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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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vorstellt. Jeebleh erinnert sich an den Namen und daran, wie Dajaal ihn am Telefon als »einheimisches Gewächs mit Hang zum religiösen Extremismus« beschrieben hat.
    Rasch sind sie von einer neugierig glotzenden Menschenmenge umgeben. In Somalia bilden sich schnell Menschenmengen, vielleicht, weil die Menschen in vielerlei Hinsicht hungrig sind, hungrig nach Nachrichten, guten oder schlechten; voller Hoffnung, es könnte etwas für sie abfallen, wenn sie sich nah am Geschehen aufhalten, und seien es auch nur zwei Menschen, die sich unterhalten. Aber ein Fanfarenstoß kann eine solche Menschenmenge in einen Mob verwandeln. Jeebleh kann sich an einige grausame Zwischenfälle bei seinem letzten Besuch erinnern.
    Auf dem Weg zum Auto sagt Dajaal zu Malik: »Gumaad wird dich begleiten, er wird dein Führer und Spürhund sein. Du brauchst weiß Gott jemanden mit Einblick in die hiesige Politik, für Uneingeweihte ist sie das reinste Minenfeld.«
    Selbst wenn Dajaal vorab nichts gesagt hätte, wäre Gumaads Akzent für Jeebleh ein todsicherer Hinweis gewesen, daß er aus derselben Region im Landesinnern stammt wie Dajaal, Bile und StrongmanSouth und auch der Mann, der beim inneren Zirkel der Union unter dem Namen DerScheich bekannt ist – der aktuelle Chefideologe und Aufwiegler der Extremisten.
    Jeebleh behauptet gern, die gesamte politische Instabi­lität Somalias der letzten zwanzig Jahre habe ihren Ur­sprung in dieser Region. Ihre Bevölkerung, streitsüchtig und kampflustig, hat einige der starrsinnigsten Warlords, erfolgreichsten Kopfjäger und wohlhabendsten Geschäftsleute Somalias hervorgebracht, jeder auf seine Art darauf erpicht, das Land unregierbar zu machen. Jeebleh nimmt Dajaal beiseite. »Wie gut kennst du Gumaad?«
    »Wie gut kann man heutzutage überhaupt jemanden kennen?« entgegnet Dajaal.
    »Ob du ihm vertraust, möchte ich wissen.«
    »Ich werde ihn am nächsten Balken aufknüpfen, wenn er sich dir oder Malik gegenüber schlecht benimmt.«
    Auf die Frage, ob man heutzutage in Somalia einem anderen Menschen vertrauen kann, geht Jeebleh nicht weiter ein. Er weiß, Dajaal meint, was er sagt.
    Gumaad, mittlerweile allein mit Malik, läßt jegliche Förmlichkeit fallen. »Sei gewarnt, ich habe feste Ansichten, und die unterscheiden sich sehr wohl von Dajaals Ansichten.«
    »Daran ist ja nichts verkehrt«, sagt Malik leichthin.
    Sie steigen in die Limousine, Jeebleh sitzt mit Dajaal vorn, Gumaad und Malik nehmen hinten Platz. Dajaal läßt den Motor an, fährt aber nicht los, besteht darauf, daß sich alle anschnallen. Gumaad murrt, Anschnallen sei unislamisch, Unfälle passierten und Leute stürben, wenn es Allahs Wille sei. »Wann akzeptierst du endlich, daß nichts ohne Seinen ausdrücklichen Willen geschieht?«
    »In meinem Auto schnallen wir uns an«, sagt Dajaal.
    Selbst nachdem er den Gurt geschlossen hat und Dajaal angefahren ist, läßt Gumaad nicht locker. »Was soll das – ›In meinem Auto schnallen wir uns an‹? Das ist Biles Auto, nicht deines. Also kannst du nicht ›mein Auto‹ sagen.« Speicheltröpfchen treffen Malik ins Gesicht, er wischt sie diskret ab. Jeebleh schüttelt amüsiert den Kopf, schaut von Dajaal zu Gumaad. Was soll diese sinnlose Zankerei? Welche Rolle spielt es, wem das Auto gehört, wenn es darum geht, sich anzuschnallen oder nicht? Aber Somalier, das ist ihm bekannt, geben selten zu, daß sie sich geirrt haben. Es ist typisch für sie, Dinge durcheinanderzubringen, eine Metonymie mit einer Synekdoche zu verwechseln. Auseinandersetzungen fangen zwar irgendwie an, finden aber nie ein Ende, einen logischen Abschluß. Somalier befinden sich in Hochform, wenn sie sich über etwas auslassen; wird Blut vergossen, sind sie in ihrem Element.
    Das Auto wird langsamer. Ein Mann in Sarong und T-Shirt steht in der Mitte der Straße, in der rechten Hand ein Gewehr. Er bedeutet ihnen, anzuhalten.
    Dajaal fährt an den Straßenrand und stellt wie angewiesen den Motor ab. Sie steigen aus, und der Mann winkt sie zu im Schatten stehenden Bänken hinüber, ein Zeichen, daß sie eventuell eine ganze Weile hierbleiben werden. »Wer hat diese Anweisung erteilt?« fragt Gumaad.
    Dajaal packt Gumaad am Ellbogen und führt ihn zu den Bänken, während Gumaad lauthals kundtut, daß er DerScheich anrufen und die ganze Sache im Nu geregelt sein werde. »Wir dachten, daß Kontrollpunkte mit bewaffneten Milizionären, die den Warlords ergeben sind, der Vergangenheit angehören«, sagt er zu

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