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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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geworden. Als sie nichts erwiderte, lehnte er sich seufzend zurück.
    „Na schön. Was willst du?“
    Was sie wollte, war eigentlich ganz einfach. Sie wollte wieder etwas spüren .
    Wie schlimm es um sie stand, war ihr am ersten schönen Frühlingstag bewusst geworden. Ein Freund hatte sie zu einem Spaziergang im Park gedrängt. Es war ein herrlicher Tag, aber sie hatte nichts, rein gar nichts gespürt. Weder Wärme noch Kälte. Als die Sonne ihr ins Gesicht geschienen hatte, war sie ihr nichts als helles Licht gewesen.
    Dieser Mann hatte sie zu kaltem, grauem Stein werden lassen. Sie fühlte nichts mehr, weder auf der Haut noch darunter. Sie hatte keine Seele mehr, keine Hoffnung, keine Zukunft.
    „Dir das zu sagen bin ich nicht gekommen“, erwiderte sie.
    Nie wieder wollte sie eines ungeliebten Mannes Bett teilen, nie wieder ihren Körper lügen lassen, bis alles Gespür für ihre eigenen Wünsche verloren war. Sie wollte frei sein.
    „Du hast eine Belohnung auf die Verführung Mark Turners ausgesetzt.“
    Ihre Worte hatten den gewünschten Effekt. Weston schnappte nach Luft. „Woher weißt du, dass ich das war? Ich dachte, ich wäre diskret gewesen.“ Er sah sie an. „Ich habe nicht vor, seinen Ruf auf Kosten meiner eigenen Reputation zu ruinieren.“
    „Ich habe mich umgehört“, sagte sie leichthin. „Kurtisanen haben keine Geheimnisse voreinander.“
    Er winkte ab. „Wie dem auch sei, es ist vergebene Liebesmüh. Dreihundert Pfund als Belohnung, und die besten Huren Londons sind an ihm gescheitert. Sag bloß nicht, dass jetzt du es versuchen willst.“
    Sie erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Weston verzog das Gesicht. „Natürlich, das hätte ich mir denken können. Ganz ehrlich, Jess, wenn du das Geld so nötig brauchst, nehme ich dich zurück.“
    Allein der Gedanke daran, was vor sechs Monaten gewesen war, sollte ihr eisige Schauer über die Haut jagen. Aber sie spürte nichts, nur einen kühlen Hauch, der wie graue Schatten über sie glitt.
    Sie könnte nach Gerechtigkeit verlangen, auf Rache sinnen – oder zumindest so viel aus ihm herausholen, dass sich die Leere füllen ließe, die er in ihr hinterlassen hatte.
    Doch sie hatte vor Jahren schon gelernt, dass es Gerechtigkeit nicht gab, nicht für Frauen wie sie. Es hatte keinen Sinn, geschehenes Unrecht wiedergutmachen zu wollen. Es gab kein Zurück, nur kaum gangbare Pfade durch dichtes Unterholz. Wenn man Glück hatte, stieß man auf einen solchen und schaffte es, der Finsternis des Waldes zu entkommen.
    „Du vergisst“, sagte sie, „dass ich diesen Frauen etwas voraushabe.“
    Weston rieb sich das Kinn. „Was sollte das sein?“
    Verzweiflung, dachte sie.
    „Wissen“, sagte sie. „Ich weiß, dass Sir Mark den Sommer im Haus seiner Kindheit verbringt, in einem kleinen Ort namens Shepton Mallet. Vermutlich will er der Bewunderung der Massen für eine Weile entfliehen. Dort ist er fern von Publikum, kann tun und lassen, was er will.“
    „Das ist kein Geheimnis, das ist allgemein bekannt.“
    „Fühlt er sich unbeobachtet, könnte er versucht sein, vom Weg moralischer Rechtschaffenheit abzukommen. In London würde er es nicht wagen, aber dort …?“ Sie legte eine bedeutungsvolle Pause ein. „Zumindest versuchen will ich es.“
    „Da du von meinem Angebot weißt, kennst du gewiss auch die Regeln. Verführe ihn und bring Beweise. Ich habe versucht, ihn mithilfe von Gerüchten zu ruinieren, ebenfalls vergebens. Sein Ring sollte als Beweis genügen. Verkünde deinen Erfolg in den Gazetten und lass den ton an deinen Erfahrungen teilhaben. Wenn dir das gelingt, erhältst du das Geld.“
    „Es wird nicht an einem Abend zu schaffen sein. Ich werde Ausgaben haben. Er muss mich für verfügbar halten. Er muss glauben, ich bin nicht gut genug für die Ehe, aber gut genug, um mit ihm … zu verkehren. Ich muss ein Haus auf dem Land mieten, Dienstboten einstellen.“ All das würde ihre Reserven weit über Gebühr strapazieren. Wenn sie scheiterte, bliebe ihr keine andere Wahl, als sich erneut einen Gönner zu suchen. „Dreitausend“, sagte sie.
    Das sollte reichen für ein bescheidenes Haus auf dem Land, irgendwo, wo niemand sie kannte, wo sie jeden Morgen für sich hätte und lernen könnte, wieder die Sonne auf ihrem Gesicht zu spüren. Es hieß, die Zeit heile alle Wunden. Jessica hoffte es, hoffte, eines Tages wieder mehr zu spüren als diese schreckliche Leere in sich.
    Weston klatschte spöttisch Beifall.

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