Gefährliche Enthüllung (German Edition)
konnte die Tastatur des Computers klappern hören und folgte dem Geräusch in das Hinterzimmer, in dem sie ihr Büro eingerichtet hatte.
Cara MacLeish gab – wie immer in halsbrecherischer Geschwindigkeit – Daten ein und ließ sich dabei auch nicht stören. Immerhin schaute sie auf und lächelte.
„Willkommen daheim“, sagte sie. Kurze braune Löckchen kringelten sich um ihren Kopf, und die Augen hinter der Hornbrille leuchteten voller Wärme. „Ich hatte dich früher erwartet. Vor etwa sechs Stunden schon.“
Annie stellte die Kiste mit der goldenen Totenmaske auf ihrem Schreibtisch ab und strich sich die Haare aus dem Gesicht. „Man hat mich festgehalten“, erklärte sie kurz.
Jetzt nahm Cara doch die Hände von der Tastatur, schaute ihre Chefin voller Mitgefühl an und ließ ein paar erlesene Flüche vom Stapel.
„Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.“ Annie lächelte kläglich.
„Schon wieder das FBI?“
„FBI, CIA.“ Annie zuckte die Achseln. „Die reißen sich alle um mich.“
„Hmm, sieh es von der positiven Seite.“
Die beiden Frauen schwiegen einen Moment. Es war gar nicht so einfach, der Sache etwas Positives abzugewinnen.
„Bis jetzt haben sie dir nichts anhängen können“, meinte Cara schließlich.
Annie zog einen Drehstuhl an den Computertisch und ließ sich hineinfallen.
„Und du hast deswegen noch keinen einzigen Auftrag verloren“, fuhr Cara fort. Bestimmt würde ihr gleich nochmehr einfallen. Sie streckte ihre dünnen Arme über den Kopf, gähnte und stand dann auf, um ihre Beine ein wenig zu lockern. „Im Gegenteil. Ich habe das Gefühl, dass das Geschäft davon profitiert. Während du weg warst, sind jede Menge Anrufe gekommen.“
Annie sah zu, wie ihre Assistentin zum Anrufbeantworter hinüberging. Gleich neben dem Gerät stand eine leuchtend rote Holzente, die in ihrem Schnabel – einer Wäscheklammer – viele rosa Notizzettel hielt.
„Jerry Tillet hat angerufen“, fuhr Cara fort. „Er ist zurück aus Südamerika, und er möchte, dass du dir einige Maya-Kunstwerke anschaust.“
„Hast du mit ihm gesprochen, oder war er auf dem Anrufbeantworter?“, fragte Annie.
Cara errötete. „Ich habe mit ihm gesprochen.“
„Wollte er sich wieder mit dir verabreden?“ Annie lächelte spitzbübisch.
„Ja.“
„Und?“
„Wir verabreden uns nicht mit Kunden. Schon vergessen?“
Annie widersprach: „Jerry ist kein Kunde. Er ist ein Freund.“
„Er ist auch ein Kunde.“
„Na schön, er ist also auch ein Kunde“, räumte Annie ein. „Aber nur, weil ich mich nicht auf Kunden einlassen möchte, musst du nicht auch darauf verzichten, Cara. Willst du dem Mann nicht wenigstens eine Chance geben?“
„Das habe ich.“
„Du hast … was?“
Annies Assistentin lächelte zufrieden, strich sich die Haare aus der Stirn und setzte sich auf den Schreibtisch.„Ich habe ihm gesagt, dass ich bereit bin, mich mit ihm zu verabreden. Er kommt am Samstag vorbei und bringt uns seine Funde. Anschließend gehen wir aus.“
Annie schaute sich in dem gemütlichen Büro um. Das Zimmer war eigentlich recht groß, aber mit den beiden Schreibtischen, zwei Computern, einem Faxgerät, einem Kopierer und jeder Menge Stühle und Bücherregalen war es so vollgestellt, dass man sich kaum darin bewegen konnte. Cara MacLeish gehörte zum unverzichtbaren Inventar. „Lass dir ja nicht einfallen zu heiraten, MacLeish“, sagte sie streng. „Kommt überhaupt nicht infrage, dass du mit Jerry Tillet nach Südamerika durchbrennst.“
Cara lachte. „Ich gehe nur mit ihm ins Kino. Als Nächstes käme vielleicht eine Einladung zum Essen infrage. Von Heiraten kann keine Rede sein.“
„Du kennst Tillet längst nicht so gut wie ich“, murmelte Annie. „Der Mann hat es definitiv auf dich abgesehen …“
„Wo wir gerade vom Heiraten reden“, warf Cara ein und blätterte die Telefonnotizen durch. „Nick York hat angerufen. Insgesamt fünf Mal. Es geht um einen Empfang im Museum für Moderne Kunst, irgendwann diesen Monat.“
Annie zog das Haargummi von ihrem Pferdeschwanz und schüttelte die glänzenden braunen Haare aus. Dann lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und legte die Füße auf den Computertisch. „Schäm dich, Cara. Du weißt ganz genau, dass die Begriffe ‚Heiraten‘ und ‚York‘ unmöglich in einem Satz untergebracht werden können. York will nur zwei Dinge von mir. Erstens: Laborarbeit, die ihn nichts kostet. Zweitens: etwas, das nichts mit Heiraten zu tun hat.
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