Flirt mit der Unsterblichkeit
1
Auf praktischer Ebene funktionierte das Glass House so, dass es einen Plan gab für alles, was erledigt werden musste - Kochen, Putzen, Reparieren, Waschen. Theoretisch stand all das auf dem Plan eines jeden Mitbewohners. Praktisch sah es dann aber so aus: Die Jungs (Michael und Shane) bestachen die Mädchen (Eve und Claire), damit sie die Wäsche machten, und die Mädchen bestachen die Jungs, damit sie Sachen reparierten.
Claire sah ihren neuen iPod an - der eigentlich ziemlich hübsch war - und drückte auf Zufallswiedergabe, während sie untersuchte, was sie bei ihrem letzten Waschversuch angerichtet hatte. Das Problem war: Sie liebte den tollen pinkfarbenen iPod, ein verdammt gutes Bestechungsgeschenk, doch sie hatte ihn absolut nicht verdient, denn die Wäsche war... ebenfalls pink. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn es sich um eine Waschmaschine voll Mädchenunterwäsche oder so gehandelt hätte. Aber es waren Jungsklamotten. Sie mochte sich das Gezeter, das dies hervorrufen würde, gar nicht ausmalen.
»Na toll.« Sie seufzte und starrte auf den eindeutig pinkfarbenen Haufen aus Hemden, Socken und Unterwäsche. »Der Nachmittag fängt ja gut an.« Es war erstaunlich, was eine einzige dumme rote Socke anrichten konnte. Sie hatte schon versucht, das Ganze noch einmal zu waschen, in der Hoffnung, das Problem würde sich auf diese Weise von selbst lösen. Was leider ein Irrtum war.
Der Keller des Glass House war groß, dunkel und unheimlich, was eigentlich keine besondere Überraschung darstellte. So waren die meisten Keller, außerdem war das hier Morganville. Morganville war auf dunkel und unheimlich spezialisiert, genau wie Las Vegas auf Neon. In dem Teil des Kellers, in dem Claire gerade stand, befanden sich eine ramponierte Waschmaschine und ein ebensolcher Trockner, ein Tisch, der früher einmal OP-grün gestrichen war, sowie ein paar Regale mit undefinierbarem Schrott. Der Rest des Kellers war schummrig und still. Daher der iPod, der fröhliche Musik durch die Ohrstöpsel pumpte und den unheimlichen Ort ein bisschen weniger gruselig machte. Mit gruseligen Orten konnte Claire umgehen. Mit pinkfarbener Unterwäsche... offenbar nicht.
Sie hatte die Musik so weit aufgedreht, dass sie die Schritte auf der Treppe nicht hörte. Tatsächlich war sie davon ausgegangen, dass sie völlig allein im Haus war, bis sie eine Hand auf ihrer Schulter und heißen Atem in ihrem Nacken spürte.
Sie reagierte, wie jeder vernünftige Mensch reagieren würde, der in einer Stadt voller Vampire lebt. Sie schrie. Der Schrei hallte von den Backsteinen und dem Beton wider und Claire wirbelte herum, schlug die Hand vor den Mund und wich vor Eve zurück, die sich vor Lachen ausschüttete. Ihr hysterisches Kichern passte eigentlich nicht zu ihrem Goth- Look, ein boshaftes Kichern wäre angebrachter gewesen, aber Eve schaffte es irgendwie, hysterisch und Goth zu vereinbaren.
Claire riss sich keuchend die Stöpsel aus den Ohren. »Du... du...«
»Los, spuck's aus«, japste Eve. »Miststück. Das bin ich, ich weiß. Das war böse, aber, oh Gott, es war so lustig.«
»Miststück«, sagte Claire zu spät und ohne es wirklich zu meinen. »Du hast mich zu Tode erschreckt.«
»Genau das wollte ich auch«, sagte Eve und erlangte ihre Beherrschung wieder. Ihre Wimperntusche war ein wenig verschmiert, aber Claire nahm an, dass das zum Goth-Look dazugehörte. »Was geht ab, Kleines?«
»Probleme über Probleme«, erwiderte Claire mit einem Seufzer. Ihr Herz hämmerte noch immer, weil sie sich so erschrocken hatte, aber das wollte sie nicht zeigen. Sie deutete auf die Wäsche auf dem Tisch.
Eve bekam vor Grauen große Augen und vergaß völlig, ihren staunend geöffneten, schwarz geschminkten Mund wieder zu schließen. »Das sind keine Probleme, das ist ein Totalschaden. Sag mir nicht, dass das die weiße Wäsche ist. Also auch die von Michael und Shane.«
»Die gesamte weiße Wäsche«, sagte Claire und hielt die dafür verantwortliche rote Socke hoch. »Deine?«
»Oh, verdammt.« Eve riss sie Claire aus den Fingern und schüttelte sie wie eine schlaffe Rassel. »Böse Socke! Böse! Du wirst nie wieder ausgehen und Spaß haben!«
»Ich meine es ernst. Sie werden mich umbringen.«
»Dazu werden sie keine Gelegenheit bekommen, das werde ich nämlich tun. Sehe ich etwa wie jemand aus, der auf Pastelltöne steht?«
Na ja, das war ein schlagendes Argument. »Sorry«, sagte Claire. »Ernsthaft. Ich habe versucht, das Ganze noch
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