Gefährliches Begehren
jeder vom Gegenteil überzeugt sein wird. Damit ist Euer Ruf etabliert und meiner gerettet, herzlichen Dank.« Er rieb sich reuig die Wange. »Ich denke, dass die Ohrfeige einer wütenden Geliebten besser für die Klatschspalten geeignet ist, als ein Baby gescholten zu werden. Was meint Ihr?«
Alicia lehnte sich vorsichtig in die plüschigen, weichen Polster zurück und schloss die Augen. »Ich bitte nochmals um Entschuldigung, Hoheit.«
George zuckte die Achseln. »Ihr habt meine besten und ehrbarsten Untertanen gerettet. Ich kann mich nicht beschweren.
Ihr hättet Euch ein wenig zügeln können, aber unter den gegebenen Umständen war Eure Reaktion nur allzu verständlich.«
»Es tut mir so leid, Hoheit.« Alicia wusste schon jetzt, dass sie es über die nächsten Stunden immer wieder sagen würde.
»Ihr müsst bei mir in Carlton House bleiben«, sagte George. »Ich werde einen Empfang für Euch geben, der Eure Stellung in der Gesellschaft für immer festigen wird. Wenn die Leute zukünftig über Lady Alicia Lawrence reden, dann wird das einzige Thema sein, ob sie einer Einladung in ihren engsten Freundeskreis würdig sind.«
Alicia schüttelte den Kopf. »Wirklich, Hoheit, das ist nicht nötig.«
George streckte die Hände aus. »Aber natürlich ist es das! Denkt an Eure lieben Schwestern, Mylady. Wenn Ihr eine amtierende Königin der guten Gesellschaft seid, wer würde es dann wagen, Schmutz über Eure reizenden Schwestern zu verbreiten?« Er tippte sich nachdenklich ans Kinn. »Lady Alberta ist wirklich nett, nicht wahr? Glaubt Ihr, sie würde …?« Er wurde sich ihres Gesichtsausdruckes bewusst. Seine Hand wanderte behutsam zu seiner linken Wange. »Äh, vielleicht eher nicht.«
Aber er erholte sich rasch. »Vielleicht sollte ich Euch eine Medaille verleihen, aber wie soll ich Euch ehren, wenn Eure Tat ein Geheimnis der nationalen Sicherheit ist? Die Nachricht vom Tod der Schimäre wird irgendwann bis zu Napoleon vordringen, aber wir wollen ihn doch denken lassen, dass wir genügend Zeit hatten, um dem Bastard ein paar Geheimnisse zu entlocken.«
Alicia schlug sich die Hand vor den Mund. »Oh, nein!«
Sie senkte die Hand, aber ihre Augen sprachen Bände. »Ich hätte … ich hätte ihn nicht töten dürfen. Ich hätte erkennen müssen, dass Ihr ihn befragen wolltet, oje …«
Er starrte sie konsterniert an. »Lady Alicia, entschuldigt Ihr Euch gerade dafür, dass Ihr den gefährlichsten und skrupellosesten Spion in der Geschichte unseres Landes nicht lebendig vor meine Füße geschleppt habt, wie es ein folgsames Kätzchen mit einer Maus tun würde?«
Sie runzelte die Stirn. »Äh … ja?« Sie zog die Nase kraus. »Irgendwie klingt das merkwürdig, nicht wahr?«
Georges Gelächter drohte Forsythe aufzuwecken. Alicia lächelte, aber in ihrem Innern wünschte sie sich, die Fahrt wäre endlich vorüber. Je schneller sie mit Millie und Garrett London verlassen konnte, desto schneller konnte sie sicher sein, Stanton nie wieder zu begegnen.
Carlton House, die königliche Residenz, war natürlich herrlich, und Georges Diener waren überaus freundlich und fürsorglich. Garrett war im Himmel und Millie, die George sofort zu Alicia hatte bringen lassen, war außer sich. Alicia wurde bedient, verwöhnt und von Georges Leibarzt untersucht.
Ein Brief von Alberta kam an, in dem sie ihre große Leidenschaft für Lord Farrington und ihre baldige Vermählung mit ihm bekannt gab. Auch Antonia schrieb ihr, einen steifen, aber freundlichen Brief, der weder Schuldzuweisungen noch eine Entschuldigung enthielt. Den Eltern ging es gut. Vater würde Farrington bald um einen Kredit ersuchen und so weiter.
Alles war gut. Ihre Wunde verheilte rasch. Alles, was vor fünf Jahren schiefgegangen war, wurde jetzt wieder geradegerückt. Alicia hätte glücklich sein müssen.
Doch schien sie ihr Herz in Sussex gelassen zu haben, denn sie konnte keinerlei Anzeichen dafür fühlen, dass es noch in ihrer Brust schlug. Sie durchlebte die nächsten Tage in einem Zustand tauber, gefügiger Gleichgültigkeit. An dem Abend, als George die Party für sie gab, ließ sie sich von Garrett ankleiden und ihn und Millie zehn Minuten darüber streiten, welche Frisur sie ihr machen sollten, bevor sie sich einmischte.
Sie ging zu dem Empfang und meinte sich aus einiger Entfernung selbst dabei zu beobachten. George und seine aktuelle Mätresse, eine große, vollbusige Frau, die Alicia mit einer herzlichen, vollbusigen Umarmung
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