Gefangene der Leidenschaft
so aufgelöst zu sehen. So lange sie zurückdenken konnte, hatte Brenna jedem Sturm ruhig ins Auge geblickt. „Ich kann nicht schlafen bei dem Gedanken, dass in den Mauern unserer Burg Engländer lagern.“
„Ja“, stimmte Brenna ihr zu und sah wieder zu dem Mann
hin, der im Garten umherwanderte. „Mir geht es genauso.“ Megan durchquerte den Raum, blieb neben ihrer Schwester stehen und folgte ihrem Blick. „Ist das nicht ihr Anführer?“ fragte sie.
Brenna nickte.
„Warum lässt du es zu, dass er unbewacht umherläuft? Wenn er nun die Tore öffnet und den Rest seiner Truppe hereinlässt?“
„Er ist mit einer Friedensbotschaft von Königin Elizabeth zu uns gekommen.“
„Und das glaubst du ihm?“
Brenna zuckte mit den Schultern. „Ich bin noch unentschieden, was ich Morgan Grey glauben und was ich von ihm halten soll.“
Der Unterton in Brennas Stimme überraschte Megan. Ärger war es nicht. Es war etwas anderes, was sie nicht deuten konnte. „Und wie gedenkt die englische Königin den Frieden herbeizuzaubern?“
„Indem sie Ehen zwischen Schotten und Engländern arrangiert, wobei sie vor allem an uns hier im Grenzland denkt.“ „Lieber Gott im Himmel!“ Megan fasste ihre Schwester erschrocken am Arm. „Bedeutet das, dass wir beide gezwungen werden, Engländer zu heiraten?“
„Nein!“ Brenna konnte den Gedanken nicht ertragen, ihre Schwester einer politischen Idee zu opfern. Und was sie selbst anging - dem Oberhaupt der MacAlpins konnte niemand befehlen, was es zu tun hätte. „Ich würde jeden Preis für einen Frieden bezahlen, aber diesen nicht.“ Ihre Stimme wurde weicher, und ihre Augen bekamen einen verträumten Ausdruck. „Ich erinnere mich, wie unser Vater Mutters Tod betrauerte. Ihre Liebe war tief und echt. So wie die Liebe, die unsere Schwester Meredith für Brice empfindet, ihren geliebten Highlander.“ Megan nickte und lächelte versonnen. „Und niemand hätte je gedacht, dass sie ihr Herz diesem Barbaren schenken würde. Einem Fremden.“
„Es ist nicht von Bedeutung, dass Brice Campbell keiner von uns ist. Er liebt Meredith und verehrt sie, so wie Vater unsere Mutter geliebt hat. Nichts anderes kommt für mich infra-ge.“ In Brennas Augen brannte eine Entschlossenheit, die ihre Schwester mit neuer Zuversicht erfüllte. Jetzt wusste sie, dass sie auf Brenna zählen konnte. Sie würde im Angesicht der Gefahr stark bleiben.
„Ich schwöre dir, Megan, ich werde mich erst für einen Mann entscheiden, wenn mein Herz mir sagt, dass es wahre Liebe ist.“ Sie breitete die Arme aus und drückte ihre Schwester an die Brust. „Wir müssen uns selbst und unseren Leuten treu bleiben“, murmelte sie. „Was geht uns die englische Königin an?“
Morgan Grey erwachte übel gelaunt. Trotz der weichen Daunenkissen hatte er schlecht geschlafen. Weiche Daunen brauchte er nicht und auch kein warmes Bett. Er brauchte neben sich den weichen, warmen Körper einer Frau. Einer Frau mit einer schlanken Figur, mit einem schönen Gesicht, mit schwarzem Haar und einer Stimme, die sein Herz wärmte. Einer Frau wie ...
Nein. Er wollte nichts von alldem. Nicht von dieser Schottin. Er wollte nur fort von hier, fort von der Frau, die sein Blut in Wallung brachte.
Sie war alles andere als die Sorte Frau, deren Gesellschaft er normalerweise suchte. Er zog die drallen Weibsbilder in den Tavernen vor, die gern über einen derben Witz lachten und sich nicht zierten, wenn ein Mann sich ihnen näherte. Oder auch die bereitwilligen Damen an Elizabeths Hof, die sich für die Männer aufputzten und sich in der Kunst verführerischer Liebesspiele verstanden.
Bei jener Art Frauen brauchte man keine Fallstricke zu befürchten, denn sie suchten nichts als ein flüchtiges Vergnügen. Liebe erwarteten sie nicht, und deshalb gefiel Morgan ihre Gesellschaft. Er hatte nicht die Absicht, sein Herz zu verlieren, damit er enttäuscht wurde. Nicht noch einmal. Nie wieder.
Er kleidete sich an und ging rasch hinaus, um die Quartiere seiner Leute zu inspizieren. Ausnahmsweise hörte er sich die Beschwerden der Männer geduldig an. Sie beklagten sich über die harten Lager, über das ungewohnte Essen, über die schlechte Unterbringung der Pferde. Normalerweise hätte Morgan sie wegen ihrer lächerlichen Nörgeleien gerügt, aber heute ließ er sie ohne Zurechtweisung lamentieren. Er fand die Gesellschaft seiner Soldaten weit angenehmer als die Aussicht, mit der Herrin der MacAlpins die Morgenmahlzeit teilen zu
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