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Geklont

Geklont

Titel: Geklont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Bewegung waren - erfüllte sie mit einer irrationalen Panik.
    Sie wußte nicht, wie man außerhalb von Reseune lebte. Sie wußte, wie sie einen Flug arrangierte, die Flugpläne überprüfte, ihr Gepäck bestellte, ihre Assistenten, für ihre Sicherheit sorgte, jedes kleinste Detail - und hielt öffentliche Flughäfen für eine Qual. Einen wirklich ernsthaften Fehlschlag. Aber jedem standen ein paar Abneigungen zu, und diese Dinge waren alles andere als ihre Hauptsorge. Es war unwahrscheinlich, daß Ariane Emory jemals eine Untergrundbahn in Novgorod oder das offene Deck einer Station zu Gesicht bekommen würde.
    Es dauerte sehr lang, bis sie den Fluß und die erste Pflanzung sah. Das schmale Band der Straße und schließlich die Kuppeln und Türme von Novgorod - einer unvermittelt, bemerkenswert unvermittelt erscheinenden Metropolis. Unter den Flügeln des Jets breiteten sich die Pflanzungen aus, die Türme der elektronischen Schirme und Niederschlagsanlagen beschatteten die Felder, und der Verkehr kroch in erdgebundener Geschwindigkeit über die Straße.
    Lastkähne reihten sich auf der Volga bis zum Meer hintereinander, Lastkähne und Schubschiffe säumten die Flußdockanlagen hinter den Pflanzungen. Novgorod hatte noch immer in beträchtlichem Maß etwas Rohes und Industrielles an sich, ungeachtet all der Pracht des Neuen. Dieses Gesicht der Stadt hatte sich in hundert Jahren nicht geändert, es war nur gewachsen. An die Lastkähne und den Verkehr hatte man sich gewöhnt, beides stellte keinen seltenen und wunderbaren Anblick mehr dar.
    Schau mal, Mama, da ist ein Lastwagen.
    Das Blau des Wollholzdickichts flirrte unter dem Flügel hinweg. Der Asphalt und die Endstreifen der Landebahn schossen vorbei.
    Die Räder setzten weich auf, und der Jet kam rollend zum Halt, indem er eine Wende nach links zum Terminal machte.
    In dieser Phase wurde Ariane Emory von einer leichten Panik erfaßt, obwohl sie wußte, daß sie nie in die überfüllten Hallen gelangen würde. Draußen warteten Wagen. Ihre Mannschaft würde das Gepäck ausladen, den Jet sichern, all diese Dinge. Sie befanden sich nur am Rande der Stadt; und die Wagenfenster erlaubten zwar Blicke nach draußen, aber keine ins Innere.
    All diese Fremden. All diese richtungslose und chaotische Bewegung. Aus der Ferne mochte sie es. Es war ihre eigene Schöpfung. Sie kannte die Bewegungen ihrer Massen, wenn auch nicht die ihrer Individuen. Aus der Entfernung, als ein Gesamtzusammenhang betrachtet, vertraute sie ihr.
    Aus der Nähe machte sie ihre Hände schwitzen.
     
    Bremsende Wagen und eine Traube aufgeregter Wachen im Sicherheitseingang der Staatshalle verrieten, daß hier nicht bloß Senatoren eintrafen. Mikhail Corain, der auf dem Balkon vor der Ratskammer saß, flankiert von seinen Leibwächtern und Assistenten, machte eine Pause und blickte auf den widerhallenden Stein des unteren Stockwerks mit seinen Springbrunnen, den Bronzegeländern seines großen Treppenaufgangs und seinem goldenen Emblem mit den vielen Sternen an der grauen Steinwand hinab.
    Ein aufwendiger Rahmen für aufwendige Vorhaben. Und die Hauptarchitektin dieser Vorhaben hatte gerade ihren Auftritt. Die Rätin von Reseune, in Begleitung des Ministers für Wissenschaft. Ariane Carnath-Emory mit ihrem Gefolge. Spät, zuverlässig spät, weil die Rätin sich ihrer Mehrheit verdammt gewiß war, und sie hatte sich nur zu einem Besuch herabgelassen, weil ein Rat persönlich seine Stimme abgeben mußte.
    Mikhail Corain starrte sie an und spürte diese Beschleunigung seines Herzschlages, die zu vermeiden ihm seine Arzte geraten hatten. Beruhigen Sie sich, hätten sie jetzt gesagt. Es gibt Dinge, die sich ihrer Kontrolle entziehen.
    Damit meinten sie, nahm er an, die Rätin von Reseune.
    Cyteen, die bei weitem bevölkerungsreichste Kolonie in der Union, hatte es geschafft, ständig zwei Plätze in der Exekutive, dem Rat der Neun, zu besetzen. Es war logisch, daß einer der beiden der des Bürgeramts war, in dessen Zuständigkeit Arbeit, Landwirtschaft und kleine Geschäfte  fielen. Es war nicht so logisch, daß die wahlberechtigten Vertreter der Wissenschaftler, die weit über die Lichtjahre umspannende Ausdehnung der Union verstreut lebten, darauf bestanden, Ariane Emory wieder zum Regierungsamt zu verhelfen.
    Mehr als das. In eine Position, die sie seit fünfzig Jahren innehatte. Fünfzig verdammte Jahre, in denen sie einflußreiche Kreise auf Cyteen und in jeder Station der Union und (laut

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