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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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wandte die Augen von mir ab und begann abermals, an seinem Übungsfahrrad herumzuspielen.
»Unschuldige Menschenleben, meinst du?« fragte ich sarkastisch. »Oder meine Stellung?«
»Beides, Bernard.« Jetzt war er stur. Die Maske des wohlmeinenden Ehrenpräsidenten des Unterstützungsfonds war gefallen. Der wahre Bret kam zum Vorschein und fixierte mich mit stählernem, verächtlichem Blick.
»Hast du Jim Prettyman auch so ein Ultimatum gestellt?« fragte ich. »War er auch selbst sein schlimmster Feind, bis du auftauchtest? Hat er deine ›dienstliche Anordnung‹ ignoriert, so dass du ein paar Jungs von außerhalb kommen lassen musstest, die ihn dann auf diesem Parkplatz umgepustet haben?«
Fast unmerklich schüttelte er den Kopf. Brets Gesichtsausdruck war jetzt verschlossen. Das Gold der Sonne war verblichen. Jetzt sah er nur noch alt, müde und runzlig aus. Er würde nie ins Department zurückkehren, da war ich mir sicher. Brets Zeit war vorüber. Seine Stimme war nur wenig lauter als ein Flüstern, als er nun sagte: »Ich glaube, du hast genug gesagt, Bernard. Mehr als genug sogar. Wir unterhalten uns morgen früh noch mal. Für morgen ist ein Flug nach London für dich reserviert.«
Ich antwortete nicht. Irgendwie tat er mir leid mit seinen täglichen Leibesübungen und seinem Bemühen, Kontakt zum Department zu halten, ja sogar noch mitzumischen. Mit dieser Illusion, dass irgendwann alles wieder so sein würde wie vorher, und der Hoffnung, dass die Chance auf einen Adelstitel auch für ihn noch nicht endgültig verloren sei.
Ich stand auf. Jetzt kannte ich Zuckerbrot und Peitsche. Mache ich, was Bret von mir verlangt, wird er mir sogar mit dieser Hypothek helfen. Stecke ich aber weiter meine Nase in Sachen, die mich nichts angehen, werde ich meinen Job los, vielleicht auf die Weise, auf die Jim Prettyman seinen losgeworden ist. Mit den Füßen zuerst.
Oder hatte ich Bret missverstanden?

15
    Da ich seit meiner Ankunft noch keine Zeit gehabt hatte, meine innere Uhr mit der Sonne zu synchronisieren, und mir außerdem tausend Gedanken durch den Kopf gingen, schlief ich in dieser Nacht miserabel. Das verdammte Haus war nie still, nicht einmal in den frühen Morgenstunden. Nicht nur brummten und jaulten dauernd irgendwelche Maschinen, ich hörte auch Leute an meinem offenen Fenster vorbeigehen und sich leise auf spanisch unterhalten, und obwohl ich nichts verstand, störte es mich doch. Ich schloss das Fenster. Aber jetzt hörte ich hinter dem Haus die Wachhunde durch das Unterholz streifen und gegen den hohen Maschendrahtzaun springen, der sie aus dem Inneren des Grundstücks ausschloss. Vielleicht spürten die Tiere das sich zusammenbrauende Gewitter, denn wenig später kam der erste Donnerschlag, der Wind stürmte, und gegen das Fenster und auf die Metallmöbel im Hof trommelte der Regen.
    Das Gewitter zog schnell ab, wie die meisten Gewitter, die vom Stillen Ozean kommen, und um vier Uhr früh begann eine Anzahl bisher schlafender Maschinen laut zu brummen und zu dröhnen. An Schlaf war nicht zu denken. Ich stand auf und machte mich auf die Suche nach der Lärmquelle. In einem der eleganten Frotteebademäntel, die die aufmerksame Mrs. O’Raffety ihren Gästen zur Verfügung stellte, erforschte ich den geweißten Korridor hinter meinem Zimmer. Hier waren Türen zur Anrichte, zu Speisekammer, zur Küche und zu verschiedenen Abstellräumen. Die Lampen funktionierten nicht
– vielleicht hatte das Gewitter eine Störung verursacht –, doch eine trübe Nachtbeleuchtung brannte, so dass ich mich zurechtfinden konnte.
    Ich ging vorbei an dem Kesselraum, an den Sicherungskästen und den gestapelten Kartons, die in Flaschen das Mineralwasser enthielten, von dessen anregender Wirkung auf die Verdauung Mrs. O’Raffety so überzeugt war. Das Maschinengeräusch führte mich zu einer niedrigen hölzernen Tür neben der Küche. Inzwischen war ich auf meiner Runde durchs Haus wahrscheinlich hinter den Gästezimmern angelangt.
    Der Schlüssel steckte. Ich öffnete die Tür und trat vorsichtig ein. Das Brummen war jetzt lauter. Auf wenigen ausgetretenen Stufen ging ich in einen niedrigen Keller hinab. An einer Wand befanden sich vier Schalttafeln, deren erleuchtete Zifferblätter sich in Pfützen auf dem Fußboden spiegelten. Ich befand mich in der Waschküche des Hauses, mit einer ganzen Batterie von Waschmaschinen und Wäschetrocknern. Auf einem der Trockner stand eine Bierdose, auf deren Deckel jemand eine Zigarette

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