Gefaehrten der Finsternis
VORGESCHICHTE
D ER ERSTE TAG war ein Tag voller Sonne. Es war auch nicht der erste Tag, denn Abertausende von ihnen waren bereits vergangen, dahingeglitten unter den stummen Blicken derer, die sich im Schatten der Bäume verbargen. Überliefert in Erinnerungen, die für die Ewigkeit geschaffen wurden, um das Gedächtnis an jede verlorene Sekunde zu bewahren. Doch das konnten die Ersten nicht wissen, und deshalb nannten sie ihn den ersten Tag, nachdem die erste Nacht sie gelehrt hatte, was ein Tag und was eine Nacht überhaupt waren.
Die Ersten mussten noch viel lernen und das wussten sie auch. Binnen eines Herzschlags hatten sie in einer Welt die Augen aufgeschlagen, von deren Existenz sie nie zuvor etwas geahnt hatten. Und das, ohne sich zu erinnern, dass diesem Erwachen überhaupt ein Schlaf vorangegangen war. Sie wussten, dass sie lebten, dass sie Männer und Frauen waren, und sie unterhielten sich in einer Sprache, die sie kannten, ohne dass sie ihnen jedoch beigebracht worden wäre. Sie trugen Kleider, die sie nicht selbst gewebt hatten, und rotgoldene Anhänger, die ihnen eine unbekannte Hand angelegt hatte, hingen an Ketten um ihren Hals. Und jeden Augenblick entdeckten sie in dieser Welt, in die sie von irgendwoher hineingefallen waren, etwas Erstaunliches.
Allem und jedem gaben sie Namen. Sie waren neugierig darauf,
sich selbst zu entdecken, und verwundert, dass sie einander bereits kannten. Sie gaben der Sonne einen Namen, dem Mond, den Tieren und Pflanzen, dem Meer und dem Himmel, und als sie dann ihre Stadt bauten, mit weißen Türmen, die in den Himmel emporragten, gaben sie auch ihr einen Namen und nannten sie Dardamen, die Weiße Hauptstadt. Nur für den Tod hatten sie keinen Namen, denn wer auch immer sie in diese Welt geschickt hatte, hatte sie unsterblich erschaffen. Sie kannten den Tod nicht.
Sie waren zwanzig an der Zahl, zehn Männer und zehn Frauen, und indem sie untereinander heirateten und Kinder bekamen, begründeten sie ihr Volk. Sie lebten in einer Welt, die sie sich nicht gewaltsam erobern mussten, weil sie nur darauf gewartet zu haben schien, dass jemand von ihr Besitz ergriff. Und als ihre Kinder heranwuchsen, begannen sie, diese Welt zu erforschen. Sie zogen in alle Himmelsrichtungen, und auf ihrem Weg entdeckten sie, dass es Flüsse,Wälder, Berge und Wüsten gab. Sie bauten andere Städte und bevölkerten sie mit neuen Familien. Und so entstand und wuchs ihr Königreich, ohne dass die Ersten Zeit hatten, es zu bemerken. Und mit dem Einverständnis aller ernannten sie schließlich ihren Ersten König.
Damals nannten sie sich einfach das Volk, denn sie konnten sich nicht vorstellen, dass es außer ihnen noch andere Völker gab, und sie glaubten, ganz allein auf der Welt zu sein.Auch zählten sie die Tage nicht, da sie meinten, die Zeit würde bis in alle Ewigkeit weiterlaufen und ihr Leben würde immer so glücklich und fruchtbar sein wie jetzt. Sie beteten zu den Göttern, die sie kannten, obwohl ihnen niemand von ihnen erzählt hatte, und zu dem einen Gott, der sie alle erschaffen hatte. In jener Zeit waren die Ersten den Göttern ähnlich, die für sie wie ältere Geschwister waren. Sie gingen spielerisch mit ihrer Zauberkraft um und schufen wunderbare Dinge, obwohl sie das niemand gelehrt hatte.
Dann entdeckten sie eines Tages die Feen im Wald, und von da an wussten sie, dass sie weder die ersten noch die einzigen Lebewesen
auf dieser Welt waren. Und sie bemerkten, dass die Feen weiser waren als sie und so viel mehr kannten, und da die Ersten immer wissbegierig waren, baten sie die Feen, sie zu unterweisen. Mit der Zeit erfuhren die Ersten vom Schicksal der Welt und dem Willen der Götter, an dem die Feen teilhatten, und sie lernten, dass man einen Spalt in der Zeit öffnen und so einen Augenblick lang in die Zukunft sehen konnte. Und genauso freundlich, wie die Feen sie aufgenommen hatten, nahmen sie die jüngeren Völker auf, die in den folgenden Jahrhunderten auf der Welt entstanden waren: Zentauren, Kobolde, Goblins und die vier Gnomenstämme - Pixies, P’shog, Ka-da-lun und Fey - und schließlich auch das Volk, das ihnen am meisten ähnelte, die Sterblichen. Als sie sich mit ihnen verglichen, lernten die Ersten, dass die anderen Völker sterblich waren, und so nannten sie sich die Ewigen, weil ihr Volk den Tod nicht kannte - und ihr Leben niemals endete.
Das waren glückliche Zeiten, in denen es keinen Krieg gab und die Völker sich nicht vorstellen konnten, einander zu
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