Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
George, Elizabeth

George, Elizabeth

Titel: George, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer dem Tod geweiht
Vom Netzwerk:
sprach er mit Bedacht aus. »Ich studierte an der Julliard School in
New York, Miyoshi in Paris, und Yukio kam nach London. Anfangs lief alles gut
für ihn. Es gab keine Anzeichen, die darauf hindeuteten, dass etwas nicht
stimmte. Die Krankheit machte sich erst später bemerkbar. Und deswegen - weil
es mitten in seinem Studium passierte - glaubte unser Vater, er würde die Krankheit
nur vortäuschen. Dass er den Anforderungen des Studiums vielleicht nicht
gewachsen wäre und sich das nicht eingestehen wollte oder nicht wusste, wie er
damit umgehen sollte. Das war natürlich nicht der Fall. Er war schwer krank.
Aber in unserer Kultur und in unserer Familie...« Matsumoto hatte die ganze
Zeit seine Brille geputzt, die er nun wieder aufsetzte und sorgfältig
zurechtrückte. »Unser Vater ist kein schlechter Mensch. Aber er hat feste
Prinzipien, und er war nicht davon zu überzeugen, dass Yukio mehr als eine
Standpauke benötigte. Er kam aus Kyoto hierher und hat Yukio deutlich gemacht,
was er von ihm erwartete. Er hat ihm strikte Anweisungen gegeben und rechnete
damit, dass sie befolgt würden. Und da er es gewohnt war, dass seine
Anweisungen befolgt wurden, glaubte er, er hätte genug getan. Zunächst sah es
tatsächlich auch danach aus. Yukio übte wie besessen, aber die Krankheit... So
etwas geht nicht einfach weg, weil man gute Vorsätze hat oder hart arbeitet.
Irgendwann ist er zusammengebrochen, hat das College verlassen und ist
verschwunden. Zehn Jahre lang haben wir nichts von ihm gehört. Als wir ihn
endlich gefunden hatten, wollten wir ihm helfen, aber er ließ sich zu nichts
bewegen. Seine Ängste sind einfach zu groß. Er fürchtet die Medikamente. Er hat
eine Heidenangst vor Krankenhäusern. Er schafft es, von seiner Musik zu leben,
und meine Schwester und ich tun, was wir können, um auf ihn aufzupassen, wenn
wir in London sind.«
    »Und wissen Sie, wo er sich
derzeit aufhält?«
    Matsumoto sah seine Anwältin
an. Zaynab Bourne schaltete sich ein. »Mr. Matsumoto hat klargestellt, dass
sein Bruder krank ist. Er möchte sich darauf verlassen können, dass nichts
unternommen wird, was seinen Bruder ängstigen könnte. Er ist sich darüber im
Klaren, dass Sie Yukio vernehmen müssen, aber er besteht darauf, dass Sie ihn
rücksichtsvoll behandeln und dass die Vernehmung in meinem Beisein sowie im
Beisein eines Psychiaters durchgeführt wird. Darüber hinaus möchte er Ihre Zusicherung,
dass die Aussagen seines Bruders aufgrund der Tatsache, dass bei ihm eine
paranoide Schizophrenie diagnostiziert wurde, die nicht behandelt wird, nicht
gegen ihn verwendet werden können, was immer sie beinhalten mögen.«
    Lynley warf Ardery einen Blick
zu. Sie hielt ihren Wodka Tonic mit beiden Händen und klopfte mit den
Fingerspitzen gegen das kühle Glas, das inzwischen fast leer war. Jetzt kippte
sie den Rest. »Ich verspreche Ihnen, dass wir vorsichtig vorgehen werden. Sie
werden dabei sein, ebenso wie ein Spezialist. Meinetwegen auch der Papst, der
Innenminister oder der Premierminister, wenn Sie das wünschen. Sie können so
viele Zeugen mitbringen, wie Sie wollen, aber sollte er den Mord gestehen, wird
er vor Gericht gestellt.«
    »Er ist schwer krank«, gab die
Anwältin zu bedenken.
    »Wir haben ein Rechtssystem,
das darüber entscheiden wird.«
    Eine Weile herrschte
Schweigen, während der Cellist und seine Anwältin über das Gesagte nachdachten.
Ardery lehnte sich in ihrem Sessel zurück. Lynley wartete darauf, dass sie die
beiden darüber aufklärte, dass sie im Begriff waren, jemanden zu schützen, der
sich als wichtiger Zeuge eines Verbrechens oder, schlimmer noch, als der Täter
erweisen könnte. Doch sie spielte diese Karte nicht aus. Sie machte vielmehr
den Eindruck, als wüsste sie, dass das nicht nötig war.
    Stattdessen sagte sie: »Es ist
ganz einfach, Mr. Matsumoto. Wenn Sie uns nicht zu Ihrem Bruder führen, dann
wird es jemand anderes tun.«
    Hiro Matsumoto schwieg. Er
wirkte gequält, und Lynley wurde plötzlich von Mitgefühl für den Musiker
überwältigt - ein Gefühl, das so stark war, dass er sich fragte, ob er sich
immer noch für die Arbeit als Polizist eignete. Denn es ging darum, Leute in
die Enge zu treiben. Ardery war mehr als bereit, genau das zu tun, das war
nicht zu übersehen. Aber er selbst war sich nicht sicher, ob er dazu noch die
Nerven besaß.
    Matsumoto sagte leise: »Er ist
in Covent Garden. Er verdient dort sein Geld als Straßenmusiker.« Er ließ den
Kopf hängen, als wäre

Weitere Kostenlose Bücher