Gefällt dir, was du siehst?
fragte der Barmann.
„Weniger als ich möchte“, sagte Saskia. „Mehr als er denkt.“ Dann wandte sie sich direkt an mich. „Und, Mike – was trinkst du?“
„Nichts“, mischte sich der Barmann ungefragt ein. „Morgen ist doch Schule.“
„Verstehe“, behauptete Saskia. „Für ihn das gleiche wie für mich.“
Ich fand immer noch nicht den Mut, sie anzusehen, aber immerhin meine Stimme wieder. „Ich kann allein entscheiden, was ich trinke und was nicht, Frau Groß.“ Ein trotziges Kind hätte sich vermutlich nicht viel anders angehört. Warum konnte dieser Horrorabend nicht einfach vorbei sein?
Sie wartete, bis der Barmann zwei Gläser vor uns abstellte, und sagte dann, als würde sie es darauf anlegen, dass er es hörte: „Wer für mich kommt und mir am nächsten Tag beim Ficken zusieht, nennt mich in der Regel Saskia, Mike.“
Mit einer gewissen Befriedigung registrierte ich, dass der Barmann mir einen eindeutig neidischen Blick zuwarf.
„Und, schon fertig?“, verpasste ich ihr dennoch eine Breitseite.
„Du weißt doch aus eigener Erfahrung, dass es manchmal schneller geht, als man denkt“, konterte sie; ich konnte das Lächeln in ihrer Stimme hören. „Du hättest dazukommen sollen.“
„Als Nummer drei?“ Ich stieß gegen meinen Willen ein kleines Lachen aus. „Du musst dich für unwiderstehlich halten.“
„Tust du das nicht?“
„Eindeutig nicht.“ Oh, Pinocchio , höhnte meine Hinterkopfstimme, du weißt doch, was nun passiert …
„Und warum lauerst du mir dann hier auf?“
„Ich lauere nicht, ich sitze hier. Und die Frage sollte wohl besser ich stellen – ich bin hier, weil ich nicht im Regen stehen wollte.“
Sie lachte leise. „Nun, Mike, man könnte denken, dass du das sehr oft tust. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich wohne eine Straße weiter. Daher kennen Nico und ich uns auch.“
Ich warf dem Barmann einen Blick zu. „Noch ein Fickfreund von dir?“
„Manchmal. Nicht so oft wie er will. Er sagt, er mag mich. Ich mag … eine andere Art Mann.“ So leichthin sie dies sagte, so klar war auch, dass sie damit einen Kanonenschlag abfeuerte. Ich merkte, wie sich mein Schwanz freudig regte.
„Was ist das?“ Ich deutete auf das Glas.
„Gimlet. Mit Gin, nicht mit Wodka – ich hoffe, du magst ihn so?“
Ich könnte aufstehen und gehen. Das wäre vernünftig. Morgen ist Schule.
Ich griff nach dem Glas, drehte mich auf dem Hocker in ihre Richtung und stieß mit ihr an. „Interessant. Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass es darum geht, was ich mag.“
Sie ließ mich nicht aus den Augen, während sie einen Schluck nahm. „Hat es dir nicht gefallen?“
Mir gefiel auf jeden Fall, was ich jetzt sah. Himmel, diese Frau war wirklich der Hammer. Ihre Haare hatten sich durch den Regen gelockt und schimmerten feucht. Das Blau ihrer Augen provozierte viele kitschige Vergleiche, von denen zu befürchten stand, dass ich sie aussprechen würde, wenn ich das Glas erst geleert hätte. Ihr Gesicht wirkte nun, als sie mich einfach nur freundlich lächelnd ansah, liebenswert und auf eine unschuldige Art anziehend – obwohl ich wusste, dass dahinter ein Raubtier schnurrte.
„Mir gefällt, was ich einschätzen kann.“
„So wie deine Abteilung? Die grauen Mäuse, die dich als nett und kompetent loben, aber hinter deinem Rücken einen lahmen Furz nennen, genau wie die Jungspunde wie Gregor, denen du die Arbeit abnimmst, anstatt ihnen so lange einen Einlauf zu verpassen, bis sie es selbst können?“
Ich merkte, wie ich ärgerlich wurde. „Was bildest du dir eigentlich ein?“
Sie trank ihr Glas leer – die Frau hatte den Zug eines Matrosen auf Landgang –, zeigte dem Barmann mit einer Geste, dass er die nächste Runde bringen sollte, und wandte sich erst dann wieder an mich. „Ich bilde mir ein, dass ich eine gute Menschenkenntnis besitze. Und du, mein Freund, bist nicht glücklich.“
Ich schnaufte auf. „Und du weißt das, ja? Wie kommst du eigentlich dazu?“
„Weil ich Augen im Kopf habe, Mike.“ Ihre Stimme klang ganz ruhig; jede Angriffslust war aus ihr gewichen. „Ich sehe einen Mann, der es allen recht machen will: seiner Chefin, seinen Mitarbeitern, seiner Freundin.“
„Was weißt du von …“
Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. „Ich sehe einen Mann, der vergessen hat, was er einmal war– ein Kerl, Mike. Ein Ficker, wenn du willst. Einer, der sich nimmt, was er will und das Leben genießt, statt das der anderen auf seine Kosten
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