Gefährliche Ideen
ähnliche Erfahrungen gemacht – sei es die brillante Idee, die Ihnen kam, als Sie in einer Klemme saßen; die improvisierte Lösung, die sich als Geniestreich entpuppte; oder das Gefühl, das Sie ereilte, als Sie in den frühen Morgenstunden noch an einem Projekt arbeiteten und Ihnen plötzlich die tollsten Einfälle kamen. All dies geht darauf zurück, dass das Gehirn nur dann wirklich effizient arbeitet, wenn es gelegentlich kurzgeschlossen und durchgerüttelt wird. Es erklärt zudem, warum ein vernünftiges Quantum Alkohol der Kreativität durchaus auf die Sprünge helfen kann, auch wenn viele Leute das abstreiten würden. 6 In meinem Beispiel sorgten die Zeitbeschränkung und die aberwitzige Zahl von einzureichenden Ideen für das Wachrütteln der Gehirne, doch es gibt natürlich noch zahlreiche andere Methoden, um dies zu erreichen.
Das Ankurbeln von Kreativität erfordert einige Vorbereitungen, denn wer ernsthaft an seinen Ideen feilen möchte, muss herkömmliche Denkmuster über Bord werfen. Allein mithilfe einiger leichter Übungen wird niemand kreativer – wer dies glaubt, unterschätzt den Widerstand, den unser Alltagsverstand jeder Neuerung entgegensetzt. Diese Abwehrhaltung beschränkt sichnicht auf moderne Organisationen, vielmehr ist sie eine angeborene Eigenschaft des menschlichen Verstands, ein Aspekt der menschlichen Gehirnstruktur. Wie der Neurowissenschaftler Gregory Berns in seinem Buch
Iconoclast
zeigt, weist das Gehirn einige fest installierte Hürden auf, die den Weg zu mehr Kreativität pflastern. Neurologische Widerstände lassen sich nicht einfach durch das übliche Brainstorming auf der Klausurtagung eines Unternehmens überwinden (was bedeutet, dass ein Großteil der Arbeit, die Konzerne in die Kreativitätsentwicklung investieren, nahezu vollständig verschwendet ist). Es stimmt, ich reite ein wenig auf diesem Punkt herum, aber das Gehirn lässt sich von diesen kleinen Aufwärmübungen nicht täuschen. Genauso wie man nicht Französisch lernen kann, indem man jährlich eine Stunde darauf verwendet, ein paar Standardphrasen zu wiederholen, wird man nicht kreativer, indem man ab und zu einen netten Plausch darüber hält.
Der begrenzende und begrenzte Verstand ist ein harter Gegner und erstaunlich gewandt darin, in einen faulen, unkreativen Sparmodus zurückzuschalten, sobald er nicht mehr herausgefordert wird.
Ein
Schlag reicht nicht, es müssen viele sein, und zwar kontinuierlich – ein ganzes Leben lang.
Kreativität ist mit Fitness vergleichbar, sie bedarf ständiger Übung. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Gehirn ins Schwitzen kommt, und drängen Sie es aus seiner Komfortzone heraus. Zu den besseren Büchern über Kreativität zählt
A Whack on the Side of the Head
(
Ein kreativer Kick)
von Roger von Oech (cooler Name übrigens). Der Titel hat nur einen Nachteil: Er könnte einen zu dem Glauben verleiten, dass es einen gezielten Schlag auf den Kopf gebe, der »kreativ« mache. Das ist natürlich ein Trugschluss. Der begrenzende und begrenzte Verstand ist ein harter Gegner und erstaunlich gewandt darin, in einen faulen, unkreativen Sparmodus zurückzuschalten, sobald er nicht mehr herausgefordert wird.
Ein
Schlag reicht nicht, es müssen viele sein, und zwar kontinuierlich – ein ganzes Leben lang.
Um nicht zum intellektuellen Pendant des fettleibigen Ex-Athleten zu werden, muss man sein Gehirn daher regelmäßig durchrütteln und mit kleinen Aktivitätsschüben versorgen, die es fit halten.
Sobald man aufhört, seinen Verstand zu provozieren, verfällt er wieder in seinen alten, trägen Zustand, ganz gleich wie intensiv man ihn vorher zur Arbeit getrieben hat. Viele erfahrene Athleten wissen, dass für den Körper genau dasselbe gilt. Um nicht zum intellektuellen Pendant des fettleibigen Ex-Athleten zu werden, muss man sein Gehirn daher regelmäßig durchrütteln und mit kleinen Aktivitätsschüben versorgen, die es fit halten. Zweierlei ist dabei wichtig (dies entspricht beim Laufregime einer Mischung aus Kurz- und Langstrecken): Zum einen spielt die schiere Anzahl der Ideen eine Rolle (kurze Aktivitätsschübe sorgen dafür, dass Körper und Geist in ständiger Bereitschaft bleiben), und zum anderen muss man kontinuierlich an seiner Kreativität arbeiten, um sie knackig zu halten (ohne regelmäßige längere Läufe geht es nicht). Ein guter Anfang bestünde darin, immer wieder ein wenig zu tun. Warum also nicht den weltweit kürzesten Kreativitätslehrgang absolvieren?
Der
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