Gefährliche Ideen
man erkennt zudem, warum ein Unternehmen, das sich ernsthaft mit Vielfalt beschäftigen möchte, den Mut aufbringen muss, über Formen von Vielfalt nachzudenken, die nicht von vornherein als bequem erscheinen. Ebenso wie in dem allgemeineren Fall der Kreativität lässt sich auch Diversität nicht in ein behagliches Konzept verwandeln und muss bis zu einem gewissen Grad natürliche Konflikte und Reibung aushalten können. Eine ernsthafte Beschäftigung mit Vielfalt muss zwei Prinzipien berücksichtigen, die sich gegenseitig ergänzen: Vielfalt sollte
sowohl eine nachdenkliche Haltung gegenüber der Bedeutung von Homogenität in der eigenen Branche/Umwelt widerspiegeln als auch einen Mechanismus darstellen, um dem zu begegnen, was sich außerhalb der eigenen geheimen Schubladen befindet
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Vielfalt sollte sowohl eine nachdenklich Haltung gegenüber der Bedeutung von Homogenität in der eigenen Branche /Umwelt widerspiegeln als auch einen Mechanismus darstellen, um dem zu begegnen, was sich außerhalb der eigenen geheimen Schubladen befindet.
Apples homogene Struktur steht diesbezüglich der Vorstellung entgegen, dass kreative Teams von Haus aus und notwendigerweiseheterogen sein müssen, obwohl stetsdas Risiko besteht, dass eine solche Gruppe mit der Zeit immer dogmatischer wird. Als Lösung passt dies überhaupt nicht zum herkömmlichen Verständnisvon Vielfalt und Kreativität und ist daher per definitionem kreativ. Andererseits verträgt sich diese Lösung hervorragend mit den unternehmensinternen Denkweisen; insofern hat sie mit verschiedenen kreativitätsspezifischen Problemen zu kämpfen. Dennoch zeigt das Beispiel von Apple, dass hier eine Marschroute gefunden wurde, die bisher glänzend funktioniert hat, was beweist, dass homogene Teams bisweilen etwas sehr Positives sein können. Nichts funktioniert immer, alles funktioniert manchmal.
Betrachten Sie dies bitte nicht als Angriff auf die herkömmlichen Anstrengungen zur Steigerung von Diversität, sondern vielmehr als Mahnung, nicht dem Irrtum zu verfallen, dass die Beziehung zwischen Vielfalt und Kreativität einfach und unkompliziert wäre. Für die überwiegende Mehrzahl aller Unternehmen lautet die schlichte Realität, dass Vielfalt zwar keine Patentlösung, aber doch einen der leichtesten Wege darstellt, um ihre Innovationsfähigkeit zu steigern.
Ein Blick auf die Vorstandsgremien der meisten Konzerne zeigt, dass weiße Männer noch immer überrepräsentiert sind, meist in einem geradezu absurden Ausmaß. Vielfalt bedeutet hier, dass das Topmanagement
sowohl
aus weißen Männern mittleren Alters mit einem betriebswirtschaftlichen Studienabschluss
als auch
aus weißen Männern mittleren Alters mit einem Ingenieursstudium besteht. Und wenn es dort wirklich verrückt und abgedreht zugeht, gesellen sich noch ein paar weiße, männlicheJuristen mittleren Alters hinzu. In einer derartigen Situation wird nahezu jeder Schritt zur Erhöhung der Diversität spürbar sein, gleich wie allgemein er ausfällt. Wer eine lesbische schwarze Frau in einen solchen Vorstand schickt, wählt einen hervorragenden Weg, um die geheimen Schubladen des Konzerns anzugreifen. Es leuchtet unmittelbar ein, dass dies ein strategischer Schachzug ist, um den Konzern von seinen Wettbewerbern zu unterschieden – und dadurch automatisch ein kreativer Akt.
Teil 4
Gefährliches Denken
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Kapitel 15
Kreativität ist eine Frage der Quantität
Allgemein ausgedrückt ist Größe eine ungewöhnliche Menge
einer gewöhnlichen Qualität, die einem Normalbürger übergestülpt wurde.
William Allen White
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Was würden Sie vorziehen: eine richtig gute Idee oder zwanzig mittelmäßige? Ist es besser, sich über lange Zeit mit der Entwicklung einer einzigen großartigen Idee zu beschäftigen, oder doch eher, schnell zu arbeiten und dreißig Ideen unterschiedlicher und unbekannter Qualität hervorzubringen? Gut, man könnte diese Fragen auch so formulieren, dass Sie, lieber Leser, unschwer erraten könnten, welche Antwort ich Ihnen nahelegen möchte: Quantität ist in puncto Kreativität eine Qualität!
Wenn ich Kreativität und Unternehmensgründung unterrichte, lasse ich meine Studenten ab und zu eine Übung durchführen, die sie wirklich hassen. Es ist die frisierte Version eines Klassikers, nämlich der Übung, in der die Teilnehmer eine lange Liste von Geschäftsideen erstellen sollen – weitaus mehr, als sie sich üblicherweise ausdenken würden.
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