Geheimnisse des Himmels
konnte man einen Hügel erkennen, der sich über dem Dorf namens Custocorward erstreckte.
Darauf lag ein großes Anwesen, dessen Fenster den kalten Nebel wieder spiegelten, der auch diesen Ort erreicht hatte. Der prachtvolle Garten ächzte unter dem ansteigenden Sturm und die Äste der Bäume bogen sich flehend zu Boden. Es war ein schönes Gebäude, das mit seinen vielen Zinnen und Türmen an eine Burg erinnerte.
Der Besucher schlug den Pfad hinauf zum Anwesen ein, um dem jetzigen Besitzer einen Besuch abzustatten. Er machte sich am Tor zu schaffen, welches ein ohrenbetäubendes Quietschen von sich gab. Der Rost nahe der Klinke blätterte ab und ließ etwas Goldenes hervorschimmern, das Buchstaben ähnelte, weiterhin von Schmutz und Nässe jedoch unleserlich blieb. Trotz der Bemühungen ließ sich das Tor nur halb öffnen und der Besucher musste sich hindurchzwängen; schließlich ließ er es halb offen zurück.
Nach ein paar Metern Fußmarsch über eine Auffahrt, die im Schlamm verschwand, war die Haustür nun endlich erreicht. Unter einer kleinen runden Klingel leuchtete der Name Koirbet silbern auf. Ohne zu klingeln, drückte der Besucher die eiserne, kalte Klinke herunter. Die Tür war nicht verschlossen. Bestimmend trat er ein, wobei er matschige Fußabdrücke hinterließ. Eine seiner Hände wanderte nach oben und löste die ersten Knöpfe des schwarzen Mantels, wobei die Kapuze zurückfiel und das Gesicht eines Mädchens preisgab.
Ihr Haar war lang und ebenholzschwarz, ihr Gesicht wirkte angespannt. Sie streifte sich ihren Pony aus der Stirn und sah sich um. Es war dunkel, nirgends brannte Licht und so hob sich die seltsame Farbe ihrer Augen noch deutlicher ab.
Sie schimmerten golden.
Das Mädchen versuchte etwas durch die Düsternis zu erkennen, aber ihre Augen brauchten einige Minuten, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Sie ging weiter in die Eingangshalle hinein, bis an den Fuß einer breiten Marmortreppe. Zu beiden Seiten hockte ein kleiner steinerner Drache auf einem Sims und zwei grün funkelnde Augenpaare starrten das Mädchen an. Die Treppe war mit rotem Samt ausgelegt und führte in den ersten Stock des Anwesens. Das Mädchen stieg die Treppe empor, wand sie sich nach rechts und ging einen langen Flur entlang. Es hatte mittlerweile angefangen zu donnern. Gelegentlich fiel ein kurzer Lichtblitz durch eines der wenigen Fenster des Flurs und das Mädchen konnte einen kurzen Blick auf die Gemälde und Porträts an der Wand erhaschen.
Rastlos tastete sie sich weiter durch den Gang.
In der Nacht nimmt alles eine andere Gestalt an, unbekannt und unheimlich, fast wie die Schatten selbst erscheinen einem vertraute Orte, wie ungelöste Rätsel, dachte sie.
Hin und wieder wurde die kalte Wand von hölzernen Türen unterbrochen, die das Mädchen jedoch ignorierte, den Blick weiterhin starr nach vorne geheftet. Der Gang endete mit einer weiteren Tür. Diese war anders, als die an denen sie bereits vorbeigegangen war. Sie war größer und schäbiger; mit einem runden silbernen Knauf.
Sie hob eine Hand und klopfte.
Nichts rührte sich. Sie klopfte noch einmal. Wieder nichts. Zögernd ergriff ihre Hand den Knauf und drehte ihn, die Tür blieb jedoch verschlossen.
Die goldenen Augen funkelten nun ungeduldig.
Urplötzlich flackerte ein glühend rotes Licht am Ende des langen Flurs auf. Weitere Lichter folgten dem Ersten. Es waren kleine Feuerkugeln, die aus der Dunkelheit stoben und die Kerzenleuchter entlang der Wände entflammten.
Unbeeindruckt wandte sich das Mädchen um. Es waren Schritte zu hören, jemand ging die Treppe empor. Nach nur wenigen Sekunden erspähte sie den Umriss einer Person, die lange Schatten warf und auf sie zukam. Ein junger Mann.
Als die Beiden sich gegenüberstanden, lächelte das Mädchen selbstgefällig.
„Ich habe schon gewartet“, sagte sie, mit einem Anflug von Arroganz in der Stimme.
Es war ein hübscher junger Mann, dessen markante Gesichtszüge seine Miene noch unergründlicher wirken ließen. Er war nicht älter als zwanzig. Sein schwarzes glattes Haar reichte ihm bis zur Schulter und in seinen hellblauen Augen spiegelte sich das Licht des Feuers in einem dumpfen rostrot. Er trug ebenfalls einen schwarzen Umhang, in der auf Brusthöhe ein Wappen, mit einem Raben darauf eingestickt war. Die Enden seiner schwarzen Cordhose und seine Stiefel trieften vor Dreck und Schlamm. Auf seiner linken Schulter saß ein Rabe ähnlich dem Wappentier. Ein unglaublich schöner
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