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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Thema Frank auf sich beruhen. Doch die Gelegenheit schien mir günstig, ihn über die Prettyman-Geschichte auszufragen. »Erinnerst du dich an Prettyman?« fragte ich, so beiläufig ich konnte.
»Sollte ich?«
»Jim Prettyman. Er war zuletzt in der Black box. Dann hat er seinen Abschied genommen, ist nach Amerika gegangen.«
»In der Code-Abteilung, eine Treppe tiefer?« In diese Region war Dicky noch nie vorgestoßen.
»Er war mit Bret in dem Ausschuss für besondere Operationen. Er hat dauernd versucht, Ausflüge zu organisieren in Gegenden, wo es angeblich antike Gräber gibt, an die noch kein Tourist seinen Namen geschrieben hat. Ein großartiger Billardspieler. Erinnerst du dich nicht mehr an den Abend im Big Henty’s, als er diese sagenhafte Serie hatte?«
»Ich war nie im Leben im Big Henty’s.«
»Aber natürlich, Dicky. Und nicht nur einmal. Jim Prettyman. Ein junger Bursche, der einen tollen Posten in Washington gekriegt hat.«
»Manchmal denke ich, dass du wirklich jede Menschenseele in diesem Gebäude kennst«, sagte Dicky.
»Ich dachte, du kennst ihn«, sagte ich lahm.
»Laß dir mal was gesagt sein, Bernard.« Dicky hob den ausgestreckten Zeigefinger, als wollte er prüfen, woher der Wind wehte. »Wenn ich mit dir über diesen Prettyman reden würde, dann würdest du das Thema wechseln und von der Bizet-Geschichte anfangen. Ich will dir nicht zu nahe treten, alter Knabe, aber das ist wirklich eins von deinen Lastern.«
»Ich nehme an, du hast recht, Dicky.«
»Du musst versuchen, beim Thema zu bleiben, deine Konzentrationsfähigkeit zu verbessern. Hast du’s schon mal mit Yoga versucht?« Er schob die Papiere zur Seite, die zu lesen ich ihn gebeten hatte.
»Nein, Dicky«, gestand ich.
»Ich habe früher mal viel Yoga gemacht.« Er ließ einen Finger über die Papiere gleiten, als läse er ein Inhaltsverzeichnis. »Es schult den Geist und verbessert die Konzentrationsfähigkeit.«
»Ich werd’ mir’s überlegen«, versprach ich, nahm die unterschriebenen Papiere, die zu lesen Dicky nicht geruht hatte, und steckte sie in den Aktendeckel zurück.
Als ich aufstand, sagte Dicky, wieder in die Betrachtung des Teppichs versunken: »Ein Cousin meiner Mutter ist gestorben und hat mir ein großes Löwenfell vermacht. Ich überlege, ob ich das nicht hier rein legen sollte.«
»Es würde gut reinpassen«, sagte ich und wies dabei auf die antiken Möbel und die gerahmten Fotos an der Wand hinter ihm.
»Ich hatte es zu Hause im Wohnzimmer, aber ein paar von unseren Freunden haben sich ein bisschen aufgeregt, du weißt schon, von Ausrottung bedrohte Tiere und so.«
»Mach dir deshalb keine Sorgen, Dicky. Reiner Neid ist das.«
»Habe ich Daphne auch gesagt«, sagte er. »Schließlich ist das verdammte Ding tot. Ich kann einen Löwen doch schlecht von den Toten auferwecken, oder?«

5
    Viele Zivilisten spielen ihr Leben lang mit der Vorstellung, Soldat zu sein. Manchen gefallen die Uniformen, Pferde, Trompeten, Flaggen; andere wollen nur in Seelenruhe leichtverständliche Befehle ausführen und dafür ihre tägliche warme Mahlzeit erhalten. Für manche Männer stellt das Soldatenleben eine Herausforderung dar, der sie sich nie gestellt haben; andere ziehen sich auf der Flucht vor der Realität in dieses geschützte Männlichkeitsreservat zurück.
    Aus welchem dieser Gründe sich Frank Harrington für das Soldatenleben interessierte – oder ob es ein ganz anderer war –, habe ich nie erfahren. Aber wenn Frank weder im Büro war noch zu Hause in der prächtigen Grunewald-Villa, die er sich als Leiter des Berliner Büros meinte leisten zu müssen, fand ich ihn mit Sicherheit in irgendeinem feuchten Schützenloch im Manövergelände inmitten von mit Erde beschmierten Infanteristen, denen er glücklich strahlend erzählte, wie man einen Krieg gewinnt.
    Diesmal wurde er in geborgten Militärklamotten, schmutzverkrustet an Knien und Ellbogen, von einem großen Befehlswagen in die Grunewald-Villa zurückgebracht.
    »Tut mir furchtbar leid, Frank«, sagte ich.
»Ach, ich habe nur ein bisschen Soldat gespielt«, erwiderte er auf seine entwaffnende Art. »Und Dicky sagte ja, die Sache sei dringend.«
Er sah aus, als wollte er mich auf der Stelle in sein Arbeitszimmer führen. »So dringend, dass du dich nicht erst umziehen und ’ne Dusche nehmen kannst, ist es nun auch wieder nicht«, sagte ich. Ich gab ihm den Bericht aus London.
Er nahm ihn und schwenkte ihn vorm Ohr, als erwartete er, das Geschwätz hören zu können.

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