Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
Vom Netzwerk:
Räuberpistolen deines Vaters. Aber jedesmal, wenn ihn jemand überreden konnte, diese Geschichte zu erzählen, habe ich, wie übrigens alle, die ihm zuhörten, einfach Tränen lachen müssen.« Frank nahm sich noch Wein und aß ein Stück Käse. »Keiner von uns anderen war natürlich je in NaziDeutschland gewesen. Wir hingen an seinen Lippen. Bestimmt hat er uns oft ganz schön auf den Arm genommen.«
»Vor kurzem hat jemand so eine Andeutung gemacht, dass das Department mir irgendwas anhängen könnte wegen meines Vaters«, sagte ich, so beiläufig ich konnte.
»Um dich unter Druck zu setzen?«
»Irgendwas in der Richtung. Kann das sein, Frank? Hat mein Vater irgendwas gemacht …«
»Das ist doch nicht dein Ernst, Bernard?«
»Ich will’s wirklich wissen.«
»Dann schlage ich vor, du bittest die Person um Aufklärung, der du diese bizarre Idee verdankst.«
Ich wechselte das Thema. »Und Fiona?« fragte ich wie zufällig. Er sah sofort auf. Ich nehme an, er wusste, wie sehr sie mir noch immer fehlte. »Fiona hält sich bedeckt.«
»Aber sie ist doch noch in Ost-Berlin?«
»Und wie. Blüht und gedeiht, wie ich höre. Warum?«
»Reine Neugier.«
»Vergiss sie, Bernard. Vorbei ist vorbei. Du hast mir sehr leid getan, aber jetzt wird’s Zeit, die Vergangenheit zu vergessen.
Erzähl mir von eurem neuen Haus. Freuen sich die Kinder über den Garten?«
Über häuslichen Kleinkram plaudernd, gingen wir ins Wohnzimmer zurück, wohin uns das Mädchen den Kaffee brachte. Ich sagte: »Weißt du noch, wann wir das letzte Mal zusammen in diesem Zimmer waren?«
Er sah mich an, überlegte einen Augenblick und erwiderte dann: »Das war doch an dem Abend, als du mich gebeten hast, Bret Rensselaer aus der Patsche zu helfen. Ist es wirklich schon so lange her? Drei Jahre?«
»Du warst gerade dabei, deine Duke-Ellington-Platten einzupacken. Sie waren überall auf dem Fußboden hier verstreut.«
»Ja, damals dachte ich, ich lasse mich pensionieren und kehre nach England zurück.« Er sah sich um. »Mein ganzes Leben hat sich seitdem verändert. Inzwischen wäre ich längst pensioniert und würde in England Rosen züchten.«
»Und das als Sir Frank Harrington«, sagte ich. »Tut mir wirklich leid, wie die Sache damals ausgegangen ist.« Man war allgemein der Meinung, dass das Debakel, das ich mit meiner Einmischung ausgelöst hatte, den armen Frank den Adelstitel gekostet hatte, der ihm damals schon so gut wie versprochen war. Der Londoner Zentrale war zwar durch meine Warnung und Franks unautorisierte Maßnahme eine schwere Demütigung erspart geblieben, aber verziehen hatten sie das bis auf den heutigen Tag keinem von uns beiden. Wir hatten auf eigene Faust gehandelt und auch noch recht gehabt, und das war in den Augen der Mandarine des Außenministeriums eine unverzeihliche Sünde.
»Es muss schon fast drei Jahre her sein«, sagte er, wobei er seinen Tabaksbeutel öffnete und seine Pfeife mit dem würzigen Sobranie-Tabak stopfte, den er seit jeher bevorzugte. O Gott, er hatte tatsächlich vor, das Ding zu rauchen! »Natürlich war ich damals enttäuscht, aber inzwischen bin ich drüber weg.«
»Bret hat wahrscheinlich das Schlimmste abgekriegt.«
»Wahrscheinlich«, sagte Frank und zündete seine Pfeife an.
»Als ich das letzte Mal was von ihm hörte, musste sich Tag und Nacht eine Schwester um ihn kümmern, und man gab ihm nicht mehr lange«, sagte ich. »Er lebt nicht mehr, oder?«
Frank nahm sich Zeit, seine Pfeife anzurauchen, ehe er erwiderte: »Bret hat lange ausgehalten, aber schließlich musste er trotzdem gehen.« Er lächelte auf seine abwesende Art und begann, zufrieden an seiner Pfeife zu ziehen. Ich rückte von ihm ab. An Franks Pfeife habe ich mich nie gewöhnen können. Er sagte: »Das ist streng vertraulich. Vielleicht hätte ich’s dir nicht sagen sollen. Ich habe es auch hintenrum erfahren. Das Department hat sich bedeckt gehalten.«
»Armer Bret. An dem Abend, als ich hier aus Berlin abflog, schwor ein ganzes Zimmer voller Weißkittel, dass er das Wochenende nicht überleben wird.«
»Sein Bruder kam mit irgendeinem verdammten amerikanischen General im Schlepptau. Bret wurde in eine Maschine der U.S. Air Force verfrachtet und ausgeflogen. Wie ich hörte, hat man ihn in Washington in das Krankenhaus gelegt, wo amerikanische Präsidenten behandelt werden. Er war dann lange in allen möglichen Krankenhäusern. Du weißt ja, wie die Amerikaner sind. Und dann ging er zur Erholung auf die Virgin Islands in das Haus,

Weitere Kostenlose Bücher