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Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Titel: Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Büchner
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einer geringen Entfernung vom Gipfel in einer Sennerhütte zu. Die Hirte haben hundert Kühe und bei neunzig Farren und Stiere auf der Höhe. Bis Sonnenaufgang war der Himmel etwas dunstig, die Sonne warf einen roten Schein über die Landschaft. Über den Schwarzwald und den Jura schien das Gewölk wie ein schäumender Wasserfall zu stürzen, nur die Alpen standen hell darüber, wie eine blitzende Milchstraße. Denkt Euch über der dunklen Kette des Jura und über dem Gewölk im Süden, soweit der Blick reicht, eine ungeheure, schimmernde Eiswand, nur noch oben durch die Zacken und Spitzen der einzelnen Berge unterbrochen. Vom Bölgen stiegen wir rechts herab in das sogenannte Amarinental, das letzte Haupttal der Vogesen. Wir gingen talaufwärts. Das Tal schließt sich mit einem schönen Wiesengrund im wilden Gebirg. Über die Berge führte uns eine gut erhaltene Bergstraße nach Lothringen zu den Quellen der Mosel. Wir folgten eine Zeitlang dem Laufe des Wassers, wandten uns dann nördlich und kehrten über mehrere interessante Punkte nach Straßburg zurück.
    Hier ging es seit einigen Tagen etwas unruhig zu. Ein ministerieller Deputierter, Herr Saglio , kam vor einigen Tagen aus Paris zurück. Es kümmerte sich Niemand um ihn. Eine bankerotte Ehrlichkeit ist heutzutage etwas zu Gemeines, als daß ein Volksvertreter, der seinen Frack wie einen Schandpfahl auf dem Rücken trägt, noch Jemanden interessieren könnte. Die Polizei war aber entgegengesetzter Meinung und stellte deshalb eine bedeutende Anzahl Soldaten auf dem Paradeplatz und vor dem Hause des Herrn Saglio auf. Dies lockte denn endlich am zweiten oder dritten Tage die Menge herbei, gestern und vorgestern Abend wurde etwas vor dem Hause gelärmt. Präfekt und Maire hielten es für die beste Gelegenheit, einen Orden zu erwischen, sie ließen die Truppen ausrücken, die Straßen räumen, Bajonnette und Kolbenstöße austeilen, Verhaftungen vornehmen, Proklamationen anschlagen u.s.w. (…)
    17
    An Edouard Reuss
    31. August 1833
    Aus Darmstadt nach Straßburg
    Lieber Edouard!
    Soll ich meine träge Hand entschuldigen? Für mein Gedächtnis ist’s nicht nötig; ich kümmerte mich sonst wenig darum, jetzt aber macht es bei mir den Wiederkäuer und füttert mich mit der Erinnerung an frohe Tage. Ich könnte in diesem lamentierenden Style fortfahren um Dir einen Begriff von meiner hiesigen Existenz zu geben, wenn Du nicht schon einmal selbst so eine Art vom Darmstädter Geschmack gehabt hättest. Meine Familie im engern Sinne traf ich im erwünschtesten Wohlsein, und meine Mutter erholt sich zusehends von ihrer schweren Krankheit. Eltern und Geschwister wiederzusehen, war eine große Freude; das entschädigt aber nicht für meine sonstigen furchtbar, kolossal, langweiligen Umgebungen. Es ist etwas großartiges in dieser Wüstenei, die Wüste Sahara in allen Köpfen und Herzen. Von den übrigen Verwandten weiß ich wenig. Nach dem pflichtmäßigen Antritts-Gerüssel, mache ich so gegen Ende Oktobers mein offizielles Abschieds-Gerüssel, wo ich nach Gießen abziehe. Meine verwandtschaftlichen Regungen sind damit beseitigt. Von Gießen verspreche ich mir wenig, meine Freunde sind flüchtig oder im Gefängnis. Für mich ist nichts zu fürchten, ich bin hier konstitutionell, liberal aufgeklärt geworden, seit ich weiß, daß das tausendjährige Reich mit der konstitutionellen Ära angefangen! Unser Landtag führt den Beweis, seine Lebensfrage ist seit 8 Monat noch nicht entschieden. Ein Mensch braucht höchstens eine Stunde um auf die Welt zu kommen, (wo die Civilisation und Aufklärung noch nicht so weit gekommen wie z. B. bei den Indern 10 Minuten) ein deutscher Landtag deren 5760, ein Mensch lebt 60 Jahr, ein Landtag 41.272 ; O Messias! Über seine Physiognomie kann ich Dir grade nichts sagen, sintemal es noch nicht entschieden, ob das Kind mit Kopf oder podex zuerst auf die Welt kommt.
    Doch wird es wahrscheinlich die Familienzüge behalten und so ziemlich seiner französischen Mama gleichen.
    Bei unsrer Manier im Briefschreiben, hoffe ich kaum bald Antwort zu erhalten; doch dürftest Du mit mir einmal eine Ausnahme machen, so eine gänzliche Trennung von Straßburg schmerzt mich. Ich habe an Boeckel geschrieben, aber keine Antwort. Grüße ihn und sag’ ihm er möge bald antworten und mir die These von Goupil schicken, die andre hätte ich erhalten und ließe ihm danken. Ist Stöber in Straßburg? Viel Grüße an ihn und die andern Freunde. Und Wulfes ? Ist er

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