Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
bestellen. Er hatte sie für ein Latte-Girl gehalten, doch sie wollte einen Espresso, schwarz. Er war beeindruckt und bestellte sich dasselbe. Sie hielt ihre Kreditkarte hoch und formte mit dem Mund das Wort Danke.
»Es war mir ein Vergnügen. Oben gibt es einen Kamin.«
»Mitten im Sommer?«
»Na ja, das ist ein Gaskamin, sie lassen ihn das ganze Jahr über brennen. Es ist wirklich nett dort.«
Im ersten Stock ließen sie sich auf ein Ledersofa fallen, stellten ihre Kaffeebecher auf den Tisch und blickten dann einige Zeit in die lodernden Flammen. Um sie herum saßen Studentenpärchen, wahrscheinlich aus dem Marymount College, die ihre Köpfe über ihre Laptops beugten und kaum einmal aufschauten, um einen Schluck aus ihren Bechern zu nehmen.
»Waren Sie schon immer so ernst?« Sie sprach ganz leise, damit niemand sie belauschen konnte.
»Ich habe überhaupt nichts ernst genommen, bis ich zur Navy kam.«
»Und jetzt sind Sie immer so ernsthaft.«
Er grinste und griff nach seinem Kaffee. »Also, wie viel wissen Sie?«
»Mehr als Sie denken.«
»Ich rede von Samad.«
»Und ich habe über Sie geredet.«
»Jetzt im Ernst, Sie hätten den Ausdruck auf seinem Gesicht sehen sollen, als er in Belize das Flugzeug erblickte.«
»Was meinen Sie?«
»Die Israelis haben sich bereit erklärt, ihn auszufliegen. Mit einem El-Al-Flugzeug. Mit einem großen Davidstern auf dem Heck. Er ist fast ausgerastet, als ob wir ihn mit Taufwasser bespritzt hätten.«
»Wir haben doch keine ›Black Site‹ in Israel, oder?«
Er grinste. »Black Sites? Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
Sie schmunzelte. »Also, wohin haben wir ihn gebracht? Ich habe nichts herausgefunden, und niemand will etwas sagen. Ich meine, sie haben bisher ja nicht einmal die Öffentlichkeit informiert! Das ist absolut verrückt!«
»Ehrlich gesagt, habe ich auch keine Ahnung, wo er ist. Ko g ˇ alniceanu in Rumänien, Stare Kiejkuty in Polen und Diego Garcia scheiden aus. Dort gibt es zu viele fremde Augen und Ohren. Vielleicht haben sie ihn auf ein Schiff gebracht. Das haben wir schon einmal gemacht.«
»Man erzählt sich, dass man nicht einmal die ›Special Task Force‹ des Präsidenten benachrichtigt hat. Nur etwa ein Dutzend Leute auf dieser Welt wissen Bescheid.«
Moore stimmte zu. Natürlich würde auch er ihr nicht alle Einzelheiten erzählen. »Nach allem, was nach dem 11 . September schiefgegangen ist, wollen sie dieses Mal alles richtig machen. Sonst würden bestimmt einige Medien zu jammern anfangen, dass wir Samad in ein geheimes CIA -Gefängnis gebracht hätten, wo er jetzt gefoltert werde.«
»Also wird Samad gerade an einem unbekannten Ort verhört, und einige Leute in der Regierung wollen uns glauben machen, dies untergrabe das Vertrauen der Öffentlichkeit in unser Rechtssystem.«
»Was denken Sie darüber?«
»Ich denke, Sie hätten diesen Motherfucker töten sollen, als Sie die Gelegenheit dazu hatten.«
»Wow.«
»Ich bin überrascht, dass Sie das nicht getan haben.«
»Es hat mich in den Fingern gejuckt – aber er hat Informationen, die wir unbedingt brauchen.«
»Also … haben Sie meine Akte gelesen?«
Er schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Wenn ich Nein sage, werfen Sie mir vor, dass ich lüge. Wenn ich Ja sage, halten Sie mich für einen Stalker.«
Sie nippte an ihrem Kaffee. »Es ist mir egal, ob Sie die Akte gelesen haben. Meine Eltern sprechen nicht mehr mit mir wegen der Entscheidung, die ich getroffen habe. Mein Vater hält Rojas immer noch für einen großen Mann. Sie wissen ja, dass ich ganze zwei Jahre dort im Einsatz war.«
»Ich mag gar nicht daran denken, wie Sie sich danach fühlen müssen.«
Sie nickte und holte ihr Handy heraus, als ob sie das Thema wechseln wollte. »Hm, sehen wir mal, was ich hier über Sie habe. Ich war überrascht, dass jemand Sie von der Defense Intelligence Agency weglocken konnte und dass Sie Ihren Militärdienst hingeschmissen haben. Sie hätten eigentlich das Navy Cross bekommen sollen, doch dann wurde die Auszeichnung zu einem Silver Star heruntergestuft.«
»Darüber möchte ich nicht reden. Nur so viel: Damals begannen sich meine Wege und die der Navy zu trennen. Ich werde immer ein SEAL bleiben, aber diese Militärbürokratie, die immer mehr wucherte, ging mir einfach auf den Geist. Außerdem hatte ich auch noch ein paar andere Sachen am Köcheln.«
»Trotzdem haben sie Sie zum ›Point‹ geschickt, oder? Ich habe bereits drei Mal beantragt, dort
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