1125 - Ein Feuergruß vom Teufel
Aber auch sie wurde gesehen. Von zwei Zivilfahnderinnen, die aussahen wie Punker und sich in die Szene mischten.
Sie grinsten der Überwachungskamera zu und bedachten die andere Frau mit kurzen, prüfenden Blicken, bevor sie den Yard verließen.
Männerblicke fingen sich an der Gestalt der Frau. Sie trug einen leichten hellen Mantel aus sehr dünnem Stoff. Er floß an ihrem Körper entlang und war vorn nicht geschlossen worden. Aus diesem Grund war auch das Kleid sichtbar, das sich eng um ihren Körper schlang und farblich im glatten Kontrast stand, denn der Stoff war grün eingefärbt. Kein helles und kein giftiges, die Farbe lag irgendwo dazwischen. Um diese Zeit wirkte es deplaziert, als wäre die Person noch von einer nächtlichen Feier übriggeblieben. An der Oberseite fehlte viel Stoff. Die Schultern lagen frei, das war trotz des Mantels zu ahnen, und der Stoff legte sich eng um ihre Brüste.
Rotblondes Haar wuchs wild auf ihrem Kopf. Sie hatte die Strähnen zurückgekämmt und das Haar an der Oberfläche lockig werden lassen, so daß es bis zu den Schultern hing und sich über den hochgestellten Mantelkragen wellte.
Ein Gesicht mit leicht schrägen Augen. Glatten Wangen, ein rundes Kinn, eine hohe Stirn, ein Mund der halb offenstand und dessen Lippen jetzt von der Zungenspitze umspielt wurden.
Die Unbekannte hatte sich nicht einmal lange in der Halle aufgehalten, aber sie war von jedem Anwesenden gesehen worden. Nach ein, zwei Drehungen ging plötzlich ein Ruck durch ihre Gestalt, wie bei einem Menschen, der sich zu einer bestimmten Tat entschlossen hat. So war es auch bei ihr, denn sie drehte sich leicht nach links und bewegte sich auf die Anmeldung zu.
Der Kollege, der dort seinen Dienst versah, hatte bereits damit gerechnet, denn es gab keine andere Möglichkeit, sich zu informieren.
Sehr langsam, ihrer Wirkung wohl bewußt und sich so bewegend, als schritte sie über einen Laufsteg, ging die Person auf die Anmeldung zu. Ihr Mund veränderte sich dabei. Die Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das der Kollege auf sich bezog. Nicht jeden Tag hatte er Kontakt zu einer derartig außergewöhnlichen Person, und sein Lächeln vertiefte sich noch, als ihm die Frau in die Augen schaute. Er ärgerte sich gleichzeitig darüber, daß er leicht errötete, aber das ließ sich eben nicht ändern.
»Guten Morgen…«
Der Mann mußte sich räuspern. Erst dann konnte er den Gruß erwidern. »Was kann ich für Sie tun?«
»Tja, das ist ganz einfach. Ich suche eine Person, einen Mann, der hier beschäftigt ist.«
»Dann wissen Sie auch sicher seinen Namen?«
»Ja. Er heißt John Sinclair.«
Der Mann in der Anmeldung stutzte für einen Moment. Er senkte den Blick, als wäre er wütend darüber, daß sie zu John Sinclair wollte und nicht zu ihm. »Ja«, quälte er sich ab. »Mr. Sinclair ist bereits im Hause, wie ich hörte.«
»Das ist wunderbar.« Sie lächelte, und der Kollege schmolz wieder dahin. »Wo kann ich ihn denn erreichen?«
Er wollte schon die Antwort geben, als ihm einfiel, daß dies gegen die Vorschriften war. »Tut mir leid, Madam, aber ich müßte erst wissen, wen ich melden soll.«
»Sie meinen den Namen?«
»Ja, natürlich.« Der Mann war sehr geduldig. Normalerweise reagierte er anders. Er blieb zwar freundlich, doch seine Stimme hatte dann einen knappen, sehr beamtenhaften Ton, was bei dieser Person nicht der Fall war.
»Spielt der denn eine Rolle?«
»Das ist Vorschrift.«
»Hm.« Sie überlegte einen Moment und beugte sich dabei vor. Leider saß der obere Saum des Kleides über dem Busen zu eng, so daß er keinen Blick auf ihre Brüste werfen konnte. »Können Sie denn nicht einmal eine Ausnahme machen?«
»Warum sollte ich?«
Sie lächelte wieder. »Weil es für John Sinclair eine Überraschung werden soll.«
»Nein, das kann ich nicht.« Er räusperte sich. »Es läuft ja so ab. Sie sagen mir Ihren Namen, ich rufe in Sinclairs Büro an, erkläre ihm, wer ihn da sprechen möchte, und danach geht alles seinen normalen Weg. Es liegt dann an ihm, ob er mit Ihnen reden will oder nicht. So sind nun einmal die Vorschriften.«
»Ja«, sagte sie, »da haben Sie wohl recht.« Mit ihrem Namen rückte sie trotzdem nicht heraus, zumindest nicht mit ihrem vollen, denn sie gab nur den Vornamen bekannt. »Ich heiße Roxy.«
»Sehr schön. Aber…«
»Reicht das nicht?«
Der Kollege atmete tief durch. »Ich fürchte nein. Es reicht nicht. Das müssen Sie verstehen. Wir sind kein
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