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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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Pullovers abhob, wackelte dabei im Takt.
    »Die Freude ist ganz unsererseits«, antwortete mein Vater, als ob es sich um eine Einladung zur Cocktailparty handeln würde.
    »Sie wissen ja, Herr Sander«, sagte von Cappeln vertraulich, »normalerweise hätten wir ja gar keine Schülerin mehr aufnehmen dürfen, wegen der in unserer Satzung festgelegten Obergrenze von zweihundertfünfzig Schülerinnen.« Sie versuchte es beiläufig klingen zu lassen, aber so wie sie meinen Vater dabei anschaute, war klar, dass sie eine umfassende Dankesbezeugung erwartete. Doch ihre Erwartung verpuffte an der natürlichen Autorität meines Vaters.
    »Können wir dann?«, fragte er ungerührt und zeigte auf die Eingangstür. Ich vermutete mal ganz stark, eine Dankesbezeugung war auch überflüssig. Denn für die Liebfrauenschule dürfte es sich gelohnt haben, dass die Tochter des alleinigen Eigentümers von L&S Genuss-Fleisch nun hier ihr Abitur ablegen wird.
    »Oh ja, aber natürlich«, sagte von Cappeln hastig und hielt uns beflissen die weiße, mit Holzschnitzereien verzierte Eingangstür auf. »Kommen Sie schnell herein, bevor Sie sich auch noch erkälten.« Sie schob ein Bonbon im Mund herum. »Bitte entschuldigen Sie das Hustenbonbon, ich bin sehr anfällig für Bronchitis.« Sie hüstelte und hatte es plötzlich eilig.
    Die Eingangshalle der Schule war ungefähr so groß wie die bei uns zu Hause. Wenn man zwei Körbe links und rechts aufstellen würde, könnte man auf kleinem Feld Basketball spielen. Die zwei breiten Marmortreppen mit gusseisernem Geländer und messingverziertem Handlauf, die in geschwungenem Bogen rechts und links nach oben führen, gibt es bei uns allerdings nicht, wir haben nur eine Angebertreppe.
    »Das Klassenzimmer der Oberstufe liegt im Caroline-Herschel-Flügel«, dozierte die Direktorin, als sie vor uns her über das blank polierte Parkett stöckelte. »Wir haben unsere Gebäude nach berühmten Wissenschaftlerinnen benannt, um unsere jungen Damen zu motivieren.« Sie mied meinen Blick und fixierte meinen Vater. »Und das gelingt uns auch«, verkündete sie stolz, als wir zu einem Schwarzen Brett kamen, auf dem verschiedene Fotos von lächelnden Mädchen hingen.
    »Ich muss mich jetzt leider verabschieden«, sagte mein Vater plötzlich mit Blick auf die Uhr. Er drehte sich zu mir und sah mich mit seinen faszinierenden Augen an. Seine Iris ist karamellfarben und mit dunklen Punkten gesprenkelt, was an grobkörnigen Flusssand erinnert. Seine Haare sind trotz seiner neunundvierzig Jahre immer noch hellbraun. Nur an den Schläfen sieht man einige graue Haare, aber insgesamt wirkt er immer noch sehr jugendlich. Er umarmte mich mit einer lässigen Bewegung.
    »Püppchen«, flüsterte er mir ins Ohr, »Erfolg kommt nicht von selbst. Also, streng dich an.«
    »Mach ich, Paps«, sagte ich. Er ließ mich los und hatte schon das Handy am Ohr. Er nickte der Schulleiterin zum Abschied zu und eilte mit schnellen Schritten davon. Als ich ihm in seinem schwarzen Armani-Anzug hinterherschaute, ganz der erfolgreiche Geschäftsmann, spürte ich eine kurze, aber heftige Attacke von Heimweh. Papa, geh nicht, wollte ich rufen, als wäre ich sieben und nicht siebzehn.
    »Nun«, unterbrach Direktorin von Cappeln meine Gedanken. Ihre Stimme klang anders, jetzt wo mein Vater weg war. Lauter. Herrischer. »Sehen Sie, Natascha. Dies sind die Jahrgangsbesten.« Ich fand schnell das Bild meiner Jahrgangsstufe, der Jahrgangsstufe 12.
    »Das ist Ihre Mitschülerin Nora Brandt. Auf sie sind wir sehr stolz. Sie ist eine unserer Stipendiatinnen.« Von Cappeln machte eine Pause und schob dann nach: »Sie hat es sich durch eigene Leistung verdient, hier zu sein.«
    Beim ersten Hinsehen wirkte Nora unscheinbar. Braune kurze Haare, blaugraue Augen, eine breite Nase. Doch etwas an ihr war anders. Anders als die anderen Mädchen lächelte sie nicht auf dem Foto. Ihr Gesichtsausdruck war trotzdem nicht unfreundlich. Eher entschlossen.
    »Ja, Natascha, nehmen Sie sich Nora ruhig als Vorbild«, sagte von Cappeln spitz. »Aber dafür sollten Sie Ihre wertvolle Zeit wohl besser nicht mit Rumstehen vergeuden.«
    Ich wollte ihr einen vernichtenden Blick zuwerfen, aber die Direktorin war schon weitergeeilt. Ich folgte ihr zu einem Torbogen, hinter dem ein langer Gang begann, durch dessen Sprossenfenster auf der linken Seite das fahle Novemberlicht hereinfiel. Die Direktorin deutete auf den Namen, der in goldenen Lettern über uns prangte. »Wissen Sie,

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