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Gemischte Gefühle

Gemischte Gefühle

Titel: Gemischte Gefühle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
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Masse auf der Tanzfläche. „Hast gut zu tun, was?“
    Michaelson zuckte die Achseln. „Geht mich nix an. Der Laden gehört mir nicht, weißt du. Ich arbeite nur hier.“
    „Das scheint jedermanns Schicksal zu sein“, sagte Gerber. „Ich meine, für jemanden zu arbeiten. Ziemlich weit weg vom Schuß hier, was?“ Seine Ohren hatten sich nun soweit an den Lärm gewöhnt, daß er jedes Wort verstand. „Vom SensiFilm zum Zapfhahn.“
    Michaelson grinste. Er sah müde aus. „Jeder ist seines Glückes Schmied“, äffte er. „Du machst deinen Job, ich mach meinen.“ Er wandte sich einem anderen Gast zu und ging dann an den Zapfhahn zurück. Gerber hatte keine Ahnung, aus welchen Gründen Michaelson ausgestiegen war. Eines Tages war er einfach nicht mehr dagewesen.
    Das Bier schmeckte saumäßig, aber das mochte daran liegen, daß sein Körper im momentanen Zustand zuviel Magensäure produzierte. Oder Adrenalin. So gut kannte er sich da nicht aus.
    Jemand rempelte ihn an; ein blondes und ziemlich mageres Mädchen mit einem leidenden Jungfrau-Maria-Gesicht, dem die Rippen scharf durch das dünne T-Shirt stachen und das auch sonst den Eindruck machte, als benötige es dringend eine Ladung von Ich-weiß-nicht-was. Das Mädchen flüsterte Gerber etwas zu, aber er verstand nichts davon. Diese Leute hatten ihre eigene Sprache. Er schob sie zur Seite, woraufhin sie auf die SensiFilm-Bekifften zutaumelte, die sie jedoch nicht wahrnahmen.
    „Ich arbeite jetzt für Brand“, sagte Gerber, als Michaelson wieder in seine Nähe gerückt war. Er wußte nicht, weshalb er das sagte, aber wahrscheinlich sagte er es deswegen, weil er andeuten wollte, daß er noch nicht auf dem Altenteil hockte.
    „Das interessiert mich alles nicht mehr“, sagte Michaelson.
    „Früher hast du mal anders geredet“, sagte Gerber. „Ich kann mich dran erinnern, daß du mal gesagt hast, die SensiFilm-Industrie könnte die ganze Medienlandschaft revolutionieren, weil die entfremdeten Zuschauermassen durch eine Teilnahme am Geschehen dazu veranlaßt würden, die eigene Lage zu überdenken und …“ Er seufzte. „Nicht mal deinen Bart hast du noch.“
    „Komm mir bloß nicht mit dem Scheiß von gestern.“ Michaelson pulte mit einem Finger in seinem linken Ohr. Sein schütter werdendes Haar glänzte speckig. „Irgendwann muß man sich halt mal entscheiden, auf welcher Seite des Tresens man stehen will.“ Er grinste zynisch. „Für Leute wie mich ist der Zug abgefahren, Kumpel. Heutzutage machst du gar nichts mehr. Das ist jetzt alles vorbei.“
    Gerber dachte daran, daß nach der Fusion zwischen der Sensi-Tivideo und der Phantasmagoria alles noch viel „vorbeier“ sein würde, sagte aber nichts. Er trank sein Bier aus, zahlte und ging. Der Weg durch die Tanzenden war hinaus noch schwieriger als hinein. Mit stoischem Gleichmut schlüpfte er zwischen den Paaren dahin, warf noch einmal einen Blick auf die jungen Leute, die möglicherweise jetzt zwischen galaktischen Nebeln dahinstürmten, und kletterte die Treppe hinauf. Draußen war es angenehm kühl. Die Maschinengewehrmusik war kaum noch zu hören.
    „He, Sie da!“
    Gerber zuckte zusammen. Ein Rudel uniformierter Polizisten stürmte auf den Eingang der Diskothek zu und schwang die Gummiknüppel, als handelte es sich dabei um Feuerwehrschläuche. Irgendwo klappten Autotüren zu. Immer mehr Uniformierte jagten auf Gerber zu. Er kam gar nicht dazu, ein erklärendes Wort abzugeben. Sie schienen wild entschlossen zu sein, den Drogenkeller endlich einmal auszumisten. Ehe er auch nur abwehrend die Hände heben konnte, traf ihn ein Schlag gegen die Schulter und warf ihn um. Zischend entwich die Luft aus seinen Lungen, und der nächste Schlag schaltete seinen Empfänger ein. Es lief Das Combat-Team, und Gerber fand sich inmitten einer schwarzbehelmten Todesschwadron wieder, die in den Anden ein Nest terroristischer Attentäter aushob.
     
    Christian hatte den ganzen Tag damit verbracht, auf dem Bett zu liegen und an die weißgetünchte Decke zu starren. Seine Eltern hatten die Nachricht von der Untauglichkeit zwar schweigend aufgenommen, aber die zuckenden Gesichtsmuskeln seines Vaters hatten deutlich gemacht, wie tief ihn die Begründung traf. Daß sein Sohn dumm sein sollte, der einzige Schluß, den er aus dem Argument mit dem Intelligenzquotienten ziehen konnte, hatte ihn sichtlich verärgert. Daß man wegen Kurzsichtigkeit oder einer Rückgratverkrümmung abgelehnt wurde, war verständlich für

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