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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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sind es rund fünfzig Mann von der sowjetischen Militärmission. Jeder einzelne ein GRU-Agent, viele wissenschaftlich ausgebildet. Sie tragen Lederjacken über ihrer Uniform und schmieren Dreck auf ihre Nummernschilder, damit man sie nicht dabei erkennt, wenn sie überall die Nase reinstecken und alles fotografieren, was sie interessiert.« Er grinste. »Warum sollen wir nicht mal Gleiches mit Gleichem vergelten, sagte der Brigadier.«
»Du hast doch aber deinem alten Kameraden nichts von Bizet erzählt?«
»Ich bin doch nicht senil, Bernard«, erwiderte er.
»Die Vorstellung, wie da ein eifriger junger Subalterner in Frankfurt an der Oder herumschnüffelt, ist der reinste Alptraum«, sagte ich.
»Ich hätte gar nicht davon anfangen sollen.«
»Aber hast du nicht gesagt, dass sie Wind gekriegt haben?« fragte ich.
»Habe ich das? Ich hätte sagen sollen, dass die Militärs wissen, dass wir irgendwelchen Ärger haben.« Er sah mich an und fügte hinzu: »Die hören nämlich auch den Funkverkehr ab.«
»Ja, aber nur den der russischen Armee.«
»An der Grenze schon. Aber hier in Berlin, mitten in der DDR, hören sie sich alles mögliche an. Zum Beispiel den Funkverkehr der GRU und des KGB. Die wissen eben auch gerne, was los ist. Da kann ich schlecht was dagegen haben, Bernard. Auf einem Vorposten wie diesem hier muss das Militär selber die Fühler ausstrecken.«
»Vielleicht nehme ich nun doch was Stärkeres«, sagte ich, aber in diesem Augenblick rief uns Franks deutsches Hausmädchen zum Essen.
Ich versuchte, mir meine Sorgen über die Eröffnungen, die Frank womöglich seinen Kameraden beim Heer gemacht hatte, aus dem Kopf zu schlagen. Wir saßen in dem großen Speisezimmer der Villa, nur Frank und ich allein am Ende einer langen, polierten Tafel. Irgend jemand hatte eine Flasche wirklich guten Rotweins in eine Karaffe gefüllt, die leere Flasche stand auf der Anrichte. Ich wusste, das war eine Ehre. Frank servierte seine besten Weine nur Leuten, die entweder wichtig genug waren, sie zu verdienen, oder Kenner und sie zu schätzen wussten. Er ließ mich probieren, während die Quiche serviert wurde. Die Portionen waren ziemlich klein. Ich glaube, die Köchin teilte einfach das für Frank vorgesehene Essen zwischen uns auf. Frank schien nichts zu merken. Er wollte den neuesten Londoner Klatsch hören, und ich erzählte ihm, dass der Deputy langsam, aber sicher das ganze Department nach seinen Vorstellungen umkrempelte. Was mich anging, so war mir das ganz recht. Es war höchste Zeit, dass der faulen Bande in London mal jemand auf die Sprünge half. Frank stimmte mir zu, wenn auch ohne sonderliche Begeisterung.
»Ich bin zu alt dafür, Bernard. Ich kann Veränderungen nur um der Veränderung willen nicht gut finden. Ich war zusammen mit deinem Vater beim Department, 1943 war das. In der Grundausbildung war Sir Henry Clevemore dabei – ›Pickel‹ nannten wir den, ein Riese von einem Kerl. Bei einer Angriffsübung fiel er in einen Abwassergraben. Wir mussten ihn zu viert herausziehen.« Er trank einen Schluck Wein und fügte nach einer nachdenklichen Pause hinzu: »Meine Frau sagt, dass ich dem Department mein Leben gegeben habe und einen großen Teil von ihrem Leben dazu.« Die Erklärung kam von Herzen und verriet zugleich Stolz und Bedauern.
Während des ganzen Essens – Cottage pie (ein Auflauf aus Hackfleisch und Kartoffelbrei), Bread and butter pudding (ein einfacher Kuchen) und Cheddar – war von nichts anderem mehr die Rede. Wie lange er hier auch schon lebte und wie gut er sich auch eingelebt haben mochte, seiner Küche merkte man immer noch an, dass Frank einmal auf einer britischen Public School war. Ich hörte ihm aber gerne zu, vor allem wenn es um meinen Vater ging. Er wusste das natürlich, und alle Geschichten, die er von ihm erzählte, zeigten meinen Vater in so glorreichem Licht, dass er nur mir zuliebe diese Beleuchtung arrangiert haben konnte. »Dein Vater saß tagelang in irgendeiner schmutzigen Wohnung nur mit diesem Deutschen als Gesellschaft; wie dein Vater sagte, stritten sie sich auch noch die meiste Zeit. Sie warteten auf Nachricht über den geplanten Anschlag auf Hitler. Als der Anschlag missglückt war, kam dann plötzlich dieser Gestapo-Beamte. Dein Vater wollte schon aus dem Fenster springen, aber der Mann war der Bruder von seinem Kumpel … Aber wahrscheinlich erzähle ich das ganz falsch«, sagte Frank mit einem Lächeln. »Und überhaupt war das wahrscheinlich eine von den

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