Gefangene der Welten: Weltentrilogie Bd.1 (German Edition)
Doch wie sollte sie die Schnüre an ihrem Rücken ohne Hilfe lösen? Das würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen und sie würde es bedauern, solch ein Meisterwerk der Schneiderei zu zerstören. Nein, das kam nicht in Frage. Doch was konnte sie tun? Hastig raffte sie das Kleid und eilte auf die Tür zu. Maria hatte sie nicht verschlossen. Aufgeregt drückte Sydney die Klinke herab und zog die schwere Tür auf. Ein Mann, offenbar ihre Wache, stand an der Wand gelehnt und beobachtete sie geduldig. Lächelnd zog Sydney die Tür ganz auf. Würde er sie weitergehen lassen? Sydney war versucht, es darauf ankommen zu lassen, und trat über die Schwelle in den Flur. Die Wache betrachtete sie von oben bis unten gänzlich ungeniert und Sydney bekam das unsichere Gefühl, dass dieser Mann durchaus in der Lage wäre, sie aufzuhalten. Zögernd hielt sie inne. „Sollen Sie mich bewachen?“ Langsam nickte der Mann. „Und wenn ich nun aber fortlaufe?“ Dies entlockte dem Mann ein müdes Schulterzucken. Demonstrativ griff er zur Schwertscheide, die locker an seiner Hüfte baumelte. Kein Muskel in seinem Gesicht rührte sich. Sollte sie es wagen und losrennen?
Blödsinn,
mahnte sie sich,
der Gorilla wäre sofort hinter mir her und würde vermutlich nicht zögern mit seinem Schwert auf mich einzudreschen
. Ein weiterer Gedanke schloss sich sogleich an.
In diesem Aufzug wirst du dich diesmal wohl kaum auf einen der Karren schleichen können
. Zerknirscht hob sie die Hände. „Schon gut, ich bleib‘ hier drin.“ Etwas leiser fügte sie hinzu: „Mir bleibt ja offenbar keine andere Wahl.“ Der Wächter entspannte sich und verschränkte die Oberarme vor der Brust. Leise schloss Sydney die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Die Überzeugung, dass man sie nie finden würde, drang an die Oberfläche und resigniert ließ sie ihre Schultern fallen.
Als Maria keine fünf Minuten später mit einem dampfenden Tablett auftauchte, lag Sydney im Bett und überlegte, welche Chancen zur Flucht ihr noch blieben.
Schmunzelnd beugte sich Lan’tash zu Damian.
Sie saßen in Lan’tashs Bibliothek und genossen einen Becher guten Whisky miteinander. „Glaub‘ mir, mein Junge, lässt du einmal zu, dass du unter dem Pantoffel stehst, so wird dich das euer gesamtes Zusammenleben begleiten.“ Damian grinste. Sein Mentor füllte den Becher nun schon zum weißgottwievielten Male und es war offensichtlich, dass der Mann längst nicht so viel Alkohol vertrug wie es einst der Fall war. „Ich danke für Euren Rat, mein Herr. Ich glaube, wir sollten jetzt an die frische Luft gehen und auf den Whisky verzichten.“ Wankend erhob sich Lan’tash und von seinem Sessel. „Natürlich! Heute ist dein besonderer Tag. Da sollte ich mich nicht im Voraus betrinken.“ Lan’tash setzte seinen Becher ab und trat auf die Tür zu.
„Wie geht es ihr?“ Sie verließen das Gemäuer und schritten auf die Bank im Garten zu, auf derer Damian bereits mit Sydney Platz genommen hatte. „Als ich sie zuletzt sah, war sie gesund und munter.“ Lan’tash nickte. „Ich schätze, mehr können wir von ihr nicht erwarten zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Wünscht sie noch immer zurückzukehren?“ Damian warf Lan’tash einen Blick zu. „Himmel, ja! Sie ist wahrhaft widerspenstig!“, entfuhr es ihm. „Ich kann ihre Lage verstehen. Doch ich frage mich, wie ich ihr Herz erwärmen kann? Ich habe nicht vor, unsere Hochzeitsnacht unter Zwang zu vollziehen!“ Nach einem Moment seufzte Lan’tash tief und sagte: „Du hast es nicht einfach, mein Sohn.“ Damian stimmte mit einem spöttischen Schnauben zu. „Du darfst keine Wunder erwarten, Damian. Ich bin sicher, sie empfindet in ihrem tiefsten Inneren ebenso wie du. Du musst nur diese tiefen Gefühle ausgraben. Sie versucht, den Abstand zu dir zu wahren, doch spätestens heute Nacht wird ihr dies nicht mehr von Nutzen sein. Spätestens dann muss sie sich ihren Empfindungen stellen.“ Ächzend stand Lan’tash wieder auf. „Ich bin müde, mein Sohn. Begleitest du einen alten Mann zurück, damit ich mich etwas ausruhen kann, ehe die Zeremonie beginnt?“ Sogleich erhob sich Damian und erwiderte mit einem Nicken: „Selbstverständlich…“, er zögerte kurz, „…Vater.“ Unsicher blickte er Lan’tash an. Dieser sagte nichts, sondern drückte den dargebotenen Arm des Jüngeren etwas fester und Damian sah, wie ein warmes Lächeln über die Züge des Mannes glitt.
Hungrig löffelte Sydney den Brei in ihrem Mund. Sie
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