Geheimprojekt Styx
SACS, erst danach ging man zu anderen Firmen. Howell war stolz darauf, eine solche Reputation erarbeitet zu haben. Und noch stolzer war er, dass er seine Taten aus der Vergangenheit so reinwusch.
Doch es gab eine Sache, von der würde er sich nie reinwaschen können, diese Schuld würde er nie tilgen können, egal, was er tat.
„Hier, das Dossier.“ Man reichte Howell einen Tablet-PC, auf dem das Gesicht eines katholischen Priesters zu sehen war. Das Dossier war wenig informativ, doch er wusste nun, wie ihr Ziel aussah. Ebenfalls im Dossier befand sich die letzte Position des Priesters, es war eine alte Missionshütte am Rande des Dschungels, wo er zusammen mit einem Dutzend Krankenschwestern und einem Arzt Kriegsopfer versorgte, die nach Tansania fliehen wollten.
„Pater Santiago also“, brummte Howell und sah dem Bild des Mannes in die Augen. Er hatte im Laufe seines Lebens eine ganze gute Fähigkeit im Lesen von Menschen erlernt, so erkannte er beispielsweise sofort, ob jemand mehr war als er zu sein vorgab, ob er gedient hatte oder ob er gar gefährlich war. „Er wirkt wie ein gewöhnlicher Priester.“ Doch irgendetwas störte Howell, er war nicht im Stande es zu benennen, vertrat aber die Ansicht, dass ihm dies vielleicht noch gelingen würde.
„Die Sache ist eilig“, meldete sich der Mann zu Wort, einen zweiten Tablet-PC in der Hand. Offenbar hatte er gerade mit dem Büro der Katholischen Kirche via E-Mail Kontakt aufgenommen. „Sie würden sogar zwanzig Prozent mehr zahlen, wenn der Priester innerhalb der nächsten vier Tage gerettet wird, zusammen mit den Krankenschwestern und dem Arzt.“
„Hmm.“ Howell lehnte sich wieder in seinem Rollstuhl zurück. Er wusste, dass immer ein Team auf dem Weingut bereit stand, um schnell reagieren zu können. Das war auch notwendig, da man nie genau wusste, wie sich die Krisenherde dieser Welt entwickelten. „Wer steht bereit zur nächsten Mission?“„Das Team von Ihrem Sohn ist wieder da. Dann wären da noch Walter Mangope und Suzanna Tinto, die aus Deutschland zurückkehrt, müsste in einigen Stunden in Kapstadt landen.“„Benachrichtigen Sie meinen Sohn, ich will ihn im Speisezimmer treffen.“ Howell rollte los, wobei er einen stechenden Schmerz in der linken Schulter spürte, begleitet von einem leisen Knirschen.
Obwohl die SACS einen Privatflugplatz dreißig Kilometer südlich des Weinguts unterhielt und über genug firmeneigene Flugzeuge verfügte, um reichlich Personal und Material in alle Welt zu transportieren, landete Suzanna Tinto mit einer gewöhnlichen Langstreckenmaschine in Kapstadt. Sie war selbstverständlich erster Klasse geflogen, wurde die Reise doch von der Firma bezahlt, genau wie ihr Aufenthalt in Deutschland, der eine umfangreiche Chemotherapie samt Rehabilitationsmaßnahmen beinhaltet hatte. Nun verließ Tinto mit einer Reisetasche über ihrer Schulter den Flughafen. Vor dem Haupteingang sprang ihr ein schwarzer Land Rover Discovery ins Auge und sie wusste, dass der Land Rover zum Fuhrpark von SACS gehörte. Die Fahrertür öffnete sich und ein Mann in grauer Cargo-Hose und hellblauem Freizeithemd stieg aus.
„Ma'am“, sagte er, hielt Tinto die Tür auf und streckte seine Hand aus, um die Reisetasche zu nehmen. „Mister Howell schickt mich.“„Ach was.“ Sie drückte dem Mann die Reisetasche in die Hand und setzte sich in den Discovery. Als ihr Fahrer die Tür schloss, erstarb der Lärm des Flughafens nahezu vollständig. Mit einem leichten Ruck setzte sich der Wagen in Bewegung und Suzanna Tinto starrte mit leeren Augen aus dem Fenster.
Sie war müde, doch nicht, weil sie zu wenig geschlafen hatte. Die letzten sechs Monate hatte sie in Deutschland in einer Privatklinik verbracht, von denen zwei die Rehabilitationsmaßnahmen umfasst hatten. Der Hautkrebs war besiegt worden, doch der Preis war hoch gewesen.
Abgesehen vom Verlust sämtlicher Haare waren zahllose feine Narben überall im Gesicht zu erkennen, ebenso wie auf dem Oberkörper und den Armen. Dies waren allerdings bloß die physischen Merkmale, psychisch hatten die Ärzte ihr eine emotionale Distanzierung attestiert und ihr geraten, sich schleunigst einen Freund zuzulegen.
Doch Tinto dachte gar nicht daran. Da sie den Krebs überlebt hatte, war sie der Ansicht, niemanden zu brauchen, der sich um sie kümmerte. Niemanden, der sie abends in die Arme schloss und auf den sie sich immer und überall verlassen konnte.
„Wie war Ihr Aufenthalt in
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