Geisterbucht
gefunden hatte. Er musste sofort zu einem Arzt. Zur Polizei. Nach Hause. Er hatte Hunger und Durst und keine Ahnung, wo er war. Und Justus und Peter waren – nein. Nicht darüber nachdenken.
Auf gut Glück ging er vom Wasser weg und kletterte den Berghang hinauf. Irgendwo musste doch eine Küstenstraße sein! Im heißen, weichen Sand kam er nur mühsam vorwärts, und als er endlich festen Steinboden erreichte, musste er sich erst einmal ausruhen. Dann kletterte er weiter, bis er oben ankam und sich nach allen Seiten umsehen konnte.
Es gab keine Straße, nur einen Sandweg, der sich durch struppiges Grünzeug bis zum Horizont schlängelte. Vor ihm senkte sich der Boden in einer sanfteren Kurve wieder nach unten und endete an einem weiteren leeren Strand. Der Berg war eine einzige Felszunge, die kilometerweit ins Meer hinausragte, und er stand am äußersten Ende allein im Nichts.
In der Tinte
»Der Stern von Kerala«, las Peter vor. »Ein roter Saphir aus dem Besitz eines Maharadschas im indischen Bundesstaat Kerala, wegen seiner außergewöhnlichen Lichtbrechung auch ›Brennender Kristall‹ genannt … bla bla … vierhundertachtzig Karat. Ansonsten steht hier nur noch das, was Mrs Chakyar dir auch erzählt hat, Just. Was bedeutet noch mal Karat?«
»Bei Edelsteinen ist das die Gewichtsangabe. 0,2 Gramm sind ein Karat, vierhunderachtzig Karat sind also sechsundneunzig Gramm. Das ist schon enorm – der Stern dürfte fast so groß sein wie eine Pflaume. Der Koh-i-Noor zum Beispiel, einer der ältesten und berühmtesten Diamanten der Welt, hat nur hundertacht Karat. Es gibt nicht so viele berühmte Saphire wie Diamanten, aber die russischen Zaren hatten eine ganze Sammlung von blauen Saphiren und der größte davon wiegt zweihundertsechzig Karat. Unser Stern dürfte also enorm wertvoll sein.«
»Ich dachte immer, alle Saphire sind blau.«
»Nein, es gibt auch rosafarbene und gelbe. Padparadscha bezeichnet eine besonders seltene rotgoldene oder rosarote Färbung. Und ich rufe jetzt noch einmal Inspektor Cotta an.«
Peter klappte sofort das Buch zu. Justus wollte gerade den Hörer des altmodischen Telefons abnehmen, als das Gerät klingelte. Rasch griff er zu. »Justus Jonas von den –«
»Justus!«, rief eine weit entfernte Stimme durch ein fürchterliches Rauschen hindurch. »Ich bin’s, Bob! Ist Peter auch da? Mensch, bin ich froh – ich dachte, ihr seid tot!«
»Bob!« Justus und Peter waren wie elektrisiert. Justus schaltete den Verstärker ein. »Was ist passiert? Wo bist du?«
»In Mexiko, in einer Austernfarm, wenigstens haben sie hier Telefon –« Das Rauschen wurde stärker und die nächsten Worte konnten sie kaum verstehen. »– Polizei holt mich gleich ab … Flughafen, mein Vater hat alles organisiert … ganzen Tag gelaufen … erst morgen da und ich habe nur noch bis Dienstag Zeit … sofort Ismael finden!«
»Was? Wieso hast du nur bis Dienstag Zeit? Was ist mit Ismael? Was ist passiert?«
»Ihr müsst Ismael finden!«, schrie Bob ins Telefon, aber er war kaum noch zu verstehen. »Sofort! Diese Verbrecher haben …« Der Rest ging im Rauschen unter und dann war die Verbindung unterbrochen.
Verblüfft sahen Justus und Peter einander an. Dann warf Justus einen Blick auf die Uhr. »Fast 23 Uhr. Das schaffen wir noch.« Er wählte die Handynummer, die Ismael ihnen gegeben hatte. Nach kurzer Zeit meldete sich eine Frauenstimme. »Ja bitte?«
»Guten Abend«, sagte Justus. »Mein Name ist Justus Jonas. Bitte entschuldigen Sie die Störung, Madam, aber ich hätte gerne jemanden namens Ismael gesprochen.«
»Wen?«, fragte sie verwundert zurück.
»Ismael. Möglicherweise ist das nicht sein richtiger Name, aber er hat uns diese Nummer gegeben …«
»Oh. Wann war das?«
»Am Mittwoch.«
»Dann kann ich dir leider auch nicht helfen. Ich habe dieses Handy gestern auf einem Flohmarkt gekauft und die Nummer übernommen.«
»Wissen Sie den Namen des Händlers?«
»Was?« Sie lachte. »Ich frage doch einen Flohmarkthändler nicht nach seinem Namen!«
»Hm, natürlich. Wo war denn dieser Flohmarkt?«
»In Tucson.«
»In Arizona?«
»Nein, auf den Galapagos-Inseln.« Sie lachte wieder. »Natürlich in Arizona! Also, tut mir leid, dass ich dir nicht helfen kann, aber ich habe jetzt keine Zeit mehr. Viel Glück bei der Suche!« Und weg war sie.
»Tucson kennen wir doch!«, sagte Peter. »Cotta sagte, dass Ismaels Wagen einer Frau aus Tucson gehört, wie hieß sie doch gleich …«
»Ruth
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