Geh@ckt: Wie Angriffe aus dem Netz uns alle bedrohen. Ein Agent berichtet (German Edition)
eigene Cloud ablegen (Google Cloud), auch investiert das Unternehmen nebenbei in Windenergie, um künftig Haushalte mit Strom versorgen zu können.
Die ganzen erhobenen Daten werden ausgewertet, verarbeitet, gespeichert und weiterverkauft. Über ausgefeilte Algorithmen weiß Google oft schon vorher, was geschieht. So kann man den Verlauf einer Grippewelle über Suchanfragen zu Grippesymptomen voraussagen oder wer den nächsten Eurovision Song Contest gewinnen wird. Mit all dem macht der amerikanische Konzern einen Jahresumsatz von circa 50 Milliarden US -Dollar. Facebook verdient ebenfalls sein Geld mit der Vermarktung von Informationen und Daten. Als der Aktienwert der Internetfirma bereits kurz nach dem Börsenkurs im Sommer 2012 rapide sank, forderten die Investoren lautstark von dem Unternehmen, aus den gespeicherten Daten neue Geschäftsmodelle zu entwerfen. Daten sind das neue Öl und damit Gold wert. Menschen sind erstmalig Nutzer und Ware zugleich.
Apple oder Microsoft agieren nach dem gleichen Geschäftsmodell und generieren ebenfalls eine gigantische, kaum überblickbare Datenmenge. An diese wollen Geheimdienste gern heran. Aus deren Sicht ist das verständlich, aber diesem Wunsch müssen Gesetzgebungen widersprechen. Es macht durchaus einen Unterschied, ob man bei einem konkreten Verdacht anlassbezogen Telekommunikationsbetreiber zur «Ausleitung» personenbezogener Daten und Kommunikation verpflichtet, einen direkten Zugang zu den größten Internetdienstleistern wie Google installiert oder gleich
alles
flächendeckend mitschneidet und aufbewahrt, wie es die Briten offenbar mit Tempora tun. Sämtliche Alternativen sind, wie gesagt, rechtliche Fragen, denn dass sie technisch möglich sind, ist nicht neu. Selbst zu Zeiten, als Lichtwellenleiter noch als abhörsicher galten, musste man sich nach dem Mauerfall eines Besseren belehren lassen und war überrascht darüber, dass die DDR sehr wohl in der Lage war, diese ebenfalls anzuzapfen.
Doch was wäre, wenn es gelänge, eine international einheitliche, mit höchsten datenschutzrelevanten Hürden verbundene Verarbeitung von Daten zu etablieren? Zugegebenermaßen, das ist kein besonders realistisches Szenario, aber was wäre, wenn? Wären wir damit am Ziel? Wären unsere Daten und Computer dann sicherer vor unbefugten Zugriffen geschützt? Ja und nein. Ja, denn wir wären vor unberechtigten staatlichen und gewerblichen Zugriffen geschützt. Aber Staat und Wirtschaftsunternehmen sind nur zwei Spieler, die man aus dem Spiel der unbegrenzten technischen Möglichkeiten herausnimmt. Hacker, Kriminelle, Script-Kiddies, Aktivisten und Terroristen sind weiter mit von der Partie, denn es liegt in der Natur der Sache, dass sich Akteure, die rechtswidrig handeln, nicht um Recht und Gesetz kümmern. Was sie benötigen, ist die Motivation und die Gelegenheit. Gelegenheit bekommen sie, weil die IT -Sicherheit in den Netzen und Geräten mangelhaft ist.
Last but not least braucht es aber auch einen bewussteren Umgang mit schützenswerten Informationen. Jeder Einzelne kann, wenn er denn will, etwas für die Sicherheit seiner Daten tun, beispielsweise durch Datensparsamkeit oder Verschlüsselung. Nutzer tragen in keiner Weise Schuld an der Ausspähung ihrer Daten, doch sie können mit ihrem Verhalten etwas zur Verhinderung beitragen. Das Merkwürdige ist, dass das keiner tut. Mal ehrlich, wer postet aufgrund der Berichterstattung über PRISM oder Tempora weniger in den sozialen Netzwerken oder legt Dokumente seitdem verschlüsselt bei Dropbox ab? Erschreckenderweise ändern selbst Berichterstattungen à la Edward Snowden kaum etwas am Vorgehen der Nutzer.
Alles also doch nur geheuchelt? Vorgetäuschte Pseudo-Empörung einer Generation voller Wutbürger? Nimbys (Akronym für «Not in My Back Yard – Nicht in meinem Hinterhof») und Sankt-Florian-Prinzip-Bürger, so weit das Auge reicht? Ich denke nicht, denn erstmalig wird das Problem IT -Sicherheit von Bürgern überhaupt wahrgenommen. Kaum ein Grillabend verging im Sommer 2013 , ohne dass zwischen mariniertem Halsgrat, Käsekrainer und gegrillten Gemüse über «diese Abhörsache mit den USA » gesprochen wurde. Kaum ein Fest, auf dem nicht über ausgespähte Handys wie das der Kanzlerin gefrotzelt wurde. Das ist gut, denn wir brauchen dringend eine öffentliche Diskussion über die Sicherheit unserer Daten und Systeme, denn ohne sie verlieren wir einen Teil unserer Unabhängigkeit und Freiheit gleich mit.
10 Warum
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