Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
Vorspiel sind; es wird noch bunt hergehen. Die Regierung weiß sich nicht zu mäßigen; die Vorteile, welche ihr die Zeitumstände in die Hand geben, wird sie aufs Äußerste mißbrauchen, und das ist sehr unklug und für uns sehr vorteilhaft. Auch der junge v. Biegeleben, Weidenbusch, Floret sind in eine Untersuchung verwickelt; das wird noch ins Unendliche gehen. Drei Pfarrer, Flick , Weidig und Thudichum sind unter den Verhafteten. Ich fürchte nur sehr, daß unsere Regierung uns hier nicht in Ruhe läßt, doch bin ich der Verwendung der Professoren Lauth, Duvernoy und des Doctor Boeckel’s gewiß, die sämtlich mit dem Präfekten gut stehen. – Mit meiner Übersetzung bin ich längst fertig; wie es mit meinem Drama geht, weiß ich nicht; es mögen wohl fünf bis sechs Wochen sein, daß mir Gutzkow schrieb, es werde daran gedruckt, seit der Zeit habe ich nichts mehr darüber gehört. Ich denke es muß erschienen sein, und man schickt es mir erst, wenn die Rezensionen erschienen sind, zugleich mit diesen zu. Anders weiß ich mir die Verzögerung nicht zu erklären. Nur fürchte ich zuweilen für Gutzkow ; er ist ein Preuße und hat sich neuerdings durch eine Vorrede zu einem in Berlin erschienenen Werke das Mißfallen seiner Regierung zugezogen. Die Preußen machen kurzen Prozeß; er sitzt vielleicht jetzt auf einer preußischen Festung; doch wir wollen das Beste hoffen. (…)
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An die Familie
16. Juli 1835
Aus Straßburg nach Darmstadt
(…) Ich lebe hier ganz unangefochten; es ist zwar vor einiger Zeit ein Rescript von Gießen gekommen, die Polizei scheint aber keine Notiz davon genommen zu haben… Es liegt schwer auf mir, wenn ich mir Darmstadt vorstelle; ich sehe unser Haus und den Garten und dann unwillkürlich das abscheuliche Arresthaus. Die Unglücklichen! Wie wird das enden? Wohl wie in Frankfurt, wo Einer nach dem Andern stirbt und in der Stille begraben wird. Ein Todesurteil, ein Schaffott, was ist das? Man stirbt für seine Sache. Aber so im Gefängnis auf eine langsame Weise aufgerieben zu werden! Das ist entsetzlich! Könntet Ihr mir nicht sagen, wer in Darmstadt sitzt? Ich habe hier Vieles untereinander gehört, werde aber nicht klug daraus. Klemm scheint eine schändliche Rolle zu spielen. Ich hatte den Jungen sehr gern, er war grenzenlos leidenschaftlich, aber offen, lebhaft, mutig und aufgeweckt. Hört man nichts von Minnigerode? Sollte er wirklich Schläge erhalten? Es ist mir undenkbar. Seine heroische Standhaftigkeit sollte auch den verstocktesten Aristokraten Ehrfurcht einflößen. (…)
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Von Karl Gutzkow
23. Juli 1835
Aus Wiesbaden nach Straßburg
Mein lieber Freund; ich habe länger geschwiegen, als verziehen werden kann. Heidelberg und Mannheim nahmen mich sehr in Anspruch, dann eine Rheinreise, Frankfurt mit all seinen Verbindungen, die wieder aufgefrischt werden mußten, nun gar Wiesbaden, wohin ich gegangen bin um zu schwitzen – das Alles hat mich in ewige Unruhe gebracht. Zuletzt noch hab’ ich in der Hast von 3 Wochen (schnelle Arbeiten sind die besten) einen Roman geschrieben: Wally, die Zweiflerin . Auch jetzt bin ich nur erst in der Stimmung, ein Billet statt eines Briefes zu schreiben, und Ihnen in der Eile zu sagen, daß ich viel und herzlich an Sie denke. Sie haben mehr Zeit als ich. Regen Sie mich durch einen langen Brief zu einem längern auf! – Sauerländer trödelte lange mit dem Druck Ihres Danton. Für den Schreckenstitel kann ich nicht: das ist eine der buchhändlerischen Dreistigkeiten, die man sich bei seinem zweiten Buche nicht mehr gefallen läßt. Sie werden jetzt Exemplare haben, und meine von der Censur verstümmelte Anzeige. Ich trug Sr. auf, Ihnen den Korrekturabzug zu schicken; denn ich habe ein böses Gewissen. Ich fühle, daß ich mich nicht erschöpfend genug über Sie ausgedrückt habe, wenigstens viel zu allgemein; und da ist mir jeder verlorne Buchstabe wichtig, wenn Sie ihn nicht sehen sollten. Geben Sie bald ein zweites Buch: Ihren Lenz (für den ich schon einen bessern Verleger habe) dann will ich das Versäumte nachholen.
Auf die theol. Schrift Ihres Freundes kann ich nur eingehen, wenn Matter auf dem Titel steht. Matter hat Renommée in Deutschland, der von Ihnen genannte Name nicht.
Schreiben Sie nach Frankfurt: der Brief trifft mich sichrer.
Mit bestem Gruß
Ihr Gutzkow
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An die Familie
28. Juli 1835
Aus Straßburg nach Darmstadt
(…) Über mein Drama muß ich einige Worte sagen: erst muß ich bemerken, daß die
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