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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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    Wenn sie mich bitten, Präsident der Vereinigten Staaten zu werden, werde ich sagen: »Aber nicht in Washington, D. C.!«
    Ich hatte mich ohne elektrisches Licht mit eiskaltem Wasser rasiert und, während ich durch den ungeräumten Schnee stapfte und auf ein Taxi wartete, das nie kam, alle erforderlichen Papiere unterschrieben und mich von dem vorbeirauschenden Verkehr mit dem süßlich riechenden Matsch Washingtons bespritzen lassen.
    Jetzt war es Nachmittag. Ich hatte zu Mittag gegessen und war etwas besserer Laune. Aber der Tag war noch lang, und diese Sache hatte ich mir bis zuletzt aufgehoben. Ich sah also dauernd zur Uhr hoch und aus dem Fenster auf den unaufhörlich aus den tief hängenden stahlgrauen Wolken fallenden Schnee und fragte mich, ob ich die Abendmaschine nach London rechtzeitig erreichen und ob die bei diesem Wetter überhaupt starten würde.
    »Wenn das die gute Nachricht ist«, sagte Jim Prettyman mit lockerem amerikanischem Grinsen, »was ist dann die schlechte?« Er war dreiunddreißig Jahre alt (meinen amtlichen Informationen zufolge), ein schmächtiger, weißgesichtiger Londoner mit schütterem Haar und randloser Brille, der von der London School of Economics kam, als genialer Mathematiker galt und sich in den Fächern Buchhaltung, Politische Wissenschaften und Betriebswirtschaft qualifiziert hatte. Ich war immer sehr gut mit ihm ausgekommen, man kann sogar sagen, dass wir Freunde waren, aber er hatte nie verheimlicht, wie ehrgeizig – und ungeduldig – er war. Sobald ein schnellerer Bus vorbeikam, sprang Jim auf, so war er einfach. Ich sah ihn mir genau an. Bei ihm konnte ein Lächeln lange dauern.
    Er wollte also nächsten Monat nicht nach London kommen und aussagen. Schön, das Department in London hatte nichts

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    anderes erwartet. Jim Prettyman hatte nicht den Ruf, ein Mann zu sein, der einen Umweg machte, nur um der Londoner Zentrale gefällig zu sein – oder sonst irgend jemandem.
    Ich sah noch einmal nach der Uhr und sagte nichts. Ich saß in einem großen beigefarbenen Ledersessel. In der Luft lag der wunderbare Geruch von neuem Leder, den sie in billige japanische Autos sprühen.
    »Noch Kaffee, Bernie?« Er kratzte sich seitlich an seiner knochigen Nase, als dächte er an was anderes.
    »Ja, bitte.« Scheußlicher Kaffee, sogar an meinen bescheidenen Ansprüchen gemessen. Aber ich nehme an, das Angebot sollte mir zeigen, dass er nicht versuchte, mich loszuwerden, und dass ich’s annahm, war meine stümperhafte Art, mich von den Männern zu distanzieren, die mich mit der Botschaft, die ich ihm jetzt mitteilen würde, zu ihm geschickt hatten. »London könnte dich offiziell anfordern«, sagte ich. Ich versuchte, das in freundlichem Ton zu sagen, aber es klang wie eine Drohung, und es war ja wohl auch eine.
    »Hat London gesagt, du sollst mir das sagen?« Seine Sekretärin schaute durch die halbgeöffnete Tür – offensichtlich hatte er einen versteckten Klingelknopf gedrückt –, und er sagte: »Noch zwei, Milch und Zucker.« Sie nickte und ging.
    Alles lakonisch und locker und sehr amerikanisch. Tatsächlich war ja auch James Prettyman – oder wie das Namensschild aus Kupfer auf Eiche auf seinem Schreibtisch verkündete: J.
    Prettyman – durch und durch amerikanisch. Er war so amerikanisch, wie es englische Einwanderer eben zu sein pflegen während der ersten ein, zwei Jahre nach Beantragung der Staatsbürgerschaft.
    Ich hatte ihn genau beobachtet, um zu erkennen, was in ihm vorging, aber sein Gesichtsausdruck gab nicht den kleinsten Hinweis auf seine wirklichen Empfindungen. Er war ein zäher Bursche, das wusste ich schließlich schon lange. Meine Frau Fiona sagte, von mir abgesehen sei Prettyman der

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    rücksichtsloseste Mann, den sie je getroffen habe. Das hinderte sie übrigens nicht, ihn gerade wegen dieser Rücksichtslosigkeit
    – und einer Menge anderer Sachen – zu bewundern. Es gelang ihm sogar, sie für sein zeitraubendes Steckenpferd, das Entziffern mesopotamischer Keilschrifturkunden, zu begeistern. Die meisten von uns hatten lieber gelernt, ihn dieses Thema gar nicht erst zur Sprache bringen zu lassen.
    Kein Wunder jedenfalls, dass er zuletzt in der Code-Abteilung beschäftigt gewesen war.
    »Ja«, antwortete ich, »das soll ich dir sagen.« Ich sah mir das Büro an, dessen Wände mit einem besonderen Kunststoff getäfelt waren, wie es anscheinend hiesige feuerpolizeiliche Vorschriften erforderlich machten. Ich entdeckte den streng

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