Gefährliches Begehren
holte tief Luft und erlaubte seinen Schultern, sich ein klein wenig zu entspannen.
Janes Gesellschaft war ziemlich beruhigend, zumindest wenn sie allein war. Sie hatte nie darüber gesprochen, aber er wusste, dass ihr sein Ruf vollkommen egal war. Stanton kam der Gedanke – den er bereits viele Male zuvor gedacht hatte -, dass er in seiner Jugend gerne mehr mit jungen Damen wie Jane zu tun gehabt hätte, mit vernünftigen Damen, die über gesunden Menschenverstand und starke Nerven verfügten.
Na ja, vielleicht nicht so starken Nerven, wie die Person, die ihm heute ihre Aufwartung gemacht hatte. »Sie kam heute Morgen in mein Haus, um mich und die Männer im Allgemeinen zu beschimpfen«, erzählte er Jane. »Und mit verstörenden politischen Neuigkeiten.«
Janes Blick hellte sich weiter auf. »Ein neuer Fall für mich?«
»Nein!«
Diese deutliche Absage erklang sowohl aus Stantons Kehle als auch aus dem Türrahmen in seinem Rücken.
Hatten Janes Augen vorher geglänzt, so strahlten sie jetzt, als sie den Blick auf den Neuankömmling hob. »Hallo, Darling.«
Stanton stand nicht auf, er drehte sich nicht einmal um. »Hallo, Damont.«
Ethan Damont, der Diamant, früherer unnützer Betrüger beim Kartenspiel und inzwischen geradezu aufreizend nützlicher Spion, trat zu ihnen und setzte sich auf die Armlehne von Janes Stuhl. Da Ethan ein ziemlich großer Kerl war, knarrte der Stuhl protestierend. Damont hauchte einen Kuss auf den Scheitel seiner Frau und wickelte sich eine widerspenstige Strähne ihres erdbeerblonden Haars um den Finger.
In Stantons Augen hatte die Geste nichts Besitzergreifendes an sich, sondern vermittelte eher den Eindruck, dass er so verrückt nach seiner Frau war, dass er einfach nicht die Finger von ihr lassen konnte.
Stanton selbst war ungeheuer stolz auf seine brillante Kusine. Etwas weniger zufrieden war er mit der Wahl ihres Partners, obschon er sich oft, ja fast täglich vor Augen führte, dass Ethan bisher einen geradezu vorbildlichen Ehemann
abgab. Vielleicht war es deshalb gerecht, dass auch Damont Stanton nicht besonders gut leiden konnte.
Gerade jetzt beobachtete ihn Ethan aus zusammengekniffenen Augen. »Jane, ich komme einfach nicht mit dem Koch zurecht. Was auch immer ich ihm sage, scheint zum einen Ohr rein und zum anderen wieder rauszugehen. Er hört nur auf dich.« Er seufzte. »Ich vermisse meine alte Köchin.«
Stanton schnaufte. »Eure alte Köchin war ein Mitglied des Liar’s Club. Ihr Auftrag war es, Euch zu beschatten.« Das hätte nach Stantons Ansicht ruhig bis in alle Ewigkeit fortgesetzt werden können, doch er bemerkte: »Sie hat jetzt Wichtigeres zu tun, als Hefekuchen für Euch zu backen.«
Ethan seufzte. »Oh, aber ihr Hefekuchen …«
Jane tätschelte ihm den Handrücken und erhob sich. »Ich kümmere mich für dich um Boxer, Schatz. Bist du immer noch auf diese kleinen Zitronenteilchen aus?«
Ethan nickte eifrig. »Ja, bitte.«
Jane lächelte Stanton an. »Ich bin gleich zurück, nachdem Ethan sein Schwätzchen mit dir gehalten hat.« Sie warf ihrem Mann einen wissenden Blick zu. »Das war nicht gerade subtil, mein Schatz. Ganz und gar nicht.«
Ethan zuckte die Achseln. Dann ergriff er die Gelegenheit und ließ sich in den frei gewordenen Stuhl gleiten.
Stanton war sich nie ganz sicher, was er von dem respektlosen Kartenspieler halten sollte, der die unbeugsame Jane erobert hatte und im Gegenzug höchst wirksam von ihr eingewickelt worden war. Ethan hatte keinen Respekt vor Autorität, was sich schon allein darin zeigte, dass er den Prinzregenten in dessen Anwesenheit als »alten Knacker« bezeichnet hatte. Er kannte keine Zurückhaltung oder gesellschaftliche Bedenken, aber seine Effektivität stand außer
Frage. Denn wer würde schon einen ehemaligen Hochstapler, der über seinem eigenen gesellschaftlichen Rang geheiratet hatte, für ein gefährliches Mitglied der Spionageabwehr halten?
Stanton hatte sich nicht wirklich in Ethan getäuscht. Der Mann war ohne Skrupel und ohne Ehre. Und doch hatten diese eher zwielichtigen Tendenzen ihn zu einem wertvollen Mitglied des Liar’s Club werden lassen, jenes Rings von Spionen und Kriminellen, der für die Royal Four arbeitete.
Doch Stanton gab sich keinen Illusionen hin, dass die Katze das Mausen lassen könnte. Nur seine überwältigende Verehrung für Jane hielt diesen bestimmten Kater davon ab, weiterhin auf die Jagd zu gehen.
Stanton verspürte einen Anflug von Neid angesichts Ethans
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