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Geisterbahn

Geisterbahn

Titel: Geisterbahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Sterbehilfe nicht. Selbst die edelsten Motive würden sie nicht vor der Hölle bewahren. Und Ellen wußte, daß ihre Motive nicht rein waren; der Versuch, sich von dieser Last zu befreien, war zum Teil auch ein selbstsüchtiger Akt.
    Das Geschöpf starrte sie weiterhin an, und bei ihr stellte sich das beunruhigende Gefühl ein, daß es sie mit seinen seltsamen Augen nicht nur ansah, sondern durch sie hindurch schaute, in ihren Verstand und ihre Seele, vorbei an jedem Vorwand. Es wußte, worüber sie nachdachte, und haßte sie dafür.
    Seine bleiche, gesprenkelte Zunge fuhr langsam über die dunklen, so dunklen Lippen.
    Es zischte sie trotzig an.
    Ob dieses Ding nun menschlich war oder nicht, ob es nun eine Sünde war, es zu töten, oder nicht, sie wußte, daß
    es böse war. Es war nicht einfach nur ein mißgestaltetes Baby. Es war etwas anderes. Etwas Schlimmeres. Es war gefährlich. Böse. Sie fühlte diese Wahrheit in ihrem Herzen und ihren Knochen.
    Oder bin ich verrückt? fragte sie sich. Nein. Sie konnte nicht zulassen, daß sich leiser Zweifel einschlich. Sie hatte nicht den Verstand verloren. Sie war untröstlich, zutiefst deprimiert, verängstigt, entsetzt, verwirrt - das alles traf zu. Aber sie war nicht verrückt. Sie erkannte, daß das Kind böse war, und in dieser Hinsicht war ihre Wahrnehmung völlig in Ordnung.
    Töte es.
    Das Kleinkind schrie. Seine rauhe, schrille Stimme ging Ellen auf die Nerven. Sie zuckte zusammen.
    Es regnete noch immer in Strömen, und vom Wind getriebene Tropfen trommelten laut gegen den Wohnwagen. Ein Donnerschlag riß die Nacht auf und brachte ihn wieder heftig zum Klappern.
    Das Kind wand sich, schlug um sich und schaffte es schließlich, die dünne Decke beiseite zu schieben, in die sie es gehüllt hatte. Es legte die knochigen Hände um die Ränder des Korbs, griff mit den üblen Klauen zu, zog sich hoch und setzte sich auf.
    Ellen rang nach Luft. Es war viel zu jung, um sich ohne Hilfe aufzusetzen.
    Es zischte sie an.
    Das Wesen wuchs mit erschreckender Schnelligkeit; es war immer hungrig, und sie fütterte es doppelt so oft, wie sie ein normales Kind gefüttert hätte, wenn nicht sogar noch öfter. Woche um Woche konnte sie erstaunliche Veränderungen feststellen. Mit überraschender, beunruhigender Geschwindigkeit lernte es, seinen Körper zu benutzen.
    Kurz über lang würde es krabbeln und dann laufen können.
    Und dann was? Wie groß und beweglich mußte es noch werden, bis Ellen nicht mehr die geringste Kontrolle über das Kind hatte?
    Obwohl ihr Mund ganz trocken war, hatte sie einen sauren Geschmack darin. Sie versuchte, etwas Speichel zu erzeugen, schaffte es jedoch nicht.
    Ein Rinnsal kalten Schweißes löste sich von ihrem Haaransatz und schlängelte sich ihre Stirn hinab in einen Augenwinkel. Sie blinzelte die salzige Flüssigkeit fort.
    Wenn sie das Kind in einem Heim unterbringen könnte, wohin es auch gehörte, müßte sie es nicht ermorden. Aber Conrad hätte sich niemals einverstanden erklärt, sein Baby abzugeben. Er empfand nicht den geringsten Abscheu vor ihm. Er hatte auch keine Angst vor ihm. Er schien es sogar stärker zu lieben, als er vielleicht ein gesundes Kind geliebt hätte. Er war sehr stolz darauf, dieses Geschöpf gezeugt zu haben, und für Ellen war sein Stolz ein Zeichen von Wahnsinn.
    Selbst wenn sie das Wesen in ein Heim bringen könnte, wäre diese Lösung nicht endgültig. Das Böse würde noch immer existieren. Sie wußte, das Kind war böse, wußte es ohne den geringsten Zweifel, und sie fühlte sich dafür verantwortlich, so ein Geschöpf auf die Welt gebracht zu haben. Sie konnte sich nicht einfach abwenden und davongehen und das Problem einem anderen überlassen.
    Was, wenn es größer wurde und jemanden tötete?
    Würde die Verantwortung für diesen Todesfall dann nicht auf ihren Schultern lasten?
    Die Luft, die durch die offenen Fenster hereinwehte, war viel kühler als zu dem Zeitpunkt, als es noch nicht geregnet hatte. Ein frostiger Luftzug streifte Ellens Nacken.
    Das Kind versuchte, aus der Korbwiege herauszukommen.
    Ellen nahm all ihren vom Bourbon eingeflößten Mut zusammen, obwohl ihre Zähne klapperten und ihre Hände zitterten, als leide sie an Kinderlähmung, und ergriff das Baby. Nein. Das Ding. Sie durfte es nicht als Baby bezeichnen. Sie durfte sich nicht den Luxus von Rührseligkeit leisten. Sie mußte handeln. Sie mußte kalt, ungerührt, erbarmungslos und willensstark sein.
    Sie hatte vor, das abscheuliche

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