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Geisterblues

Geisterblues

Titel: Geisterblues
Autoren: Katie MacAlister
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deine verdrossene Miene, dass es überhaupt nichts bringen würde.«
    Ich unterdrückte das Bedürfnis, mein Gesicht zu betasten. Verdrossen? Ich? Ich fühlte mich nicht verdrossen. Müde, das ja. Und schrecklich ausgelaugt. Aber verdrossen? Nein. Absolut nicht.
    »Jedenfalls denke ich, dass die hässliche Szene neulich zumindest ein Gutes hatte: Ich kenne nun die Tiefe deiner Gefühle für Benedikt.«
    Es lag mir auf der Zunge, ihr zu sagen, dass ich das nicht glaubte, weil nicht einmal ich wusste, was ich für Ben empfand – zumindest nicht in der Hinsicht, auf die sie anspielte. Meine Gefühle für ihn waren noch immer verworren und schwer greifbar. Ich mochte ihn, keine Frage. Es gefiel mir, wenn er mich am Duschen teilhaben ließ. Ich
liebte
es, ihn zu küssen. Aber alles darüber hinaus war noch immer unbekanntes Terrain.
    »Und zu deinem Vorwurf, ich würde dir nicht vertrauen –« Sie brach ab und schaute mich stirnrunzelnd an.
    So viel zu ihrer Behauptung, unseren Streit nicht wieder aufwärmen zu wollen.
    »Du sollst wissen, dass ich dir absolut vertraue. Täte ich es nicht, würde ich dir nicht erlauben, zu dieser Verabredung zu gehen.«
    Mein Rücken versteifte sich, als sie von »erlauben« sprach, doch dann beschloss ich, es ihr durchgehen zu lassen. Eine weitere Auseinandersetzung würde uns beide nur noch wütender machen. »Gut«, sagte ich schließlich, weil ich wusste, dass sie zickig werden würde, sollte ich mein Schweigen à la Ben weiter aufrechterhalten.
    Sie atmete ein weiteres Mal tief ein und massierte sich die Schläfen mit den Knöcheln. »Als eine Frau und Mutter weiß ich jedoch, welche Art von Problemen man sich einhandeln kann, wenn man sich bei einem Mann in eine Position der Schwäche begibt. Ich beziehe mich damit auf jeden Mann, nicht auf Benedikt im Speziellen. Indem man mit einem Mann ausgeht, setzt man sich unweigerlich der Gefahr von Übergriffen aus, und zwar sexueller, körperlicher als auch seelischer Natur.«
    »Wir hatten dieses Gespräch bereits«, wies ich sie mit betont ruhiger Stimme hin. »Ben und ich werden nicht miteinander schlafen. Er wird mich auch nicht körperlich oder seelisch missbrauchen, weil ich nämlich seine Auserwählte bin. Was bedeutet, dass er es gar nicht könnte, selbst wenn er es wollte, was nicht der Fall ist.«
    Meine Mutter zuckte bei dem Wort »Auserwählte« zwar zusammen, kommentierte es jedoch nicht. »Es gibt so etwas wie erzwungenen Sex nach einer Verabredung, Schätzchen. Es gibt K.-O.-Tropfen, die Männer einem Mädchen verabreichen können, bevor sie es vergewaltigen.« Ich wollte schon einwenden, dass Ben etwas derart Lächerliches niemals tun würde, aber sie hob abwehrend die Hand. »Nein, lass mich ausreden. Mir ist klar, dass du dir nicht vorstellen kannst, je in so eine Situation zu geraten, und ich bete zur Göttin, dass es nie geschieht. Trotzdem will ich, dass du für jede Art von Übergriff gewappnet bist, egal, aus welcher Richtung er erfolgt.«
    Ich musste mir auf die Lippe beißen, um nicht zu fauchen, dass ich auf mich selbst aufpassen konnte. Sie fasste hinter sich und schnappte sich eine kleine Tasche, aus der sie mehrere Gegenstände nahm.
    »Das hier«, sagte sie und hielt ein schmales, schwarzes Behältnis hoch, »ist ein Pfefferspray. Es richtet keinen bleibenden Schaden an, verlangsamt aber jeden potenziellen Angreifer.«
    Kommentarlos nahm ich das Pfefferspray. Tatsächlich hatte ich schon immer eins haben wollen, aber nie Verwendung dafür gehabt.
    »Und dies ist ein Grüne-Tara-Amulett.« Meine Mutter zeigte mir eine Kette, an der ein kleines Steinamulett baumelte, dann legte sie sie mir um. Ich hielt den Anhänger hoch, um ihn mir genauer anzusehen. Er zeigte eine Frau im Lotussitz, eine Art weiblichen Buddha. »Es ist mit einem Bannzauber belegt und sollte dich vor jedem Wesen der dunklen Mächte beschützen. Behalte es immer um. Und dann noch das hier …« Sie zog aus einem langen Lederetui ein großes Zeremonienmesser hervor. »Sollten das Pfefferspray und die Grüne Tara den Angreifer nicht aufhalten können, wird diese Klinge auf jeden Fall Wirkung zeigen. Wie du weißt, heiße ich Gewalt gegenüber Mitmenschen nicht gut, aber Selbstverteidigung ist eine Ausnahme.«
    »Nein«, sagte ich und schob das Messer weg, als sie es mir geben wollte. »Das Pfefferspray nehme ich an, weil es cool ist. Die grüne Buddha-Dame lasse ich mir auch gefallen, weil es dich glücklich macht. Aber ich werde nicht mit
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