich seinen Weg durch die zusammengewürfelten Tische und Aktenschränke und begrüßte Evelyn mit der übertriebenen Fürsorge, die man einer Frau mit

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