Geh@ckt: Wie Angriffe aus dem Netz uns alle bedrohen. Ein Agent berichtet (German Edition)
nachvollziehbar, dass unter befreundeten Ländern relevante Daten ausgetauscht werden, es ist jedoch inakzeptabel, wenn Terrorabwehr zum vorgeschobenen Grund heimlicher Online-Durchsuchungen und von Wirtschaftsspionage wird. Das Gute an Demokratien ist, dass sie die Kraft besitzen, solche Missstände aufzuzeigen und zu beseitigen. Deshalb darf man mit Zuversicht davon ausgehen, dass es zumindest in demokratischen Ländern weiterhin ein freies Internet geben wird. Man darf aber auch davon ausgehen, dass Geheimdienste weiterhin versuchen werden, an alle nur verfügbaren Informationen heranzukommen. Allerdings muss man auch darauf vertrauen können, dass dies unter rechtsstaatlichen Bedingungen geschieht.
Wichtig ist es, dieses erschütterte Vertrauen wiederherzustellen. Dazu müsste man über den tatsächlichen Ist-Zustand Klarheit schaffen:
Hört die NSA auch zum Zweck der Wirtschaftsspionage Leitungen ab?
Werden Daten aus der Überwachung an Wirtschaftsunternehmen weitergegeben?
Welche politischen Parteien und Amtsträger sind Zielobjekte der Überwachung?
Werden supranationale Organisationen wie die EU gezielt nach politischen und wirtschaftlichen Fragen ausgespäht?
Werden Daten über Rüstungskonzerne und militärische Einrichtungen erhoben?
Diese Fragen sollten in Richtung USA , darüber hinaus aber auch an Edward Snowden gestellt werden. Außerdem wären Fragen wichtig, die Licht in die dunklen Verfahrensweisen der NSA brächten:
Werden Daten willkürlich abgehört oder zielgerichtet?
Welche Befugnisse haben die Dienste, um Daten zu erheben, zu verarbeiten und zu speichern?
Welche Beschränkungen gibt es?
Bei der Debatte um amerikanische Ausforschungsaktivitäten im Internet ging es auch immer wieder darum, inwieweit deutsche Stellen Kenntnis hatten.
Der Spiegel
nahm als Aufmacher für sein Heft 28 / 2013 sogar ein Snowden-Zitat: «Die stecken unter einer Decke mit den Deutschen.» Mit Äußerungen wie diesen wird das Vertrauen zwischen Staat und Bürgern in Frage gestellt. Es geht darum, ob der Schutzanspruch, den Bürger gegenüber dem Staat haben, ins Leere läuft.
Die deutsche Regierung hat die Pflicht, seine Bürger vor Ausspähung und Überwachung zu schützen und an den Stellen, an denen ein Grundrechtseingriff prinzipiell erfolgen kann, dafür zu sorgen, dass dieser mit rechtsstaatlichen Mitteln erfolgt und nicht willkürlich geschieht. Der vielfach zitierte Satz «Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein!» ist vor diesem Hintergrund zu sehen, denn wir haben diesen Schutzanspruch auch im virtuellen Datenraum.
Es ist für Bürger grundsätzlich nachzuvollziehen, wenn Daten nach terrorrelevanten Inhalten durchkämmt werden, weil damit eine konkrete Gefahrenabwehr verbunden ist. Es ist jedoch inakzeptabel, wenn dies willkürlich geschieht, wenn jeder verdächtigt wird und wenn Staaten andere Ziele damit verfolgen als die der Gefahrenabwehr. Es geht gegen unser Rechtsempfinden, wenn Sinn und Zweck der Datenanalyse staatliche Repression gegenüber Andersdenkenden sein könnte – oder wenn dadurch angestrebt wird, dem einheimischen Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz zu verschaffen. Schnell ist dann von staatlicher Schnüffelei die Rede – zu Recht.
Amerikanische Unternehmen wie Apple, Facebook, Yahoo!, Google, Microsoft & Co. stehen durch die Veröffentlichung im Ruf, nur noch bedingt Herr der eigenen Daten zu sein. Es hat beinahe den Anschein, als könnten sich die US -Dienste nach Belieben bei den großen Konzernen bedienen. Dabei haben alle der genannten Firmen europäische Niederlassungen und unterliegen damit auch europäischen Richtlinien bezüglich eines Datenexports in die USA . Doch was hilft es – salopp formuliert –, wenn die Gesetze zwar gut sind, die Bürger aber kein Vertrauen in ihre Umsetzung haben. Automatisch gehen wir davon aus, dass bundesdeutsche Regelungen zum Datenschutz in anderen Ländern gelten – vielleicht nicht in allen, aber zumindest in den europäischen. Das ist mitnichten der Fall. Nicht ohne Grund siedeln sich Internetunternehmen beispielsweise besonders gern in Irland an. Die einschlägigen Datenschutzbestimmungen sind um ein Vielfaches lockerer als in Deutschland.
Internationale Abkommen und Umsetzung in nationales Recht wären ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich hin zum Schutz eines verfassungsgemäß zugesicherten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. In Zeiten weltweiten
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