Gefährlicher Sommer
immer größere Augen bekamen.
»Entführt?«, fragte die Frau atemlos. »Von wem?«
Diane stieg zu den Kindern auf den Rücksitz. Sie wurde bestaunt wie ein Affe im Zoo. Die Kinder wirkten genauso blöd wie ihre Eltern, aber das kümmerte sie jetzt nicht. Sie wollte nur fort - nach Hause, zu Angie.
Sie beantwortete die Frage der Frau nicht, sondern kauerte sich in ihre Ecke und fand sich damit ab, dass ihre Schmerzen immer schlimmer wurden. Wenigstens fror sie nicht mehr. Im Auto war es brütend heiß.
Der Mann wendete den Wagen. Seine Frau, beleidigt, weil Diane nicht in aller Ausführlichkeit ihre Geschichte zum Besten gab, quengelte. »Jetzt müssen wir das ganze Stück zurückfahren! Bei der Hitze! Wer sagt uns denn, dass es stimmt, was das Mädchen erzählt?«
»Schau sie dir doch an«, entgegnete ihr Mann mürrisch.
»Ihre Hände bluten«, stellte eines der Kinder fest, ein kleines Mädchen, das Diane unentwegt musterte, ohne einmal den Blick von ihr abzuwenden.
»Die Beine bluten auch!«, schrie ihr Bruder. Er glotzte Diane an. »Wie heißt denn du?«
Sie hätte ihm am liebsten die Zunge rausgestreckt.
Als sie endlich La Laguna vor sich liegen sahen, beschrieb Diane mit letzter Kraft, wo sich das Haus der Galicanos befand. Wie sich herausstellte, hatten ihre unfreiwilligen Retter ihren Swimmingpool von Galicano gekauft.
»Sind sie so reich?«, erkundigte sich die Frau fasziniert. »Ich meine, weil man ja offenbar Lösegeld wollte?«
»Ich weiß nicht ... ich ...«, Diane stieg aus. Jetzt, da sie ihr Bein eine Weile ausgeruht hatte, schienen die Schmerzen noch unerträglicher. Ihr wurde schwindelig, sie musste sich rasch am Gartentor festhalten. »Ich ... danke Ihnen ... vielen Dank ...« Zu mehr war sie nicht mehr fähig.
Sie wankte den Gartenweg entlang und hörte nur noch wie aus weiter Ferne die zeternde Stimme der Frau: »Wer ersetzt uns denn jetzt das Benzin?«
Dann war da nur noch ein Ruf: »Diane! Diane! Kommt schnell, Diane ist da!«
Und dann wurde ihr endgültig schwarz vor den Augen, sie kippte irgendjemandem in die Arme, aber bevor sie das Bewusstsein verlor, dachte sie noch: Ich bin in Sicherheit. Jetzt ist alles gut. Ich bin endlich in Sicherheit!
Tom legte den Telefonhörer auf und stieß einen Schrei aus. »Gott sei Dank! Alles in Ordnung!«
Kathrin, sein steter Schatten, sah ihn fragend an. »Was ist denn jetzt schon wieder los? Spinnst du?«
»Nein, ich bin nur so froh!« Vor Glück umarmte er das überraschte Mädchen. »Sie sind alle in Sicherheit. Auch Diane. Es ist ihr nichts passiert, nur ihr Knöchel ist angebrochen. Aber sonst geht es ihr gut!«
Für Kathrin sprach er in Rätseln. Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann dir wirklich nicht mehr folgen!«
»Ach, die waren nur mal wieder Verbrechern auf der Spur, und natürlich gerieten sie dabei in Gefahr. Sie waren gefangen, wurden aber befreit. Nur Diane nicht, die haben die Gangster als Geisel genommen. Aber es ist ihr gelungen, zu entkommen!«
»Was?«, fragte Kathrin.
Und »Was?!« klang es auch von der Tür, wo Toms Mutter, Frau Andresen, aufgetaucht war. Sie sah ihren Sohn überrascht an. »Sag bloß nicht, die haben sich da in Teneriffa wieder auf so eine verrückte Geschichte eingelassen?«
»Doch. Und diesmal war es noch haariger als früher. Eine Bande internationaler Tierhändler. Illegaler Tierhändler.«
»Es ist nicht zu fassen.« Frau Andresen schüttelte den Kopf. »Allmählich bekomme ich Angst davor, deine Freunde das nächste Mal hierherkommen zu lassen. Sie scheinen Verbrechen ja geradezu magisch anzuziehen!«
»Warum hast du mir nichts erzählt?«, fragte Kathrin gekränkt. »Ich hätte vielleicht helfen können.«
»Wie denn? Von hier aus!«
»Aber du hättest es nicht verheimlichen müssen!«, beharrte Kathrin.
Sie war tief beleidigt. Nun war sie hier schon alleine mit dem schönen Tom, und selbst da machte er sie nicht zu seiner Vertrauten. Das war wieder einmal eine bittere Pille, die Kathrin da schlucken musste.
»Mutter«, sagte Tom atemlos, »die haben mich gefragt, ob ich nicht zu ihnen kommen will. Die Ferien dauern ja noch eine Weile. Wenn ich auf alle Geburtstagsgeschenke verzichte im Herbst, würden Vati und du mir dann den Flug ...«
»Na, auf alle brauchst du nicht gleich zu verzichten«, meinte seine Mutter. »Nur, ich weiß nicht ... am Ende passiert wieder etwas ...«
»Es passiert in allen Ferien nur einmal etwas«, behauptete Tom. »Deshalb kannst du ganz beruhigt
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