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Geliebte Kurtisane

Geliebte Kurtisane

Titel: Geliebte Kurtisane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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meinte.
    „Nun“, meinte Jessica, „immerhin hat er ein Buch geschrieben, das sich einiger Beliebtheit erfreut.“
    „Fang jetzt nicht an mit diesem verdammten Brevier für Gentlemen “, knurrte Weston. „Der Mann ist eine wahre Pest.“
    Ehe Sir Marks Gespann ihn davontragen konnte, musste der Lakai zunächst die Menge bitten, den Weg frei zu machen. Auch der Wagen stand umzingelt, doch durch das Kutschenfenster konnte Jessica Sir Mark im Profil erkennen. Er setzte seinen Hut ab und ließ den Kopf auf die Brust sinken. Er schien erschöpft und gar ein wenig … verzweifelt?
    Aha, frohlockte Jessica im Stillen. Das ständige Lächeln war also nur aufgesetzt. Umso besser. Ein Mann, der sich hinter falscher Fassade verbarg, würde auch vor anderer Täuschung nicht zurückschrecken. Wenn seine zur Schau gestellte moralische Überlegenheit nur Schein wäre, hätte Jessica leichtes Spiel. Armer Sir Mark! Aber wenn er schon ob der Bedrängnis durch seine Bewunderer verzweifelte, geschähe ihm nur recht, was seiner harrte. Popularität hatte eben ihren Preis.
    Unglaublich, aber wahr: Sir Marks Buch erfreute sich größter Beliebtheit. Sogar die Königin hatte es gelesen und den Autor umgehend in den Ritterstand erhoben für seinen Beitrag zur allgemeinen Moral. In der Folge hatte man sein Werk in sämtlichen Londoner Salons gelesen, in jeder Sonntagspredigt wurde daraus zitiert. Letzten Monat war eine Taschenausgabe herausgekommen, damit Frauen seine Worte in ihren Rocktaschen tragen konnten – oder in verborgenen Fächern, die extra zu diesem Zweck in die Leibwäsche genäht wurden.
    Jessica fand es recht pikant und auch einer gewissen Ironie nicht entbehrend, dass wohlerzogene junge Damen das Brevier für Gentlemen mit praktischer Anleitung zur Keuschheit so dicht am Leib wie nur möglich trugen.
    Doch waren Frauen nicht seine einzigen Anhänger. An manchen Tagen sah man sie allerorten: verblendete junge Männer mit blauen Kokarden und ihren angeblich geheimen Handzeichen. Sir Mark hatte das Unmögliche vollbracht. Er hatte Keuschheit zum Kult erhoben.
    Weston verfolgte den Aufbruch der Kutsche mit leichtem Kopfschütteln, dann wandte er sich Jessica zu. Ihr war, als hinterlasse sein Blick auf allem einen schmierigen Film.
    „Ich nehme an, du hast mich nicht hergebeten, um über Mark Turner zu reden.“ Lüstern senkte er den Blick auf ihren Busen. „Habe ich dir nicht gesagt, du würdest mich vermissen, Jess? Komm schon, erzähl. Welches … Angebot wolltest du mir unterbreiten?“
    Er fasste sie beim Arm. Sie biss die Zähne zusammen und tat ihr Bestes, nicht zurückzuzucken.
    Jess. Sie mochte es nicht, wenn er sie so nannte. Es klang wie ein Befehl, kurz und knapp, es ließ sie sich fühlen wie ein Falke, den er an kurzer Leine hielt und nur freiließ, wenn ihm der Sinn danach stand. Doch ihre Lage hätte ihr kaum erlaubt, dagegen aufzubegehren.
    Eines Tages. Bald. Es war kein Versprechen, das sie sich gab, als er sie nach hinten an einen der Tische führte, es war ihre letzte Hoffnung.
    Vor sechs Monaten hatte sie ihn zum Teufel geschickt und geglaubt, ihn nie wiederzusehen. Sollte ihr Plan aufgehen, bräuchte sie ihn nie wiederzusehen. Sie wäre frei von Weston, frei von London … frei von diesem Leben.
    Weston rückte ihr den Stuhl zurecht und nahm ihr gegenüber Platz. Jessica sah ihn an. Geliebt hatte sie ihn nie, aber eine Weile war er durchaus erträglich gewesen. Nicht großzügig, aber auch nicht zu fordernd. Er hatte sie beschützt und eingekleidet. Sie hatte sich nicht groß verstellen müssen; er hatte keine falschen Liebesbekundungen von ihr verlangt.
    „Nun, Jess“, sagte Weston. „Soll ich nach Tee schicken?“
    Seine Worte ließen ihren Atem schneller gehen, jeder Atemzug bereitete ihr Mühe, als steige sie einen hohen Turm hinauf. Fast war ihr, als stünde sie wirklich auf einem hohen Turm – als wäre er nur ein kleines, fernes Wesen, aus großer Höhe betrachtet. Alles schien ganz weit weg.
    „Nein, danke“, brachte sie mühsam heraus.
    „Ah.“ Er bedachte sie mit vielsagendem Blick. „Verstehe. Trägst du mir das immer noch nach?“
    Sie hatte stets gewusst, dass das Leben einer Kurtisane seinen Tribut forderte. Doch sie hatte geglaubt, es würde allmählich geschehen; geglaubt, dieses Leben weitere zehn Jahre auszuhalten, bis ihre Schönheit ohnehin verblüht wäre.
    Sie hatte sich getäuscht. Vor sechs Monaten war ihr dieses Leben bei einer einzigen Tasse Tee unerträglich

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