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Geheimnisse einer Lady

Geheimnisse einer Lady

Titel: Geheimnisse einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Milan
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jedoch kein Wort. Und dann läutete er die kleine Glocke auf seinem Schreibtisch.“
    Nun beugte auch Kate sich vor. „Und?“
    „Daraufhin stürmten acht Soldaten herein, die wohl nur auf diesen Moment gewartet hatten, und packten mich an Armen und Beinen.“
    „Hast du dich gewehrt?“
    „Ich habe es versucht. Aber sie waren acht gegen einen. Selbst wenn ich Arme gehabt hätte wie ein Krake, hätte mir das nichts genützt. Jedenfalls schleppten sie mich wie einen Sack Kartoffeln weg. Und der Captain sagte nur: ‚Taucht ihn ein!‘“
    „Oh nein.“ Louisa schlug erschrocken die Hände vor den Mund. „Man hat Sie in einen Tümpel geworfen?“
    „Offenbar kennen Sie sich im Soldatenleben nicht aus, wenn ein Tümpel das Schlimmste ist, woran Sie denken. Das wäre eine Wohltat gewesen im Vergleich zu dem, was tatsächlich geschah. In der Garnison gab es diese Latrinen, tiefe Erdlöcher mit Holzbalken darüber, die von den Soldaten benutzt wurden. Alles war schlammig und aufgeweicht, und es stank fürchterlich nach Fäkalien.“
    „Um Gottes willen“, entfuhr es Kate entsetzt.
    Ned lächelte ihr zu, behielt seinen heiteren Ton aber auch während der Schilderung dieser grässlichen Szene bei. „Und in diesem stinkenden Morast landete ich. Es war die entwürdigendste Erfahrung in meinem ganzen Leben. Ekelerregend und erniedrigend. Mir fehlen die Worte, um zu beschreiben, wie entsetzlich ich mich fühlte. Ich konnte nicht einmal schreien in meinem ohnmächtigen Zorn, dafür hätte ich den Mund aufmachen müssen. Nie im Leben war ich hilfloser als in diesen Momenten.“
    Die beiden Frauen starrten ihn mit schreckensweiten Augen an.
    „Euch ist bewusst“, fuhr Ned mit gedämpfter Stimme fort, „dass ich der völligen Lächerlichkeit preisgegeben wäre, wenn diese Geschichte in Umlauf käme. Ich habe euch mein tiefstes und schmachvollstes Geheimnis anvertraut. Ihr dürft niemals darüber sprechen. Ich rechne mit eurer absoluten Verschwiegenheit.“
    Louisa nickte heftig. Kate vergaß zu atmen. Es war ihm gelungen, ihrer Freundin die eigene Angst zu nehmen. Er hatte sogar ein Lächeln auf ihre Lippen gezaubert. Und nun gab er Louisa das Gefühl, wichtig und verlässlich zu sein. Ned hatte es nicht nötig, sich in die Brust zu werfen und prahlerische Reden zu führen. Er hatte es nicht nötig, hochfahrende Forderungen zu stellen. Er musste nur lächeln und Louisa zum Lachen bringen. Kate blutete das Herz.
    „Und dann“, fragte Louisa bang. „Was haben Sie getan?“
    „Was hätten Sie getan? Ich nahm ein Bad.“ Er schmunzelte. „Ein sehr langes Bad. Und dann stieg ich in ein Ruderboot und fuhr aufs Meer hinaus, um nachzudenken. Es hat etwas ungewöhnlich Wertvolles an sich, einen Menschen bis zum Äußersten zu treiben. Wenn man so etwas überlebt, kann einem niemand mehr etwas anhaben. Und Adams, nun ja, ihn habe ich zum Äußersten getrieben. Töten konnte er mich nicht. Mein Cousin hätte Nachforschungen über meinen Tod angestellt und sich bitter an ihm gerächt. Das Schlimmste, was er mir antun konnte, war, mich in die Latrine werfen zu lassen, in der Annahme, mich damit so sehr zu demütigen, dass ich ihn endlich in Frieden lasse, einen fadenscheinigen Bericht schreibe und mit dem nächsten Schiff nach England zurückkehre.“ Ned lehnte sich wieder bequem zurück. „Er hatte sich geirrt. Am nächsten Morgen sprach ich ein letztes Mal bei ihm vor. Und dann …“ Ned erhob sich lächelnd, trat vor Louisa und beugte sich über sie, bis sein Gesicht in Augenhöhe mit dem ihren war.
    „Dann schaute ich ihm in die Augen, so wie Ihnen jetzt.“ Er fixierte Louisa. „Und ich lächelte, so wie jetzt. Dann sagte ich: ‚Captain Adams. Ich denke, ich befinde mich an Bord des nächsten Schiffes, das in das Mündungsdelta ausläuft.‘“
    In atemlosem Staunen starrte Kate ihn an.
    Ned richtete sich auf. „Er sah mich an. Dann warf er einen Blick auf die verdammte Glocke. Schließlich ging sein Blick zu mir zurück. Er wollte mich um jeden Preis einschüchtern. Als er einsehen musste, dass ich ihm standhielt, war die Sache erledigt. Von diesem Moment an erwies er sich sogar als hilfsbereit.“
    Louisa senkte den Blick. „Oh, Ned. Ich weiß, was Sie mir damit sagen wollen. Aber ich schaffe das nicht. Ich kann nicht vor Gericht gegen Harcroft aussagen. Ich kann die Scheidung nicht einreichen. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, ihm in die Augen zu schauen.“
    „Dazu sind Sie jetzt noch nicht in der Lage.

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