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Geheimakte: Das Vermächtnis von Nummer Sechs - das Erbe von Lorien

Geheimakte: Das Vermächtnis von Nummer Sechs - das Erbe von Lorien

Titel: Geheimakte: Das Vermächtnis von Nummer Sechs - das Erbe von Lorien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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darstellen kann.
    Katarina hat den Wagen wieder vor dem Motel geparkt und kommt mit einem müden Lächeln auf mich zu.
    |23| »Essen oder schlafen?«, fragt sie. Bevor ich antworten kann, hebt sie hoffnungsvoll ihre Hand. »Ich bin für Schlafen.«
    »Ich für Essen.« Katarina seufzt resigniert. »Du weißt, dass Essen immer vor Schlafen geht«, sage ich. »Immer.« Das ist eine von Katarinas Reiseregeln, und sie ist schnell bereit, das Urteil zu akzeptieren.
    »Okay, Maren Elizabeth«, sagt sie. »Dann geh mal voraus.«

|24| 6
    Der Diner ist von fettigen Ausdünstungen erfüllt. Es ist erst sechs Uhr morgens, aber fast alle Plätze sind belegt, überwiegend von Lastwagenfahrern. Während ich auf unser Essen warte, sehe ich zu, wie diese Männer große Portionen herzhaftes und saftiges Frühstücksfleisch – Würstchen, Schinken, Hackbraten – in sich hineinschaufeln. Als mein Essen schließlich kommt, kann ich mich kaum beherrschen. Drei Pfannkuchen, vier Streifen Schinken, einen ganzen Kartoffelpuffer und einen großen Orangensaft.
    Als ich fertig bin, gebe ich einen ordentlichen Rülpser von mir. Katarina ist zu müde, um mich deswegen auszuschelten.
    »Meinst du, dass …?«, frage ich.
    Katarina lacht und ahnt meine Frage voraus. »Wie ist das bloß möglich?«
    Ich zucke mit den Schultern. Sie nickt und ruft die Kellnerin herbei. Mit schuldbewusstem Lächeln bestelle ich eine weitere Portion Pfannkuchen.
    »Tja«, sagt die Kellnerin und stößt ein trockenes Husten aus, »Ihre Kleine kann es bestimmt vertragen.« Sie ist eine ältere Frau, deren Gesicht dermaßen zerfurcht und ausgezehrt wirkt, dass man es für ein Männergesicht halten könnte.
    »Ja, Ma’am«, antworte ich. Die Kellnerin verschwindet wieder. »Dein Appetit erstaunt mich immer wieder«, sagt Katarina.
    Allerdings weiß sie, dass es einen Grund dafür gibt. Ich trainiere ununterbrochen. Obwohl ich erst dreizehn bin, habe ich den festen, muskulösen Körper einer Turnerin. Ich brauche eine Menge Treibstoff und schäme mich meines Appetits nicht im |25| Geringsten.
    Ein weiterer Gast betritt das gut gefüllte Lokal.
    Mir fällt auf, dass ihm die anderen Männer misstrauische Blicke zuwerfen, während er sich den Weg zu einem freien Platz im hinteren Teil des Diners bahnt. Als Katarina und ich vorhin hereinkamen, haben sie uns mit demselben Misstrauen beäugt. Ich dachte, dieser Ort sei bloß eine von Fremden besuchte Zwischenstation auf der Reise. Aber anscheinend sind einige Fremde irgendwie besonders verdächtig und andere eben nicht. Katarina und ich versuchen in unseren typisch amerikanischen Durchschnittsklamotten – T-Shirt und khakifarbene Shorts – nicht allzu sehr aufzufallen. Aber trotzdem begreife ich, wieso wir es tun. Offenbar gibt es hier in den hintersten Winkeln von West Texas eine andere Definition von ›durchschnittlich‹.
    Dieser Neuankömmling ist allerdings schwieriger einzuordnen. Er ist mehr oder weniger passend angezogen und trägt eine von diesen Texas-Krawatten mit schwarzem Lederband. Und wie alle anderen Männer hat er Stiefel an. Dennoch machen seine Klamotten irgendwie einen veralteten Eindruck. Und es gibt etwas seltsam Beunruhigendes an seinem dünnen schwarzen Schnurrbart: auf den ersten Blick sieht er ganz gerade aus, aber je mehr ich darüber nachdenke, desto
schiefer
wirkt er auf mich.
    »Es ist sehr unhöflich, so zu starren«, rügt mich Katarina.
    »Ich starre nicht«, behaupte ich. »Ich sehe mich nur interessiert um.«
    Katarina lacht. In den letzten vierundzwanzig Stunden hat sie mehr gelacht als in all den Monaten zuvor. An diese neue Katarina muss ich mich erst langsam gewöhnen.
    Nicht, dass ich etwas dagegen hätte.
     
    Ich strecke mich genüsslich auf dem Motelbett aus, während Katarina im Badezimmer eine Dusche nimmt. Die Bettlaken sind billig, Polyester oder Kunstseide, aber ich bin so müde, dass sie sich für mich durchaus wie echte Seide anfühlen.
    Als Katarina vorhin die Bettdecke zurückgeschlagen hat, |26| tauchte unter dem Kopfkissen ein Ohrenkneifer hervor, der sie ziemlich ekelte, mich aber kalt ließ.
    »Mach ihn tot!«, rief sie und schlug die Hände vors Gesicht.
    Ich weigerte mich. »Es ist doch bloß ein Insekt.«
    »Töte es!«, bettelte sie wieder.
    Stattdessen wischte ich das Tier nur vom Bett hinunter und hüpfte zwischen die kühlen Laken. »Kommt nicht infrage«, sagte ich dickköpfig.
    »Na, meinetwegen«, gab sie zurück und ging ins Bad. Dann drehte sie den

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