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Gegensätze ziehen sich aus

Titel: Gegensätze ziehen sich aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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gezwungen waren zu beißen.
    »Und jetzt, liebe Kinder, lockern wir mal unsere Unterkiefer und rufen alle zusammen: Blö-der Af-fen-arsch! Ja, toll, das könnt ihr doch schon sehr gut. Und noch einmal alle: Bio ...«
    »Zu Punkt eins«, sagte Frau Siebeck, und die Hälfte der Anwesenden seufzte tief. Wie immer, wenn ein neues Kindergartenjahrbegonnen hatte, stand die »Getränkefrage« auf der Tagesordnung. Die neuen Eltern wurden darüber informiert, dass es ganz und gar verboten war, dem Kind Flüssiges von zu Hause mitzugeben, erst recht dann, wenn es sich um Apfelsaft handelte.
    »Die Kinder bekommen hier ungesüßten Früchtetee oder Wasser so viel sie wollen«, sagte Frau Siebeck. »Es ist nicht gut für das Gemeinschaftsgefühl, wenn jedes Kind etwas anderes in einer eigenen Trinkflasche mitbringt.«
    Es entspann sich die übliche Diskussion darüber, ob man, um drohender Dehydrierung entgegenzuwirken, der armen, den Geschmack von purem Wasser nun mal seit der Geburt verabscheuenden Ella nicht wenigstens Apfelschorle anbieten könne, wenn sie verspräche, immer direkt die Zähne zu putzen, und dass Kombucha-Getränke nachweislich die Konzentration förderten, während man so etwas von Früchtetee noch nie gehört habe, und so weiter und so weiter.
    Meine Freundin Anne, die Mutter von Julius' Freund Jasper, grinste mir von der gegenüberliegenden Seite des Stuhlkreises aus zu und verdrehte die Augen. Sie trug wie immer ausgebeulte Jeans, und auf ihrem T-Shirt prangte ein heller Fleck, vermutlich Zahnpasta. Ihre braunen Locken hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und sie war ungeschminkt. Das heißt, am Morgen hatte sie sicher Wimperntusche aufgetragen, diese aber im Laufe des Tages rund um die Augen verteilt, bis nur noch ein schwacher, dunkelgrauer Schatten zu sehen war. Im Kontrast zu ihrer extrem nachlässigen Aufmachung registrierte ich aber ein Paar brandneue silberne Riemchensandaletten mit einem anmutigen Absatz.
    »Apfelschorle enthält jede Menge Calcium«, sagte Ellas Mutter. »Was wiederum sehr wichtig für Ellas Knochenwachstum ist.«
    Frau Siebeck sagte, dass es Ella und den anderen Kindern freistünde, am Nachmittag so viel Apfelschorle und Kombucha-Getränke zu sich zu nehmen, wie sie wollten, und Frauke Werner-Kröllmann, die Vorsitzende des Elternrates, sagte: »Der Früchtetee ist aus biologisch-dynamischem Anbau.«
    Das schien Ellas Mutter und den Mann, der für die Einführung von Kombucha plädiert hatte, ein wenig zu besänftigen.
    »Aber Elton mag nur Capri-Sonne«, sagte eine Frau, deren Popo ein wenig zu groß für das Kinderstühlchen war.
    Ein Raunen ging durch die versammelte Elternschaft. Hatte die Frau wirklich Capri-Sonne gesagt? Frauke Werner-Kröllmann griff sich an ihren kugelrunden Bauch, gut möglich, dass der Schock über das Gehörte vorzeitige Wehen ausgelöst hatte. Selbst Frau Siebeck schien den Faden verloren zu haben. Capri-Sonne - das war in all den Jahren noch nie vorgekommen.
    Schweigen dehnte sich im Raum aus, und die Elton-Mutter rutschte unruhig auf ihrem Stühlchen hin und her.
    »Dann wird Elton eben lernen, etwas anderes als Capri-Sonne zu trinken«, sagte die Frau, die rechts neben mir saß, in energischem Tonfall. »Und ich wäre sehr dankbar, wenn wir nun endlich zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehen könnten, denn ich habe nur bis halb zehn einen Babysitter.«
    »Aber ...«, sagte Eltons Mutter.
    Meine energische Nachbarin fiel ihr ins Wort: »Kein aber! Capri-Sonne ist schlecht für die Zähne, also seien Sie froh, dass das Kind hier im Kindergarten die Gelegenheit hat, seine schlechte Angewohnheit abzulegen. Wenn wir jetzt bitte fortfahren dürften! «
    Eltons Mutter schlug eingeschüchtert die Augen nieder, und der Kombucha-Mann klatschte Beifall. Auch ich war schwer beeindruckt.
    Während Frau Siebeck über das anstehende Herbstfest redete und nach Freiwilligen für den Ausschank der Kürbissuppe fragte, beugte ich mich zu meiner Nachbarin hinüber.
    »Das haben Sie gut gemacht«, sagte ich. »Normalerweise dauert die Getränkediskussion bis nach neun. Und dann geht das Gleiche noch mal mit den Brotbelägen los, und die Elternschaft teilt sich in Gegner und Befürworter der Bärchenwurst.«
    Die Frau schnaubte durch ihre Zähne. »Mit solchen Diskussionen verschwendet man nur meine kostbare Zeit. Ich bin für klare Ansagen und das Einhalten von Regeln.« Sie streckte mir ziemlich zackig ihre Hand hin. »Gestatten: Hitler!«
    Ich

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